Die Briten, die seit Mitte der Achtziger Jahre am Stadtrand von Southam in London sitzen, haben im Laufe der Zeit einige meiner Lieblingstitel im Rennsport-Genre geschaffen. Micro Machines II für den Mega Drive war und ist eines der besten Partyspiele aller Zeiten. Mit Colin McRae Rally erfand Codemasters das Rallye-Subgenre neu und es gibt noch so viel mehr: Toca 2 war brillant, ebenso wie Colin McRae Rally 3 und nicht zu vergessen Dirt. Ich mochte auch Dirt 2 und das erste Race Driver: Grid. In manchen Monaten läuft Dirt Rally auf meiner Konsole häufiger, als der neue Quatsch. Gefallen hat mir auch die diesjährige Ausgabe der F1, in der Codemasters wirklich die richtige Balance bei der Fahrzeugphysik finden konnte und alles - vom Geschwindigkeitsgefühl bis hin zur Präsentation - verbessert hat.
Allerdings hat mir Codemasters im Laufe der Jahre auch beigebracht, dass sie zwischen ihrer Brillanz immer eine kreative Pause brauchen. Es geht bei ihnen immer im Wechsel: Ein gutes Spiel, dann kommt wieder ein Schlechtes. Wie viele andere große Studios haben sie zwei oder mehr interne Teams und die Leute, die Grid: Autosport, Dirt 4 und all das gemacht haben, schaffen (zumindest für mich) vergleichsweise leblose und abgestandene Rennspiele. Sie sind flach und starr, darauf kann ich gut verzichten.
Grid ist ein "Reboot" der eigenen Spieleserie, die mit Race Driver: Grid vor elf Jahren gegründet wurde. In vielerlei Hinsicht handelt es sich hierbei um das gleiche Spiel, das überarbeitet, aktualisiert und mit mehr Renndisziplinen, einer neuen Grafik-Engine und einer neuen Fahrzeugphysik ausgestattet wurde. Es gibt also eine Menge Spuren des Originals, gleichzeitig ist das Spiel jedoch auch etwas anders ausgerichtet worden. Viele Autos mit Wiedererkennungswert sind am Start, ebenso wie das Nemesis-System, bei dem gegnerische, computergesteuerte Autofahrer ihre Nerven verlieren, wenn wir sie zu oft rammen (woraufhin sie ihrerseits damit beginnen, uns aktiv zu verfolgen).
Wenn mich meine Erinnerungen an das Original und dessen Nachfolger nicht trügen, dann konzentriert sich der Karrieremodus im neuen Grid im direkten Vergleich weniger auf das Erzählen einer klassischen Geschichte oder auf die personenbezogene Darstellung des Rennsports. Stattdessen wird wiederholt versucht, Menschen mit den Rennwagen in Verbindung zu bringen, die sie fahren. Wie zum Beispiel beim dänischen Manager, der uns immer mit seinen sinnlosen Beobachtungen im Ohr liegt: "Sie sind gerade in ihren Teamkollegen gecrasht" - eine Sekunde, nachdem ich meinem Teamkollegen in die Seite gefahren bin. Da wurde viel Beachtung drauf gelegt...
Die Klassifizierung in Grid sieht wie folgt aus: Tourenwagen / GT Cars / Stock Cars / Klassische Rennwagen. Das Arrangement im Karrieremodus ist als Kalender konzipiert, in dem wir vier verschiedene Kategorien mit jeder Menge Turnieren an einem Ende der Saison absolvieren. Dann ist es natürlich wichtig, zwischen verschiedenen Disziplinen zu springen, ein Rennen zu gewinnen, Geld zu sammeln (um in der Lage zu sein, neue Autos zu kaufen und weitere Rennen zu gewinnen). Das Problem mit der eingebauten Währung und den Autos, die man "freischaltet", indem man für sie die Kohle auf den Tisch legt, ist jedoch, dass sie uns als Spieler keine Vorteile verschaffen oder uns auf den Strecken schneller machen. Der Unterschied zwischen den verschiedenen Autos in jeder einzelnen Klasse ist gleich Null und knapp 40.000 Euro für etwas auszugeben, das lediglich eine kosmetische Variation einführt, ist mehr oder weniger sinnlos. Ihr könnt also beruhigt auf das kostenlose Auto zurückgreifen, das jeder Klasse beiliegt - die fahrerischen Unterschiede sind zwischen den verschiedenen Disziplinen, Klassen und Autos hoffnungslos gering.
Wer zwischen einem WTCC-A4 auf dem Brands Hatch Circuit und einem Porsche GT3 auf der Stadtbahn von Kuba springt, sollte mit allen denkbaren Parametern einen signifikanten Unterschied in Bezug auf Gewicht, Bremsen, dem Gleichgewicht zwischen Drehmoment und Höchstgeschwindigkeit, sowie dem Ein- und Auslenken oder der Idealfahrtlinie bemerken (Allradantrieb vs. Heckantrieb). Aber Grid ist vieles davon einfach egal. Tatsächlich fühlte es sich für mich in den ersten Stunden deshalb oft so an, als hätte Codemasters weite Teile ihrer grundlegenden Fahrphysik schlichtweg erraten oder übersehen, dass ihre Spieler vielleicht schon mal in einem richtigen Auto saßen. Das ist schlampige Arbeit.
Der DB10 fühlt sich zum Beispiel auf einer Strecke leichter und wendiger an, als das stark modifizierte JDM-Auto Honda S2000, was absolut lächerlich ist. Gleiches gilt für den Vergleich zwischen einem Pickup (ein Stock Car!) und einer GTLM-Corvette Z06. Alle Autos in Grid fühlen sich zu schwer an, unbeholfen untersteuert und mit viel zu unausgeglichener Bremskraft. Ich hatte ständig das Gefühl, dass die Fahrzeuge mit ihrer Hinterachse lenken und dass der Lenkpunkt vorne im Auto liegt. Ich weiß natürlich, dass Grid keine Simulation ist, aber wenn man beabsichtigt, die Realität zumindest teilweise nachzuahmen, sollte ein Unterschied zwischen den Fahrzeugklassen das A und O sein.
Für mich fühlt sich dieses Spiel deshalb wieder ein bisschen zu sehr nach dem Teil von Codemasters an, der offenbar wirklich nicht weiß, auf welchem Fuß er stehen sollte. Als Arcade-Racer ist Grid zu gleichmäßig, langsam und stressfrei, doch als Semi-Sim ist es schlichtweg langweilig. Anstelle eines lahmen Kompromisses hätte ich viel lieber ein Spiel mit der verrückten Spaßphysik und dem Tempo von Dirt 2 gesehen, dort stand der Unterhaltungswert des Fahrens noch über der authentischen Nachbildung der Autos. Oder etwas im Stil von Toca 2, in dem man sich ständig fragen musste, ob es die BTCC-Fahrzeugen in der nächsten Kurve noch auf der Straße hält (der Grip war in dem Game sehr überschaubar).
In Grid haben alle Autos unendlich viel Reifenhaftung, selbst wenn es regnet. Es ist nicht einmal möglich, von der Strecke abzukommen, es sei denn, eine verärgerte Nemesis- KI stößt beim Bremsen gegen unser Heck (dann fliegt man wie eine leere Milchpackung davon). In Kombination mit der Tatsache, dass Rennen in der Startaufstellung immer härter und extrem rau werden, wird dieses Spiel zu einem reinen Durcheinander. Ich habe meine ersten 26 Rennen (alle) mit der gleichen idiotischen Taktik gewonnen: In der Innenseite der Kurven die gegnerischen Autos als Bande nutzen und dann Vollgas geben - das ist ohne Zweifel die beste Taktik im Karrieremodus. Kombiniert mit dem Mangel an Geschwindigkeit und dem unendlichen Grip, der die Autos regelrecht in Züge verwandelt, entsteht daraus eines der bislang enttäuschendsten Titel des Jahres.
Grafisch ist Grid manchmal ziemlich ordentlich und ab und zu schrecklich hässlich, mit flachen Umgebungen und zu vielen Lichteffekten, die aufgrund des altmodischen "Bloom"-Effekts blenden (ich dachte eigentlich, dass wir diese Technologie schon vor Jahren aufgegeben hätten?). Insgesamt kann man über die Präsentation aber eigentlich nicht meckern. Die Ladezeiten sind extrem kurz und das Menüsystem super einfach und übersichtlich gestaltet. Das spielt aber natürlich keine Rolle, wann ich meinen PC wegen des letzten Rennens sofort ausschalten möchte... Der Sound ist auch nichts, womit ich mich rühmen wollen würde, eher im Gegenteil. Auf der anderen Seite klingen die Autos ziemlich gut, aber die Umgebungsgeräusche und einige Sprecherstimmen fühlen sich so an, als wären sie einem alten Spiel entnommen worden. Ach, und in der Cockpit-Ansicht klingt es ein bisschen so, als würde man jedes Mal mit der Faust gegen ein Garagentor schlagen, wenn die Wagen mit einer Doppelkupplung in der Box aufgefrischt werden.
Race Driver: Grid von 2008 war ein großartiges Rennspiel, Grid (2019) ist das nicht. Das Spiel fühlt sich so an, als wäre Codemasters' Zeit abgelaufen. Es fühlt sich so an, als hätten sie im Wesentlichen nur ein paar alte zufällige Zutaten zusammengeworfen und das ist super traurig. Ich würde dieses Spiel sehr gerne lieben, kann mich aber nicht einmal dazu durchringen, es mittelmäßig zu nennen. Weil es leider schlimmer ist, als das.