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Dance Central

Dance Central

Harmonix erholt sich von Gitarre und Schlagzeug und macht mit dem innovativen Dance Central einen Ausflug ins Tanz-Genre. Ist das Spiel groovy genug?

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Ob man es nun glauben mag oder nicht, aber ich war früher ein wirklich guter Tänzer bei Dancing Stage beziehungsweise Dance Dance Revolution. Einmal die Arcade-Station von Konami bestiegen und schon hatte mich das Rhythmus-Genre voll und ganz gefangen. Ich ließ den Song "5, 6, 7, 8" der nervigen, britischen Band Steps öfter über mich ergehen als es irgendjemand jemals tun sollte. Dass ich mir damals eine ordentliche Tanzmatte zugelegt habe, war da nur selbstverständlich.

Tanzen ist, für das, was ich da gemacht habe, ein ziemlich dehnbarer Begriff. Der Griff, an dem man sich bei den Spielhallenautomaten festhalten konnte, wurde da aus einem ganz bestimmten Grund angebracht. Denn bei dieser Form des Tanzens ging es nur um die Füße. Harmonix wiederum hegte schon lange den Plan, ein Tanz-Spiel zu entwickeln, aber bisher gab es einfach nicht die passende Technologie dafür. Als Kinect aufpoppte, haben sie sich an die Arbeit gemacht und die Entwicklung von Dance Central begonnen. Auf einmal spielt der obere Teil des Körpers eine Rolle.

Dance Central ist mehr oder weniger Guitar Hero für Menschen, die gern den Körper bewegen. Statt Rockmusik gibt es lizenzierte R'n'B- oder Club-Tracks. Eine Reihe von weiblichen und männlichen Figuren mit unterschiedlichen Stilen sind die Vortänzer und wir müssen das möglichst gut nachmachen. Die entsprechenden Bewegungen werden hierfür in Form von kleinen Zeichen am Rand der Reihe nach angezeigt. Statt der bunten Noten, die einen führen, sind es die Tanz-Symbole, die im stetigen Fluss verdeutlichen, was als nächstes kommt.

Dance Central
Per Anhalter durch das Dance Central-Universum - manche Bewegungen sind wirklich merkwürdig.
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Es gibt einige hundert verschiedene Schritte und Bewegungen, die gemeistert werden können und allein die schiere Menge an Variation ist beeindruckend. Für die viele wird es wahrscheinlich mit Poker Face von Lady Gaga losgehen und auf dem einfachen Schwierigkeitsgrad sind es nur ein paar Schritte zur Seite und ein bisschen in die Hände klatschen, um die Nummer abzuschließen. Man ist gut beraten, mit diesem Song loszulegen, es sei denn, das eigene Selbstvertrauen soll bereits sehr früh auf eine harte Probe gestellt werden.

Denn Dance Central wird schwerer. Wenn ich versuche, den Bewegungen der ersten zehn Songs der Trackliste zu folgen, sehe ich völlig nichtsahnend wie ein Anhalter aus, der mit der Welt nicht mehr klar kommt. Wie jemand, der apathisch Käfer zerstampft, wie ein Schmetterling mit brennenden Flügeln, wie ein Marilyn Monroe-Verschnitt, der Kaugummi von Schuh kratzt und wie ein Bodybuilder mit einem Stock im Hintern.

Kein schöner Anblick, aber mit etwas Übung kommt man langsam dahinter. Wer begreift, wie bestimmte Bewegungen funktionieren und sich ein bisschen locker macht, wird mit grünen Ringen an den Füßen belohnt - ein großartiges Gefühl, das dabei entsteht. Die Musik hilft ebenfalls dabei, die Euphorie weiter zu steigern und die Tatsache, dass ich meinen ganzen Körper bewege, macht Dance Zentral zu einem der wenigen Spiele, bei denen die Parole "Voller Körpereinsatz" stimmt.

Dance Central
Es gibt unterschiedliche Stile, die sich an Tänzer und Hintergrund festmachen.
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Glücklicherweise ist der Trainingsmodus eine echte Hilfe. In dem werden die Songs in kleinere Abschnitte zerstückelt, um sie so lange üben zu können, bis man sie richtig drauf hat. Außerdem gibt eine Stimme immer wieder Feedback und unterstützt einen. Wenn eine Stelle beispielsweise wirklich zu kompliziert erscheint, ist es möglich, das Tempo zu drosseln und es langsamer zu probieren.

In der Mitte von einem Song gibt es einen Abschnitt für Freestyle-tanzen. Der Bildschirm wird in bunte Regenbogenfarben getaucht und die eigene Silhouette sichtbar. Für ein paar Sekunden darf jetzt improvisiert werden. Dabei schießt Kinect-Kamera Bilder, die im Anschluss als Montage kurz zusammengeschnitten werden - und meist sieht das ziemlich dämlich aus. Allerdings könnte das ein echter Partyknaller werden.

Anders als bei Rock Band ist leider nicht alles von Anfang an freigeschaltet - wirklich schade. Natürlich verstehe ich, dass man sich erst die Grundkenntnisse aneignen muss. Aber wenn die Stufe Expert erreicht ist und wir bei Freunden spielen, die nicht so weit sind oder das Spiel selbst vorher überhaupt nicht besessen haben, ist es ein Problem. Zusammen mit dem leichten Lag, den typischen Verzögerungen von Kinect, die hier aber nicht so stark auffallen, bleibt das die einzige Kritik am Spiel.

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Leider fehlt ein Mehrspielermodus, bei dem zwei Spieler gleichzeitig abtanzen können.

Dance Central für Kinect registriert lediglich einen Tänzer gleichzeitig, was das Potenzial für den Mehrspielermodus begrenzt. Zwar können Leute im Hintergrund mittanzen, ohne die Kamera zu stören, aber ihre Punkte werden nicht registriert. Es ist so schon schwierig genug, Menschen zum Tanzen zu bewegen und wenn es keinen Mehrspielermodus gibt, bei dem man sich gemeinsam zum Affen machen kann, wird es noch schwerer sein, jemanden dazu zu überreden.

Gespielt werden kann allerdings abwechselnd im Dance Battle, in dem zwei Spieler gegeneinander abtanzen. Klar, es geht nur darum, die Punktzahl des anderen Spielers zu schlagen, aber das macht auch Spaß. Leider werden die Zwischenpunktzahlen immer angezeigt, anstatt die Spannung für das Ende des Battles aufzuheben und sie erst dann anzuzeigen.

Dance Central ist bei weitem der beste Kinect-Titel, der zum Launch verfügbar ist. Klar, es ist ein Partyspiel, aber es ist ein wirklich großartiges, dass auch Tiefgang bietet und auf kuschelweiche Raubtiere und Gummiboote verzichtet. Ich kann es nur empfehlen und auf Parties wird es ein echter Herausforderer für Singstar und Rock Band um die meiste Aufmerksamkeit. Und wer weiß, vielleicht lernen wir das nächste Mal auch ein paar Tanzbewegungen, die auf der echten Tanzfläche zu gebrauchen sind.

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08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Großartiges Partyspiel, viele tolle Songs und Bewegungen, herausfordernd, lehrreiches Tutorial, körperlich fordernd
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typische Kinect-Verzögerung, zu Beginn ist nicht alles freigeschaltet
overall score
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