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Kinect Sports Season 2

Kinect Sports Season 2

Kinect Sports war 2010 einer der Launch-Titel der Bewegungssteuerung Kinect für die Xbox 360 und trotz des offensichtlichen Rip-Offs von Wii Sports sicher eines der Top-Spiele für das neue Gadget. Nun kommt ein knappes Jahr später der Nachfolger Kinect Sports Season 2 in die Läden. Allerdings hat das ungläubige Staunen über die futuristische, controllerfreie Steuerung nach unzähligen Minispielsammlungen und fiesem Muskelkater nachgelassen.

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Was den Muskelkater angeht, haben scheinbar alle Beteiligten dazugelernt. Sportarten wie etwa der tödliche Zehnkampf des Vorgängers wurden diesmal mit Sicherheit bewusst weggelassen. Und als Spieler hat man auch gelernt, sich nicht bei irgendwelchen übermotivierten Schlägen selbst den Arm auszukugeln.

Kinect Sports Season 2 liefert sechs mehr oder weniger frische Sportarten. Es darf auf einem Neun-Loch-Kurs gegolft werden oder man greift in gemütlicher Runde zum Dart. Mit American Football und Baseball stehen zwei uramerikanische Sportarten zur Verfügung und dazu gesellen sich dann noch Tennis und passend zur Saison eine Ski-Slalom-Abfahrt. Alle Events werden in ausführlichen Tutorial-Videos mit echten Darstellern erläutert. Schauen wir uns die einzelnen Events mal näher an.

Tennis
Nun ja, besonders groß ist der Unterschied zur Tischtennisvariante des Vorgängers nicht, da sich trotz der Größe des Platzes kaum das Stellungsspiel verändert, natürlich kann man dichter an das Netz aufrücken, aber die Unterschiede sind nur marginal. Die Erkennung der Schläge ist ziemlich präzise. Vor- und Rückhand und auch Bewegungen des Handgelenks - wichtig für Slices oder Topspins - werden gut erkannt. Die Schlagstärke wird nicht mehr nur noch durch einen besonders kräftigen Schwung reguliert, denn mit einem Ausfallschritt nach vorne kann man den Ball nochmal zusätzlich beschleunigen. Als nettes Gimmick darf man Schiedsrichterentscheidungen anzweifeln und frech behaupten, der Ball wäre doch sowas von nicht im Aus gewesen.

Kinect Sports Season 2
Die Unterschiede zum Tischtennis des Vorgängers sind gering
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Während es bei Kinect Sports immer noch mehrere Minispiele zur eigentlichen Sportart gab, steht in Kinect Sports Season 2 leider immer nur höchstens ein Minispiel zur Verfügung. In diesem Falle Smash-Allee, bei dem unter Zeitdruck Maskottchen auf der anderen Hälfte des Platzes mit schnellen, präzisen Schüssen abgeschossen werden. Allerdings wird man das Gefühl nicht los, dass die Figuren die Bälle quasi magnetisch anziehen. So sind leider nur noch schnelle Returns wichtig, um zu punkten. Tennis ist also nichts wirklich Neues und das Minispiel ist unglaublich langweilig.

Dart
Hier merkt man, dass die Entwickler dazugelernt haben. Zu Beginn wird man gefragt, auf welcher Höhe Fernseher und Kinect im eigenen Wohnzimmer stehen, um die Präzision der Wurfabfrage zu erhöhen. Geworfen wird mit einer Mischung aus Vorwärtsbewegung des Unterarms und des Handgelenks. Vor der etwas herangezoomten Dartscheibe sieht man ein Fadenkreuz, welches das leichte Zittern der eigenen Hand etwas verstärkt, um die Distanz zu simulieren. Als ungeübter Dartspieler trifft man mit Sicherheit besser als im echten Leben. Die Zwanzig zu treffen ist ziemlich leicht, aber für die Triple-Zwanzig braucht man schon ein ruhiges Händchen. Die Illusion des Dartwurfs ist gut gemacht und die Matches sind spannend.

Als Minispiel steht Ballon-Wurf bereit. Unter Zeitdruck müssen auf einer sich drehenden Scheibe befestigte Ballons getroffen werden, ohne aber das ebenfalls an der Scheibe hängende Maskottchen zu durchlöchern. Ganz nett, aber durch den Zeitdruck stößt man hier schnell an Grenzen.

Kinect Sports Season 2
Legt man beim Golfen die Hand an die Stirn, um in die Ferne zu schauen, wird eine Kamerafahrt zur Fahne gestartet.
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Golf
Hier darf maximal auf einem Neun-Loch-Kurs gespielt werden. Das Ganze ist allerdings sehr schlicht. Die vorgeschlagenen Schläger passen immer und die Löcher sind so anspruchslos, dass man hier leider auch kaum mit mutigen Schlägen verkürzen kann. Manchmal muss der Wind ausgeglichen werden und der Sprecher sagt auch in etwa die benötigte Schlagstärke an. Ein schönes Feature ist die Möglichkeit, eine kleine Kamerafahrt zur Fahne zu aktivieren, in dem man sich die Hand an die Augenbrauen hält als würde man in die Ferne schauen. Das Putten ist auch nur auf die Schlagstärke reduziert. Mit seitlichen Schritten kann zwar die Bahn des Balls verändert werden, was einem auch mit einer verblassenden weißen Linie angezeigt wird, die allerdings auch eventuelle Unebenheiten des Bodens gleich mitberechnet.

Kinect Sports Season 2
Beim Dart wird man zu Beginn gefragt, auf welcher Höhe Fernseher und Kinect im eigenen Wohnzimmer stehen, um die Präzision der Wurfabfrage zu erhöhen.

Als Minispiel steht Ocean-Driver zur Verfügung. Von einem Boot werden Abschläge auf kleine Zielinseln mit jeweils unterschiedlichen Punktezonen gemacht. Auch hier kommt es leider wieder fast nur auf die Schlagstärke an.

American Football
American Football ist wirklich eines der schwächsten Spiele von Kinect Sports Season 2. Die Defense findet gar nicht statt. Nach der eigenen offensiven Phase wird einem das erzielte Ergebnis des Gegners einfach nur mit einer schnöden Grafik angezeigt. Beim Angriff sucht man sich einen Zug aus dem Playbook aus oder lässt sich einfach den Trainer entscheiden. Letztlich gibt es nur Pass-Spiel, das heißt, man richtet sich aus der Hocke auf, um den Spielzug zu starten und wartet dann, bis sich einer der Receiver freigelaufen hat, um einen Pass zu werfen. So weit so langweilig, da man sich quasi nur zwischen einem Wurf nach links, rechts oder in die Mitte entscheiden darf und die Gültigkeit des Passes schon vorher durch einen grünen Punkt über dem Receiver angezeigt wird. Dann den Arm hochhalten, um den Pass zu fangen und schon darf man als Receiver auf der Stelle laufen, um den Ball weiterzutragen, während man sich zu den Seiten lehnt, um den Tackles der Gegner auszuweichen. Für Fieldgoals wird einfach hinter den Ball getreten. Fertig. Unglaublich sinnloses Spiel und Minigames gibt es gleich gar nicht.

Kinect Sports Season 2
American Football ist eines der schwächsten Spiele.

Baseball
Auch hier wird langweilig auf der Stelle gelaufen, aber immerhin dürfen die letzten Meter zur Base am Ende mit einem kleinen Schritt nach vorne gerutscht werden. Den Ball mit dem Schläger zu treffen, hat immerhin eine eigene Spannung, da sich das Tempo der Würfe ja ständig ändert. Als Pitcher bekommt man die Schwächen des Gegners angezeigt. So kann man reagieren, wenn man weiß, dass der Spieler etwa keine geraden, langsamen und von links geworfenen Bälle mag.
Als Feldspieler bekommt man bei ungünstig geschlagenen Bällen manchmal die Möglichkeit, den Ball zu fangen. Allerdings hat man auch gefühlte zwanzig Sekunden Zeit, um die Hand an die angezeigte Position zu halten. Als Minispiel werden einfach nur Bälle geschlagen und die erreichte Distanz addiert, also kein wirklich neues Spielelement.

Skifahren
Die Slalom-Ski-Abfahrt hat ein ganz nettes Tempo, spielt sich aber fast so einfach wie die Schlittenfahrt bei Sesamstraße: Es war einmal ein Monster und das will auch schon was heißen. In der Hocke nimmt man Tempo auf und durch Bewegung des Oberkörpers wird gesteuert. So rast man die Piste runter und versucht, durch die Tore zu fahren. Es werden immer zwei Durchläufe gefahren und es stehen drei leicht unterschiedliche Pisten zur Verfügung. Hat man einen Champion als Gegner gewählt, macht sich das in erster Linie durch die schwierigere Platzierung der Tore bemerkbar. Das Gefühl der Geschwindigkeit ist schön umgesetzt, aber besonders groß ist die Herausforderung auch hier nicht.

Als Minispielvariante gibt es einen Hindernislauf im Stil von Kinect Adventures. Statt der Tore muss man hier nun die Lücken zwischen den Hindernissen erwischen. Zusätzlich müssen manche Hindernisse übersprungen oder andere geduckt durchfahren werden. Nach drei Fehlern ist Schluss. Das macht Spaß, ist aber auch nichts Neues.

Kinect Sports Season 2
Den Ball mit dem Schläger zu treffen, hat immerhin eine eigene Spannung.

Kinect Sports Season 2 ist leider eine bestenfalls mittelmäßige und nicht sehr umfangreiche Minispielsammlung. Würde das Spiel statt des langweiligen Kinect Adventures beim Kauf der Bewegungssteuerung als Tech-Demo beiliegen, ginge das voll in Ordnung, aber als Vollpreisspiel ist es gelinde gesagt ein Witz. Die ganze Präsentation ist seelenlos wie ein öder Werbespot und das nicht nur bei den hilfreichen, aber ästhetisch fragwürdigen Tutorials. Die kleinen Samples von Hits beim Sieg sind schön, aber keine Option, die nervige Musik in den Menüs auszuschalten, das war schon beim Vorgänger ärgerlich. Sich nur auf die Avatare als Spielhelden zu verlassen, ist schlicht billig. Und warum die Entwickler von Rare mit ihrem Repertoire an tollen Videospielcharakteren dann so generische Sportmaskottchen einbauen, ist auch nicht nachvollziehbar.

Natürlich kann man im Party-Kontext in den Multiplayer-Varianten viel Spaß haben, aber das kann man mit seinen Freunden hoffentlich auch ohne Kinect Sports Season 2. Wenn sich Rare schon so auf die Party-Dynamik verlässt, dann bitte mit mehr Inhalt oder gleich eine Kiste Bier beilegen. Es macht schließlich auch nichts, wenn man nur noch lallen kann, denn die neuen Features wie der Menüwechsel oder etwa der Schlägerwechsel mittels Sprachbefehl sind zwar ausführlich dokumentiert, aber funktionieren in Deutschland leider noch nicht.

05 Gamereactor Deutschland
5 / 10
+
Nettes Partyspiel, weniger Muskelkater-Gefahr als beim Vorgänger
-
zu wenig Inhalt, langweile Spiele, seelenlose Präsentation, Sprachsteuerung funktioniert in Deutschland bisher nicht
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