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Total War Saga: Troy

Total War Saga: Troy

Vor dem Hintergrund des Trojanischen Krieges verbindet Creative Assembly Diplomatie, Eroberung und ein neues Ressourcensystem zu einem unterhaltsamen Total-War-Spiel.

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Mit Total War Saga: Troy verwirklicht Creative Assembly einige neue Ideen in der historischen Total-War-Serie. Neben dem Zeitrahmen, der mehr als 3.000 Jahre zurückliegt und deshalb nur selten Gegenstand von Spielen ist, bietet Troy ein neues Ressourcensystem, sowie eine Mischung aus mythischen und realen Elementen. Obwohl ich die letzte Woche größtenteils mit dem Spiel verbracht habe, habe ich immer noch das Gefühl, noch sehr viel mehr sehen und erleben zu können. Mit über 230 Regionen ist die Kampagnenkarte in diesem Ableger wahnsinnig umfangreich. Jede Runde erfordert von uns Spielern so viele detaillierte Entscheidungen, dass ich das Gefühl habe, noch nicht alles erlebt zu haben, was das Spiel zu bieten hat. Bisher hat mir das, was ich gespielt habe, aber schon ordentlich Spaß gemacht.

Zuallererst fällt auf, dass jede der acht spielbaren Fraktionen ihrer eigenen Handlung folgt, die an eine fraktionsspezifische Mechanik gebunden ist. Inspiriert von Mythos und den geschichtlichen Überlieferungen wird jede Kampagne dadurch zu einem anderen Erlebnis. Ich begann meinen ersten Versuch mit Agamemnon von Mykene, dem Bruder des spartanischen Königs (dessen Frau vom trojanischen Prinzen Paris „entführt" wurde). Dieser Vorfall bringt uns ins Lager der Achäer, die Troja dem Erdboden gleichmachen wollen. Als die älteste Partei unter den Achäern hat Mykene die Fähigkeit, fremde Einheiten zu vassalisieren - er kann also aus allen Einheitenlisten Verbündete rekrutieren und Helden zu bestimmten Positionen am Hofe verhelfen, um fraktionsweite Vorteile, wie höheres Glück, zu erhalten. Andere Fraktionen haben ebenso interessante Mechaniken, denn als Lykier können wir beispielsweise spezielle Ressourcen für fraktionsweite Vorteile sammeln. Als Hector oder Paris von Troja wetteifern wir hingegen um die Zustimmung unseres Vaters, da nur einer von beiden Troja erben kann.

Fraktionsspezifische Mechaniken sind in Total War nicht neu, sie funktionieren in Troy jedoch anders. Wir mit ihnen ein weiteres Element der Wiederspielbarkeit und erleben eine eigene kleine Geschichte innerhalb der größeren Erzählung vom Trojanischen Krieg. Spielen wir eine Fraktion, die sich eindeutig auf Handel, Krieg oder auf die Expansion konzentriert, dann greift die Story diesen Schwerpunkt auf lebendige Art und Weise auf. Die Diplomatie folgt trotz aller Freiheiten und Optionen der vorherbestimmten Richtung, die sich am Verlauf des Trojaner-Konflikts orientiert. Deshalb wird es manchen Fraktionen zum Beispiel erleichtert, mit anderen Parteien befreundet zu bleiben.

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Total War Saga: TroyTotal War Saga: Troy
Aufgrund der Unterhaltskosten stürmen unsere Truppen häufig von einem Ende des Reiches zum anderen, um zu verhindern, dass Siedlungen erobert werden.

Die Kampagne verläuft unweigerlich in Richtung des großen Showdowns deshalb werden die Spieler wichtigen Ereignissen gezwungen, sich für eine Seite des Konflikts zu entscheiden - zwischen den Achäern und den Trojanern. Wenn ihr ein bestimmtes Maß an Macht erreicht, könnt ihr auf diese Weise sogar eine Partei von der gegnerischen Seite für eure Sache gewinnen. Obwohl die Diplomatie sowie die Ereignisse des Szenarios im Vergleich zu anderen Total-War-Spielen vorbestimmt sind, werden uns genügend Freiheiten beim Aufbau des eigenen Imperiums gelassen. Der vielleicht wichtigste Grund, warum die Diplomatie in Total War Saga: Troy so gut funktioniert, hängt jedoch mit dem neuen Ressourcensystem zusammen.

Neben Gold verfügt Total War Saga: Troy neuerdings nämlich über vier weitere Ressourcen: Nahrung, Holz, Stein und Bronze. Meiner Erfahrung nach ist das aus mehreren Gründen die beste Neuerung im Spiel. Erstens können wir separat Armeen und die eigene Wirtschaft aufbauen, da unser Militär hauptsächlich Lebensmittel benötigt, während unser Reich vor allem auf Holz und Stein angewiesen ist. Das ermöglicht ein abwechslungsreicheres Gameplay und beseitigt das Dilemma älterer Total-War-Spiele („Werde ich bauen oder kämpfen?"). Die Kosten und der Unterhalt der Einheiten verdienen besondere Beachtung, da stärkere, gepanzerte Einheiten sowohl Nahrung als auch Bronze kosten, um auf dem Feld zu bleiben.

Da jede Provinz und jede Siedlung unterschiedliche Ressourcen bereitstellt, ist es leichter, sich zielgerichtet auszuweiten. Normalerweise braucht man dringend eine bestimmte Ressource, die aber nur in bestimmten Provinzen zu finden ist. Wichtig ist zum Beispiel, dass nur ein paar spezielle Regionen die Rekrutierung mythischer Einheiten erlauben. Wenn wir etwa die Gebiete um Rhodos herum erobern, können wir dort Zentauren-Kavallerieeinheiten rekrutieren. Die vielen Ressourcen unterstützen zudem die Diplomatie: In jeder der Kampagnen brauchte ich letztendlich Verbündete, die mir bestimmte Güter zu einem vernünftigen Preis handeln. In Runden, in denen ich mich auf kriegerischem Wege an der Eroberung von Ressourcen versucht habe, verlor ich schnell Zehntausende Einheiten von Nahrung pro Runde. Besonders in den anfänglichen Runden kann man allein einfach nicht genug von jeder Ressource bekommen und deshalb ist Absprache umso wichtiger.

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Die Diplomatie folgt trotz aller Freiheiten und Optionen der vorherbestimmten Richtung, die sich am Verlauf des Trojaner-Konflikts orientiert.

Auch der Aufbau des eigenen Imperiums ist ausgezeichnet gelungen, da in Reichweite von ein paar Zügen immer etwas Neues auf uns wartet. Ich musste mich aus diesem Grund häufig zügeln, nicht noch mehr neue Städte zu erobern oder zu viele Herausforderungen gleichzeitig anzunehmen. Dieser Ehrgeiz wurde mir in meiner mykenischen Kampagne zum Verhängnis: Ich spielte auf dem normalen Schwierigkeitsgrad und begann einen frühen Krieg gegen das benachbarte Korinth, dessen Verbündete mich viele Runden später angriffen. In der 70. Runde meiner Kampagne gingen mir dann doch die Ressourcen aus und ich verlor meine wichtigsten Provinzen an den Feind. Das bedeutete das Aus für mich. Meine vorsichtige Kampagne als Lykier läuft bisher am besten, wobei der größte Teil Südanatoliens unter meiner Kontrolle steht - aber ich bin noch weit vom Ende des Spiels entfernt. Ich sollte erwähnen, dass ich nicht zu den Spielern gehöre, die vergangene Speicherstände laden, um viele Runden erneut zu spielen, sobald etwas schief gelaufen ist.

Aufgrund der Unterhaltskosten kann man nur eine bestimmte Anzahl an Helden und Einheiten gleichzeitig kommandieren, was bedeutet, dass unsere Truppen häufig von einem Ende des Reiches zum anderen stürmen, um zu verhindern, dass Siedlungen erobert werden. Das kann angesichts der bösen KI ziemlich frustrierend sein, da der Computer Siedlungen gerne in den Boden stampft, um unsere Wirtschaft zu lähmen. Neben der Möglichkeit, eine feindliche Siedlung zu besetzen, zu plündern oder sie zu sabotieren, wird das Feld durch Zerstörung wieder zu einer neutralen Region. Vorbeiziehende Armeen können sie dann erneut kolonisieren, aber das dauert natürlich seine Zeit. Eine sehr schöne Ergänzung ist die Möglichkeit, unsere Städte umzubenennen.

Trotz meiner insgesamt sehr erfreulichen Erfahrung gibt es auch einige Dinge, die für mich nicht so gut funktioniert haben. Einer dieser Punkte ist die Mechanik des „Göttlichen Willens": Wenn ihr einen der Götter verehrt, indem ihr ihr oder ihm einen Tempel baut oder Opfer darbringt, erhaltet ihr bestimmte Boni (im Falle des Kriegsgottes Ares zum Beispiel effektivere Armeen). In der Praxis bin ich jedoch immer viel zu beschäftigt damit Kriege zu führen, Strukturen aufzubauen oder Ressourcen zu tauschen, um mich um die Gunst der Götter zu kümmern. Mit der Zeit verfallen unsere göttlichen Bemühungen und das erzürnt die Götter, obwohl das auch nicht unbedingt ein großes Problem zu sein scheint. Ich bemerkte hin und wieder ein Erdbeben oder eine gescheiterte Ernte, aber ich hatte das Gefühl, fast die ganze Zeit dringendere Angelegenheiten erledigen zu müssen. Feindliche Spione und andere Agenten scheinen in Total War Saga: Troy nämlich wieder deutlich wichtiger zu sein, da sie unsere Einheiten sabotieren, Strukturen beschädigen und sogar die Helden ermorden können.

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Mit über 230 Regionen ist die Kampagnenkarte in diesem Ableger wahnsinnig umfangreich.

Die Helden im Spiel haben ebenfalls so ihre Nachteile. Es gibt epische Helden wie Achilles oder Hector und normale, rekrutierbare Heldeneinheiten mit jeweils anpassbaren Fähigkeiten und Talenten. Sie alle sehen großartig aus und sind mit sorgfältig angefertigten Rüstungen aus der Bronzezeit geschmückt. Leider sind sie viel zu mächtig und das schadet dem Gleichgewicht der Gefechte. In einer Schlacht musste ich meine Stadt verteidigen und habe es schnell geschafft, alle feindlichen Einheiten außer der gegnerischen Heldeneinheit zu zerstören. Ich war fast bereit, mich über den Sieg zu freuen, doch als der feindliche Held plötzlich drei meiner verbleibenden Einheiten (die jeweils mit mehr als halber Stärke kämpften) angriff, flüchteten sie plötzlich alle und ich verlor den Kampf. Das fühlte sich irgendwie lächerlich an.

Es gab auch eine Reihe von Fehlern, die meine Spielerfahrung minderten. Ich musste nämlich ein paar Auto-Saves laden, weil meine Hauptarmee nicht mehr manövrierfähig war oder weil das Spiel während einer Belagerungsschlacht abstürzte. Aktionen mit einem bestimmten Agenten haben das Spiel regelmäßig einfrieren lassen, deshalb konnte ich mit dem Satyr nicht sonderlich viel anfangen. Die Diplomaten des Computers waren auch nicht immer sinnvoll, da manche Fraktionen enorme Geldbeträge für den Zugang zu militärischen Bündnissen bezahlten, nur um ihn wenige Runden später selbst aufheben zu können. Auch die vielen zufälligen Anfragen nach Gold sind noch vorhanden, was einfach nervt. Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass viele dieser Probleme mit der Zeit behoben werden, da der Review-Build allein in der vergangenen Woche drei Updates erhalten hat. Es ist nur eine Schande, dass die Version des Spiels, die ich gespielt habe, unter so vielen Problemen leidet. Dadurch musste ich die Abschlussnote einfach reduzieren.

Alles in allem ist Total War Saga: Troy dennoch ein sehr unterhaltsames Total-War-Spiel. Dank der riesigen Karte fühlt es sich eher nach einem neuen Hauptkapitel an, statt nach einem kleinen Standalone-Kapitel. Einige der neuen Ergänzungen, insbesondere das Ressourcensystem, sollten wahrscheinlich auch in zukünftigen Total-War-Spielen enthalten sein. Troy bietet viele Variationen zwischen den Fraktionen, eine verbesserte Diplomatie, einen herausfordernden Weg zum Sieg und im November soll noch ein Multiplayer-Modus ins Spiel eingefügt werden. Wenn Creative Assembly die Probleme zum Launch behoben hat, auf die man sich aktuell leider einstellen muss, könnte das hier eines der besten Total-War-Ableger sein, die es bisher gab.

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07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
viel Variation bei den Fraktionen, riesige Karte, neues Ressourcensystem.
-
die Mechanik des göttlichen Willens scheint überflüssig, überwältigte Helden, viele Fehler.
overall score
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