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Tron: Evolution

Tron: Evolution

Tron. Eines der Heiligtümer meiner Jugend. Geliebtes Disney-Hörspiel auf LP. Toller Film. Was will man als Junge mehr? Lichträder, tödliche Frisbees, reduziert-bunte Virtual-Reality-Optik, wie cool das war! Lange hat es gedauert, bis sie sich bei Disney getraut haben, das Thema wieder anzufassen. Nun erscheint in Deutschland der Kinofilm Tron: Legacy und passend dazu - natürlich - das Spiel Tron: Evolution von Propaganda Games.

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Das Third-Person-Action-Adventure (Besitzer eines 3D-TVs können sogar in echtem 3D spielen) soll die Lücke schließen zwischen dem alten und dem neuen Film. Wir erfahren, warum Kevin Flynn im Raster, der digitalen Welt, verschwunden ist und was sein Widersacher Clu Böses treibt. Isomorphe Algorithmen haben derweil angefangen, sich selbst zu programmieren, hatten einfach so eigene Ideen. Die Isos konkurrieren nun mit den Basics, den ursprünglichen Programmen und Flynn hofft trotzdem immer noch auf Frieden im Raster. Als ein Abraxas-Virus das System entert, übernehmen wir als Systemwächter Anon die undankbare Aufgabe, das Virus zu jagen.

Der stylische Systemwächter sprintet, springt und fliegt durch eine ziemlich sterile, blau-silber-weiße Welt. Die Gegner sind rot-gelblich-orangefarben, immer leicht zu erkennen und wir erledigen sie mit unserer handlichen Frisbee-Disk. Dafür gibt's Erfahrungspunkte, die den Charakter und seine Waffe verbessern. An jedem Speicherpunkt können wir Updates in uns selbst einspielen, um etwa die Energieaufladung zu verbessern oder spezielle Disk-Angriffe freizuschalten und zu verstärken. Nichts besonderes, aber es hält einen bei Laune, besonders weil ein dicker Haufen der Upgrades für den Multiplayer ist - und dort ist man ohne sie schlicht hilflos...

Richtig schlimm geworden ist die Steuerung. Tron: Evolution fühlt sich an wie Assassin's Creed (das Freerunning und Klettern) und Prince of Persia (die Schwierigkeit) - nur weniger intuitiv, ziemlich unpräzise und hochgradig nervig. Größtes Problem ist das fehlende Gefühl für Distanzen und Absprungpunkte sowie das teilweise miese Leveldesign. Auch die Kamera muckt häufiger rum. So wird das Action-Adventure vielfach zum Hardcore-Plattformer, weil man einzelne Passagen zahllose Male wiederholt, bevor das Ziel und der nächste Kampf erreicht ist.

Tron: Evolution
Immer an der Wand lang gleitet der Systemwächter Anon - und hat dabei seinen glühenden Gegner im Visier.
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Manchmal springt der Systemwächter derart falsch von Wänden ab, das er wieder und wieder als geshredderter Pixelsalat endet. Besonders schlaue Levelführung ist das jedenfalls nicht, und auch gelegentliche Bugs wie überhaupt gar nicht erst auftauchende Endgegner tragen nicht zur besseren Orientierung bei. Die Worte des digitalen Todes, "Systemwächter desintegriert. Programm wird rekompiliert... Backup wird importiert...", liest man jedenfalls so oft, dass ich am nächsten Tag eine externe Festplatte gekauft habe, um endlich auch privat mit den Backups anzufangen...

Ein paar nette Ideen sind natürlich trotzdem drin. Etwa die Energieaufladung durch das Überlaufen von Lichtbalken an den Wänden. Das passiert quasi nebenbei und ist super in den Gameflow integriert. Natürlich dürfen wir auch auf den Lichträdern und sogar mit Lichtpanzern fahren. Die Lichträder steuern sich zwar ziemlich kompliziert, weil sie sehr direkt lenken, aber wer die Kontrolle einmal hat, macht extreme 90-Grad-Wendungen, um den Gegnern tödliche Barriere in den Weg zu stellen. Besonders online ist das super, dazu gleich mehr.

Die Lichtpanzer sind cool gestaltet, leider steuern sie sich wie schwangere Blauwale im Sand. Und das sich wiederholende Abballern gegnerischer Lichtpanzer im Solomodus ist an Stumpfsinn kaum zu überbieten. Ohnehin wiederholt sich vieles in der Story sehr schnell, sowohl beim Gameplay als auch bei der Optik. Schöne Momente wie etwa die Dekonstruktion des Kinos in Arjia sind eher Mangelware. Es dominiert, die Ödnis. Dafür haben es einige der fetten Sounds aus dem Film ins Spiel geschafft, nun ja, zumindest zwei der Daft Punk-Tracks.

Tron: Evolution
Erledigte Gegner versorgen uns mit Erfahrungspunkten, die gegen Updates eingetauscht werden können.
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Die Solo-Story also taugt nur bedingt etwas. Dafür ist der Multiplayer ein echter Spaß. Vier Modi (Team- und Solo-Desintegration, Energiesammler und Bitläufer) gibt‘s - die sind nichts Spezielles, aber hey, es gibt Lichträder. Und darum dreht‘s sich doch bei Tron: Mit absurd schnellen Cyperpunk-Motorrädern durch die Welt rasen. Die Bikes sind zwar hier noch härter unter Kontrolle zu kriegen, aber wer sie dann endlich gemeistert hat, wird mit spannenden Duellen belohnt. Schön ist, dass alle im Multiplayer gesammelten Erfahrungspunkte auch für die Story gültig sind und umgekehrt. Diese integrierte Erfahrung ist wirklich gut gemacht. Warum man aber bereits zum Launch ein Multiplayer-Kartenpaket kaufen soll, um den vollen Spielspaß zu genießen, verstehe ich nicht. Müffelt ein bisschen nach Geldschneiderei, wenn man mich fragt.

Tron: Evolution ist also kein richtig tolles Spiel. Das ist schade, weil ein bisschen mehr zu erwarten war bei einer derart wichtigen Disney-Marke. So richtig schlecht ist es natürlich auch nicht, aber man braucht es einfach nicht. Ganz im Gegensatz zum originalen Tron. Der Sound aus dem Hörspiel tauchte auch in diesem Jahrtausend noch in DJ-Sets von mir auf. Völlig zurecht. So viel Liebe wird das Spiel aus dem Jahr 2011 nie bekommen. Von niemandem...

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Es ist Tron, coole Lichträder-Duelle, lustiger Multiplayer
-
Eintönige Optik, schlechte Steuerung, teils mieses Leveldesign, anstrengende Kameraführung
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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