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The Amazing Spider-Man

The Amazing Spider-Man

Im freien Flug durch New York, nur von klebrigen Fäden gehalten. Die Vision eines Spider-Man-Spiels, das dieses Gefühl vermittelt, war immer da. Nun ist auch - etwas überraschend - das Spiel da, was es wirklich schafft, dieses Gefühl gelungen zu transportieren. Aber schwingen ist eben nicht alles, dass muss auch The Amazing Spider-Man in seinem Lizenzspiel lernen, das parallel zum Film veröffentlicht wurde.

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The Amazing Spider-Man ist zum Teil ein echt anständiges Spiel in einer freien Welt. Ein kleines Prototype 2, mit weniger Chaos und Blut. Peter Parker darf in unterschiedlichen Kostümen aus seiner von Stan Lee geliehenen Wohnung heraus die Stadt frei erkunden. Auf den Superhelden warten zahlreichen Nebenmissionen oder er widmet sich stringent der Story. Die ist drei Wochen nach den Ereignissen des Kinofilms angelegt, verrät aber trotzdem etwas zu viele Details von dessen Geschichte.

Das Spielerlebnis alterniert zwischen Passagen an der frischen Luft und in geschlossenen Räumen. Gerade dort wird das Gameplay dann aber auch schnell sehr statisch. Wir dürfen zwar immer noch schwingen oder per Knopfdruck die Zeit einfrieren, um uns gute Punkte zum Hinspringen anzuvisieren. Aber das Layout der Innenlevel ist langweilig und wird von sich wiederholenden Räumen und Aufgaben dominiert. Wird die Story in den Zwischensequenzen erzählt, werden hübsch und gut gemachte Szenen sichtbar, aber leider sind die Sprecher nur durchschnittlich und die Lippensynchro so daneben wie Spideys Sensoren für romantische Momente.

Die Nebenmissionen sind meist trivial und dienen nur dazu, das Gefühl von zusätzlicher Beschäftigung zu kreieren. Wir dürfen der Polizei schwingend beim Jagen von Gangster helfen, Zivilisten aus wenig bedrohlichen Situationen retten, Fotoaufträge für eine kleine Reporterin erledigen oder ein paar Gangmitglieder für den Diebstahl eines Basketballs einkassieren. Das ist tatsächlich eher eintönig, wirkt gewollt platziert und lenkt einen darum wenigstens nicht von den dringlichen Aufgaben der Hauptgeschichte ab. Immerhin müssen wir ein Gegenmittel für Dr. Curt Conners und einen Haufen infizierter New Yorker produzieren. Dafür haben wir extra den Film-Bösewicht befreit.

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The Amazing Spider-ManThe Amazing Spider-Man
Das Spielerlebnis alterniert zwischen Passagen an der frischen Luft und in geschlossenen Räumen.

Die eher spaßfrei gestalteten Nebenmissionen machen aber auch deutlich, dass The Amazing Spider-Man ein echtes Beenox-Meisterstück hätte werden können - wenn denn mehr Zeit geblieben wäre. Die Hektik ist sicht- und spürbar, immer wieder. Eine bessere Atmosphäre zum Beispiel wäre echt drin gewesen. Von oben sieht New York sogar häufig toll aus. Wer aber tiefer in die Straßenschluchten gleitet oder gar am Boden ankommt, sieht eher eilig angeordnete Polygontürme und keine pulsierende Spielwelt. Immerhin kann man sich schnell wieder wegschwingen.

Die Spielmechaniken sind anständig umgesetzt. Spider-Man spielt sich leichtfüßig und elegant. Die Animationen des Superhelden sind sehr flüssig - egal ob in den Kämpfen oder beim Schwingen. Die Kämpfe sind hübsch anzuschauen, spielerisch aber eine eher sich wiederholende Mischung aus Ausweichen und profanem Prügeln. Am besten gleich den Stealthmodus nutzen, um weiterzukommen. In den Stealth-Passagen wird allerdings schmerzhaft deutlich, dass Beenox sich reichlich Inspiration beim direkten Mitbewerber in Schwarz geholt hat. Spider-Man nutzt fast identische Moves wie die Fledermaus in Batman: Arkham Asylum. Es gibt zahlreiche Features und Spezialattacken, die wie direkt aus Rocksteadys Meisterwerk exportiert wirken. Außerdem leidet das Schleichen etwas unter der hektischen Kameraführung, wenn Spider-Man kopfüber an der Decke klebend unterwegs ist und man schnell die Orientierung verliert in den dunklen Räumen.

Dem Spinnenmann stehen diverse Upgrades zur Verfügung, die wir durch Erfahrungspunkte aus Kämpfen und Nebenmissionen bekommen. Technik-Upgrades lassen sich zudem in kleinen Extra-Levels freispielen wie etwa der Infiltration eines Oscorp-Labors. Das fügt sich schön in den Spielfluss ein. Gerade anfangs fühlt sich das Gameplay zugänglich und smart an. Nach ein paar Stunden jedoch wird deutlich, dass Beenox nur wenig Spieltiefe liefert. Das wird an sich wiederholenden Aufgaben und Levelstrukturen ebenso sichtbar wie an der völlig fehlenden Herausforderungskurve.

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The Amazing Spider-Man
Die Animationen des Superhelden sind sehr flüssig - egal ob in den Kämpfen oder beim Schwingen.

Das Spiel mutet tatsächlich in den späteren Passagen etwas komisch an, weil es sein Tempo irgendwie verliert. Man ist enttäuscht, dass alles nicht fetter ist. Gleich am Anfang zum Beispiel dürfen wir gegen einen riesigen Spinnenroboter kämpfen, danach folgt viele Stunden lang nichts. Nur Echsenkropzeug. Irgendwann dann kommen ein paar Actionsequenzen gegen kleinere Flugroboter, die ganz nett gemacht. Aber bis dahin... nun ja.

In audiovisueller Hinsicht liegt schön und schwach nah beieinander. Die Animationen sind wie gesagt toll, aber die Level selbst häufig eintönig, durchschaubar strukturiert und mit liebloser Ausstattung garniert. Eigentlich will man die ganze Zeit raus, raus an die frische Luft und wieder schwingen. Und wenn es darum geht, die 700 Comicheftseiten einzusammeln, die auf den Dächern der Stadt verteilt sind oder zufällig an uns vorbeiflattern. Das ist zwar stumpfsinnig und sieben mal so schlimm wie die Federn in Assassin‘s Creed, aber wenigstens ist man draußen unterwegs. Drinnen warten meistens nur Dunkelheit, öde Texturen und durchschnittliche Spezialeffekte. Der Sound ist okay und die Musik ist zwar übel geloopt, fühlt sich aber ziemlich Spider-Man-mäßig an.

Schöne Zwischensequenzen und die eigenständige Story machen das Spiel durchaus erlebenswert. Die Nebenmissionen kann man derweil getrost vergessen. Dieser Versuch an Spider-Man von Beenox ist ehrgeizig gewesen, musste aber am knappen Zeitplan scheitern. Darum wurde vermutlich auch zu viel bei Batman: Arkham City abgeguckt und zu wenig selbst nachgedacht. Am Ende nicht so schlecht, aber eben auch nicht wirklich gut. Das neue Transformers: Untergang von Cybertron wird besser!

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Schicke Animationen, mit Spider-Man durch und über New York schwingen
-
Langweilige Spielmechaniken, komisches Tempo, schwache Grafik der Innenlevel
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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