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Prince of Persia: Die vergessene Zeit

Prince of Persia: Die vergessene Zeit

Von Säule zu Säule springen, an den Wänden entlang spurten und zwischendurch immer tödlichen Fallen ausweichen. Das ist Ubisofts Prinz von Persien in der dritten Dimension. Damals 1989, da war das in etwa auch die Quintessenz dessen. Geschmeidige Akrobatik in Tausendundeiner Nacht - und genau das soll auch Prince of Persia: Die vergessene Zeit wieder sein. Back to roots sozusagen.

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Besiegt. Auch der letzte Gegner ist gefallen und ein kleines bisschen erleichtert bin ich, dass es trotz ein paar Patzern am Ende alles so glimpflich ausging. Es ist irgendwie ein gutes Gefühl und die Zeit, die ich mit Prince of Persia: Die vergessene Zeit verbrachte, war eine wirklich schöne. Doch, wirklich, irgendwie habe ich jede Minute genossen. Auch wenn mich das Spiel ein wenig überrascht hat.

Als ich am Anfang des Jahres einen ersten Einblick in Ubisofts Prinzen-Abenteuer erhielt, habe ich mir irgendwie noch etwas anderes darunter vorgestellt. Obwohl natürlich die Kernelemente genauso drin waren. Interessante Kämpfe mit großen Gegnermengen, große Räume und vor allem viel Akrobatik. Man wollte ja auch wieder erwachsener werden, aber ich bin froh, dass dies nicht gleichzeitig bedeutete, dass der Prinz plötzlich ein dunkler, verruchter Kämpfer geworden ist.

Prince of Persia: Die vergessene Zeit
So schaut er aus, der neue Prinz. Und noch nie war er so gut gebaut.

Nein, in Prince of Persia: Die vergessene Zeit ist der Hauptcharakter ein richtiger Held. Zwar plagt ihn auch die ein oder andere Sorge, aber eigentlich ist er eine ziemlich positive Gestalt. Während des Spiels hat Ubisoft jedenfalls versucht, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch ihrem Helden ein Profil zu geben. Die Entwicklung, die er dabei durchläuft, wird trotz der wenigen Storyfetzen glaubhaft rübergebracht.

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Ausgangspunkt ist ein Besuch bei unserem Bruder Malik. Kaum angekommen, gibt es statt eines herzlichen Wiedersehens erst einmal wilde Kämpfe. Der Palast wird angegriffen, der Feind ist bereits weit ins Innere vorgedrungen. Malik sieht nur noch eine Hoffnung, er will die Sandarmee von König Salomon entfesseln, um die Schlacht noch für sich zu entscheiden.

Unser Prinz war dagegen. Es sei eine nicht zu kontrollierende Macht, die nur Ärger bringen würde. Und natürlich hatte er recht. Denn der Feind wurde zwar aufgehalten, aber mit ihm auch Maliks Truppen. Sie alle wurden zu sandigen Steinstatuen. Dem nicht genug, braut sich über dem Palast auch gerade ein kräftiger Sandsturm zusammen, an dessen dickem Ende vielleicht sogar der Untergang der Welt steht.

Sein Bruder Malik sieht diese Probleme aber nicht. Er glaubt weiterhin, mit der neuerlichen Macht sein Reich zu retten. Auf der Seite des Prinzen steht Razia. Sie ist ein Dschinn und verleiht ihm mächtige Kräfte. Nach und nach kann unser Held so nicht nur die Zeit zurückspulen, sondern auch Wasser verfestigen. Die dritte Kraft ermöglicht es ihm, sich aus der Luft heraus an einen in der Nähe befindlichen Feind heranzuziehen und ihn so auszuschalten. Nützlich ist das auch, wenn größere Abgründe überwunden werden müssen. Im Spiel allerdings sind Gegner dann entsprechend platziert. An dieser Stelle auch ein Lob an das Leveldesign. Denn aufgesetzt wirkt das wirklich nur selten. Alles in einem Fluss, was ohnehin so ein heimliches Motto des gesamten Spiels ist.

Prince of Persia: Die vergessene Zeit
Wird Wasser verfestigt, ändert sich der Bildschirm. Die untere Leiste oben links zeigt an, wie lange das Wasser noch fest bleiben kann.
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Auch die vierte Fähigkeit, die an speziellen, leicht zu identifizierenden Stellen, Wände und ähnliches sichtbar werden lässt, fügt sich nahtlos ein. Die Akrobatik im Spiel ist wirklich gelungen und insbesondere in großen Räumen ist es eine Freude, sich von Punkt zu Punkt vorzuarbeiten. Ebenfalls großartig sind aber auch die langen Gängen, mit tödlichen Fallen. Die ans klassische Prince of Persia erinnernden Passagen setzen vor allem im späteren Spielverlauf auf durchdachtes und blitzschnelles Handeln.

Wer an einer Stelle scheitert, kann die Zeit ein Stückchen bis zu einem gewünschten Punkt zurückdrehen und es noch einmal probieren. Selbstverständlich nicht unbegrenzt, denn auch die dafür nötige Energie ist endlich und kann ebenso wie Lebenskraft nur nach und nach wieder eingesammelt werden. Diese Energie ist übrigens auch für Zauber nutzbar.

Dazu gehört ein Eisschlag, der bei einem Angriff zusätzlich einen Strahl in die Angriffsrichtung sendet. Weiterhin existiert ein Wirbelwind, der Gegner im Umfeld leicht verletzt, sie umwirft und damit zur leichten Beute macht. Dann gibt einen Zauber, der eine glühende Spur hinter dem Prinzen hinterlässt. Kommt ein Gegner damit ihn Berührung, fügt sie ihm Schaden zu. Der letzte Zauber ist eine Schützrüstung, die unverwundbar macht.

Um die Zauber nutzen zu können, muss man sie mit Hilfe von gesammelten Erfahrungspunkten freischalten. Jawohl, es gibt Erfahrungspunkte im neuen Prince of Persia, die man von besiegten Feinden bekommt. Damit lassen sich die Zauber um vier Stufen ausbauen und auch Energie, Lebens- und Angriffskraft werden so erweitert.

Prince of Persia: Die vergessene Zeit
So ein Zauber ist manchmal nützlich, wenn man Platz um sich herum braucht.

Aber keine Angst, die Zauber sind nur ein Extra, das in brenzligen Situationen hilfreich ist. Die Begrenzung durch Energiepunkte lässt auch gar nichts anderes zu. Kämpfe werden hauptsächlich klassisch im Schwertkampf Mann gegen Mann entschieden. Beziehungsweise Mann gegen Männer, denn bis zum fünfzig Gegner versammeln sich auf dem Bildschirm. Und ganz dumm sind die auch nicht, umzingeln sie den Prinzen doch recht zügig und greifen von allen Seiten an.

Doch wir sind gut gerüstet. Ein Fußtritt kann mit Dominoeffekt eine schöne Lücke in die Kreisformation reißen. Und auch der Sprung über die Köpfe macht Spaß. Ist die Situation günstig, hüpft man vom Gegner herunter und schlitzt ihn mit dem Schwert auf. Ein ebenso schöner Moment ist es, wenn so ein Skelett sich in der Nähe eine Wand befindet. Dann gibt es einen hübschen Einspieler, in dem er automatisch mit dem Schwert aufgespießt wird.

Ja, die Kämpfe machen schon ordentlich Laune, ist einer der drei größeren Gegner mit dabei macht es fast noch mehr Spaß, denn die kann man auch geschickt in die Schlacht einbinden. Ein wildgewordenes Monster versucht uns zwar zu rammen, aber wir weichen aus, nachdem wir dafür gesorgt haben, dass ein paar kleinere Gegner zwischen uns stehen. Oder sagen wir doch besser "standen".

Ein Makel, der aber ohnehin das ganze Spiel bei seiner Herrlichkeit betrifft, ist der Schwierigkeitsgrad. Wer erst einmal Angriffs- und Lebenskraft erweitert hat, der wird kaum noch Probleme mit den Kämpfen haben. Auch nicht im allerletzten Kampf. Nein, ganz im Gegenteil, der wirkt dann geradezu lächerlich leicht. Akrobatikpassagen, sei es nun in großen Räumen oder in den schmalen mit Fallen gespickten Gängen, bleiben natürlich knifflig. Geübte Spieler werden allerdings auch hier nicht an ihre Grenzen gebracht.

Prince of Persia: Die vergessene Zeit
Die Akrobatik im Spiel ist auch bei den tödlichen Fallen mehr als nützlich.

Zu verdanken ist das wirklich gut gesetzten Speicherpunkten. Gut deswegen, weil sie natürlich auch eine Menge Frust vermeiden. Wie bereits erwähnt, es spielt sich alles wie in einem Fluss. Auch der eher angenehme Schwierigkeitsgrad ist dafür verantwortlich. Wem es dennoch zu schwer ist, der kann das Spiel auch auf Leicht herunterfahren. Akrobatische Spielelemente werden dann vereinfacht. Zum Beispiel spritzen an gewissen Stellen Wasserstrahlen nicht mehr asynchron aus der Wand. Wo vorher in der Luft kurz Wasser verflüssigt und dann schnell wieder verfestigt werden musste, bleibt es jetzt fest.

Warum dieser Fluss aber nicht einfach etwas weiter getrieben wurde, um dafür die Spielzeit zu verlängern und vielleicht den Schwierigkeitsgrad auch noch ein bisschen weiter anzuheben, dass weiß wohl nur Ubisoft. Vermutlich ist es bei mehr oder weniger lächerlichen acht Stunden gelandet, damit es ja zum Kinostart von Prince of Persia fertig ist. Es bleibt natürlich weiterhin ein gutes Spiel. Aber falls Ubisoft hoffte, dass sich Spieler an den drei bis vier größeren Rätseln die Zähne ausbeißen, um das Ganze noch auf zehn Stunden zu retten, muss ich sie leider enttäuschen. So schwer sind die nämlich auch nicht.

Damit der Fluss des Meckerns nicht abreißt, zum Thema Uplay, Ubisofts neuestes Marketing-Instrument. Neben einem Theme und einem Ezio-Kostüm für unseren Prinzen lässt sich darüber nämlich auch ein Gegen-die-Zeit-Modus freischalten, in dem es darum geht, so schnell wie möglich 250 Gegner niederzumähen. Regulär enthalten ist lediglich ein Modus, in dem acht Gegnerwellen überstanden werden müssen. Spielentscheidend ist das sicher nicht, aber immerhin erhöht es den Umfang leicht. Zumindest dann, wenn man sich für Uplay entscheidet. Aber so wie diese beiden Herausforderungen angelegt sind, kann man fast davon ausgehen, dass weitere als Downloadinhalt folgen. Und so gesehen schaut man dem geschenkten Gaul an dieser Stelle vielleicht lieber doch nicht ins Maul.

Prince of Persia: Die vergessene Zeit
Auch wenn viele Gegner im Bild sind, bleibt das Bild stabil.

Dann reden wir doch lieber noch ein bisschen über die Grafik. Die nämlich sieht in Prince of Persia: Die vergessene Zeit ganz passabel aus. Bietet hübsche Effekte und die meisten Texturen gehen auch in Ordnung, wirklich herausragend ist sie dabei nicht, aber immerhin turnen viele Gegner durch das Bild, ohne das die Framrate einbricht. Heutzutage ist so etwas ja auch schon viel wert.

Für weniger gelungen halte ist da schon den Prinzen selbst. Der macht zwar einen patenten Eindruck, aber das mehr wegen der inneren Werte, die ich so gar nicht erwartet hätte. Optisch bin inzwischen eindeutig anspruchsvoller geworden. Aber ich handel mit dem Entwicklerteam noch einen Deal aus. Ich schiebe es einfach darauf, dass mir seine zu schmal gewordenen Augen nicht gefallen und sie machen dafür das nächste Spiel einfach mal mindestens vier Stunden länger. Damit wären bestimmt alle Beteiligten zufrieden.

Denn eigentlich haben sie doch wirklich ganz viel richtig gemacht. Die Akrobatik ist top. Das Kampfsystem ist nicht sehr anspruchsvoll, aber das geht in Ordnung, weil es Laune macht. Und das Leveldesign insgesamt ist überwiegend gelungen. Abgerundet wird das Ganze durch eine brauchbare Sprachausgabe und hübsche Melodien. Von denen habe ich zwar keine einzige mehr im Kopf, aber immerhin weiß ich noch, dass sie mir an der einen oder anderen Stelle positiv aufgefallen sind. In jedem Fall ein Spiel zum Zeit vergessen und nicht etwa, um sie zu verschwenden.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Akrobatik, Kämpfe mit vielen Gegnern
-
nur acht Stunden Spielzeit
overall score
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