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De Blob 2

De Blob 2

Die Idee hinter De Blob stammt von neun niederländischen Studenten. Ihr kostenloses PC-Spiel aus dem Jahr 2006 mündete zwei Jahre später in einer Neuentwicklung für die Nintendo Wii. Das Konzept war frisch und unverbraucht und mit Charme überzeugte es auch die Kritiker. Ein Nachfolger ist da nur verdient, damit das interessante Konzept noch mehr Spielern zugänglich gemacht wird.

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Der Blob ist eine flüssige Masse ohne Beine. Die braucht er auch nicht, schließlich schiebt er seinen Körper trotzdem lässig durch Welt. Und immerhin hat er ja zwei Arme, zwei spitze Öhrchen und ein verdammt cooles Grinsen im Gesicht. Wer oder was er eigentlich genau ist, wissen wir nicht so recht. Es ist auch nicht wichtig. Entscheidender ist da schon, was ihn so besonders macht. Sein Körper saugt Farbe auf und gibt sie an anderer Stelle wieder an die Umgebung ab. Rot, Gelb, Blau und die Farbmischungen Orange, Lila, Grün sowie Braun verschönern Stück für Stück die Welt.

Wer den ersten Teil nicht kennt, wird sich mit De Blob 2 trotzdem nicht schwer tun. Es ist keinerlei Vorwissen erforderlich, auch wenn sich in der Fortsetzung ausgerechnet der Oberschurke Genosse Schwarz mit einem fiesen Plan zurückmeldet. Diesmal sind die anstehenden Wahlen in Prisma City Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Als getarnter Wahlvorschlag der Bleichen, einer sektenähnlichen Gruppierung, will er zum Oberhaupt gekrönt werden und schreckt dafür auch nicht vor unlauteren Methoden zurück. Heimlich still und leise unterwandert er die Stadt, zwängt die Bewohner in farblose Kutten und manipuliert sie mittels Gehirnwäsche. Natürlich decken Blob und seine Kumpanen die skrupellosen Machenschaften auf.

Der Zauber von De Blob 2 liegt in dem wunderbaren Spielkonzept. Eine triste Welt verlangt nach einem neuen Anstrich. Blasse und trostlose Level müssen wir einer kräftigen Portion Farbe wieder zum Leben erwecken. Zu Beginn ist in der Umgebung alles grau in grau und manchmal müssen wir uns sogar erst auf die Suche nach etwas Farbe machen. Nur damit kehrt die Vitalität ins sonst so lebendige Prisma City zurück. Ein Level verändert also während des Spielens sein Gesicht und wir sind die ausführenden Künstler. Manchmal werden wird man sich sogar dabei ertappen, wie man die Lieblingsfarbe nimmt, um damit ein eigenes kleines Gesamtensemble in den einzelnen Stadtteilen zu verwirklichen.

De Blob 2
Die Welten sind anfangs blass und trostlos - Genosse Schwarz hat Prisma City die Farbe geraubt.
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De Blob 2 schafft mit einem fantastisch sauberen Cartoon-Look eine glaubwürdige Welt. Technisch gesehen ist das Gebotene sicher nur Durchschnitt. Aber die Umsetzung ist so solide, dass es eine wahre Freude ist, mit Blob jeden Winkel zu erkunden. Als kleines Detail immer mit dabei: ein schnörkeliger Farbstreifen, der wild seine Bahnen durch die Luft zieht. Gerade im Hinblick auf solche Kleinigkeiten und den grundsätzlich angenehmen Stil stört es auch nicht sonderlich, wenn sich hier und da kleine Schwächen zeigen. Außerdem wird die Handlung zwischen den einzelnen Leveln mit hervorragend gemachten Zwischensequenzen erzählt. In diesen zeigt sich auch der besondere Humor des Spiels, welcher es in Sachen Witz und Niedlichkeitsfaktor durchaus mit Ubisofts Rayman Raving Rabbids aufnehmen kann.

Mit jedem Baum und jedem Haus, das wir kolorieren, wandelt sich auch die musikalische Untermalung - auch wieder so eine Meiterleistung von Entwickler Blue Tongue, denn ihnen gelingt etwas wahrhaft Magisches. Die rhythmischen Klänge wachsen und blühen mit jeder unserer Handlungen und zwar im Zusammenspiel mit dem was wir tun in einer ganz bestimmten Art und Weise. Der Genuss beim Spielen und seinem Charme zieht De Blob 2 zu großen Teilen genau aus dieser hervorragenden Soundkulisse. Manchmal wird man bestimmte Wege bereitwillig wiederholt durchstreifen, nur damit dieses oder jenes Geräusch noch einmal erklingt. Grafik und Sound bilden eine derart fantastische Einheit, dass wir bereits während des Spielens tatsächlich fühlen, wie in die einst so öde Welt, alles Leben zurückkehrt.

Das Gameplay wurde gegenüber dem Nachfolger leicht erweitert. Der Kern, also das Anmalen der Welt und das richtige Mischen von Farben, blieb erhalten. Neu hinzugekommen sind besondere Fähigkeiten für den quirligen Klecks. Jeweils auf bestimmte Missionen zugeschnitten kann Blob sich gegen die gefährliche schwarze Tinte der Inks schützen, färbt im Regenbogen-Modus Flächen in der vom Spiel gewünschten Farbe ein oder er wird zu einer eisenharten Kugel, die Feinde kraftvoll überrollt. Da diese Elemente nicht jederzeit verfügbar sind, sondern klar an eine konkrete Aufgabe gekoppelt sind, bereichern sie die Spielerfahrung nicht durchgängig, sondern sorgen "nur" für abwechslungsreicheren Spielspaß.

De Blob 2
Die gut das Blob da ist und die aufgesaugte Farbe an die Umgebung abgibt und alles wieder schön bunt wird.
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Diese Intention verfolgte Blue Tongue wohl auch bei den neuen 2D-Abschnitten. Wir erinnern uns kurz an den ursprünglichen Untertitel des Spiels "The Underground". Der nämlich stand offenbar stellvertretend für die brandneuen Abschnitte von De Blob 2. Gelegentlich taucht unser Held diesmal in kleine, dunkle Löcher ab, um Gebäude oder die Kanalisation zu erkunden. Optisch erinnern diese Passagen an Download-Titel wie Bionic Commando oder Shadow Complex. Hier steht das Einfärben eher im Hintergrund. Stattdessen werden farbige Schalter geklickt und Feinde ausradiert. Auch der Rätselcharakter ist im Untergrund etwas ausgeprägter als in der Oberwelt. Großartig beispielsweise sind die Stellen, in denen wir zur Metallkugel werden und sich die 2D-Seitenansicht dadurch in eine Draufsicht wandelt.

Neu ist außerdem, dass De Blob durch das Sammeln von Glühbirnen bestimmte Fähigkeiten verbessert. Dazu gehört etwa die Menge an Farbe, die er aufnimmt oder die Zahl der zur Verfügung stehenden Leben. Der Schwierigkeitsgrad ist insgesamt ziemlich ausgewogen. Zocker werden kaum Probleme bekommen und sich höchstens über die gelegentlich eigenwillige Kamera ärgern. Diese Spieler stören sich auch nicht an der zeitlichen Frist zum Erfüllen der Missionen in jedem Level. In die Falle tappen Gelegenheitsspieler schon eher, weil sie, statt sich auf die Aufgaben zu konzentrieren, lieber abseits die Welt erkunden. Etwas schade ist, dass die mehr als zehn Level allesamt ziemlich wuchtig sind und eine Menge Spielzeit verschlingen. Wer sich nicht stundenlang vor den Fernseher setzen will, würde kompaktere Abschnitte sicher bevorzugen.

Und noch ein Schmankerl wurde De Blob 2 spendiert. Einerseits gibt es einen Offline-Koop-Multiplayer, der ähnlich funktioniert wie der in Super Mario Galaxy. Dazu dürfen bis zu vier Spieler im Wettkampf versuchen, eine kahle Welt so schnell wie möglich aufzuhübschen und dabei die meisten Punkte zu kassieren. Das Zeitlimit in diesem Modus ist ziemlich straff, ansonsten aber ähneln Aufgaben und Aufbau dem Solomodus. Wer sich in das Spiel verliebt hat, kann in diesem Partymodus vielleicht den Funken auch auf Freunde überspringen lassen. Kooperativ sind dagegen wohl eher Familien unterwegs, bei denen einer der beiden Spieler wenig vertraut mit Videospielen ist.

De Blob 2
Wichtigste Neuerung sind die Untergrundpassagen, die etwas rätsellastiger sind als die an der Oberfläche.

Die Schattenseiten von De Blob 2 halten sich in Grenzen. Neben den bereits erwähnten Problemen ist es die Missionsstruktur, die Anlass zur Kritik gibt. Wie bereits erwähnt müssen innerhalb einer gewissen Zeit der Reihe nach Aufgaben erfüllt werden. Für jene, die gern an die Hand genommen werden, ist das natürlich nett, zum echten Erkunden lädt es jedoch nicht ein. Im Anschluss daran verbleiben allerdings noch freiwillige Zusatzaufgaben, die in beliebiger Reihenfolge absolvierbar sind. Dieser Teil fühlt sich irgendwie besser an. Vielleicht hätten sich die Entwickler von den Mario-Spielen inspirieren lassen sollen. Die verpacken ihre Missionen in hübschen, leicht konsumierbaren Häppchen und nehmen so der Größe eines Levels die Wucht. Merken müsste sich das Spiel natürlich unsere zuletzt hinterlassene Farbkomposition, aber technisch dürfte das keine große Herausforderung darstellen.

Hier wird natürlich auf hohem Niveau genörgelt. Es kommen im Jahr so viele Spiele auf den Markt und nur wenigen gelingt es, einen einzigartigen Charme zu versprühen. De Blob 2 leistet hier definitiv einen großen Beitrag. Es verführt mit Musik und Farbe und lässt uns in vielen Spielstunden durch riesige Welten kullern. Glücklicherweise brachte Blue Tongue genug frische Ideen in den Nachfolger ein. So abgedroschen es klingt, aber da wurde geklotzt statt gekleckert. Um die schöne Spielidee bauten sie ein komplettes Spiel mit allem drum und dran - eins, das vor allem Freunden von Jump'n'Runs und ungewöhnlichen Konzepten schmeckt. Und wer sich darauf einlässt, der sollte sich zwischendurch unbedingt einmal beim Spielen beobachten. Es würde mich kaum überraschen, wenn ganz unbewusst ein Lächeln im Gesicht ist.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
einzigartiger Charme, fantastische Soundkulisse, tolle und witzige Präsentation
-
kleine Kameraprobleme, Durchspielen eines Levels erfordert viel Zeit
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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