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Tales of Xillia

Tales of Xillia

Rollenspiele aus Japan mögen etwas aus der Mode gekommen sein. Das Tales Studio aber beweist, dass hier durchaus etwas in Bewegung ist.

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Es gab eine Zeit, in der waren japanische Rollenspiele das höchste der Gefühle. Aber im Grunde ist es längst zu spät, dem hinterzuweinen. Zu lange schon dümpelt das Genre schon vor sich hin und den Ton geben längst westliche Vertreter wie The Elder Scrolls, World of Warcraft oder The Witcher an. Die Entwickler waren einfach nicht in der Lage sich zu verändern und durch Innovation interessant zu bleiben. Aber in jeder Krise steckt auch eine Chance. Der Zwang sich in einem schrumpfenden Markt neuzuerfinden, ermöglicht erst Innovation. Und so hat Namco Bandai versucht, mit Tales of Xillia auch neue Wege einzuschlagen.

Gleich zu Beginn haben wir die Wahl zwischen zwei Charakteren: Milla oder Jyde. Beide begeben sich gemeinsam auf das Abenteuer, wir müssen nur entscheiden, mit wem wir spielen wollen. Neben dem veränderten Blickwinkel in der Handlung gibt es aber auch ein paar wenige Abschnitte, in denen der eine vom anderen getrennt ist. Milla ist Maxwell, der Herrscher der Geister - allerdings in Gestalt einer jungen Frau. Jyde ist ein junger Medizinstudent, der noch nicht so recht weiß, was er mit seinem Leben anstellen soll. Sie ist Magierin und er mit Martial Arts eher auf den Nahkampf ausgerichtet. Milla ist unbeholfen im Umgang mit Menschen, weil sie ihr Wissen nur aus Büchern hat. Judy ist unsicher über seinen Platz in der Gesellschaft, weil er nie mutig genug war, diesen einzufordern. Sie agiert stumpf wie ein Roboter und er ist voller Gefühl.

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Jyde und Milla sind zwei Charakter, die unterschiedlicher nicht sein könnten, machen sich auf eine gemeinsame Reise.
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Da die Spiele der Reihe immer auf einen zweiten Durchlauf ausgelegt sind, wird dieser durch den zweiten Charakter noch etwas interessanter. Die Geschichte selbst bewegt sich allerdings auf dem üblichen, eher flachen Niveau. Menschen und Geister leben friedlich zusammen, bis jemand kommt, der das Mana der Geister missbrauchen will. Es gibt eigentlich nichts, dass wirklich überraschend ist und unsere Empathie bezüglich der beiden Hauptcharaktere und ihrer Freunde hält sich auch in Grenzen. Und das obwohl die Truppe ziemlich witzig ist und wir eigentlich die ganze Bande gut leiden können. Die Sympathie kommt aber vor allem über den Humor in den witzigen Gesprächen abseits des Weges. Gerade Milla glänzt durch ihre weltfremden Kommentare und der kuschelige Teepo durch seine ruppige Art. Dennoch aber interessieren wir uns nur am Rande für die Rettung der Welt - obwohl das natürlich Dreh- und Angelpunkt unser Reise ist.

Ein Punkt, in dem die Reihe schon immer eine Nasenlänge voraus war, ist das Kampfsystem. Für Tales of Xillia wurde der Echtzeit-Arena-Kampf mit seinen Kombos weiter gestrafft. Wie können ohne das Pausieren des Spiels Charaktere rasch wechseln oder unseren Kumpel tauschen. Letzterer ist einer der aktuell mitreisenden Charaktere, welcher uns den Rücken stärkt. Er geht mit uns gemeinsam auf den gleichen Gegner los und umzingelt ihn dafür. Die Künstliche Intelligenz ist diesbezüglich nicht frei von Fehlern, aber zumindest halbwegs auf der Höhe, um ein glaubwürdiges Spielgefühl zu vermitteln. Außerdem können wir mit unserem Kumpel einen gemeinsamen Spezialmove ausführen, diesen mehrmals kombinieren und steigern. Nicht jede Kumpel-Kombination ist ideal, daher lohnt es sich dies im Gefecht ruhig ein bisschen auszutesten.

Das Kombo- und Abwehrsystem wirkt auf den ersten Blick ziemlich kompliziert. Die Kampfsteuerung ist insgesamt etwas überladen, aber nach ein paar Stunden entwickelt man ein gutes Gefühl dafür. Sind viele Gegner auf dem Feld wird das Gefecht manchmal arg unübersichtlich, doch auf der anderen Seite fühlen sich gerade diese Kämpfe besonders fett an. Und da alle Charaktere über unterschiedliche Fähigkeiten und Stärken verfügen, lässt sich leicht die Spielerfahrung nach den eigenen Bedürfnissen anpassen. Und falls alles nichts hilft, können wir sogar den Schwierigkeitsgrad anpassen. Durch die vielen Möglichkeiten ist das Kampfsystem wieder einmal ein Pluspunkt, der Tales of Xillia so abwechslungsreich macht.

Tales of Xillia
Die Kämpfe sind manchmal unübersichtlich, aber das Kampfsystem ist herausragend und wird nicht so schnell langweilig.
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Besonders positiv fällt aber auf, dass vor allem die Spielmechaniken abseits von Dungeons gestrafft wurden. Alle Händler bieten weltweit die gleichen Waren an. Um das Angebot zu erweitern und das bestehende günstiger zu machen, müssen wir Gegenstände sammeln. Im Tausch gegen Blätter, Schädel, Federn und anderes lassen wir unseren Rang in der jeweiligen Kategorie steigern. Auch wenn die Städte damit natürlich etwas beliebiger werden und die Häfen sowieso alle gleich aussehen, so überwiegen die Vorteile. Wir haben überall das beste Angebot am Start und sind selbst dafür verantwortlich, wie gut es wirklich ist.

Verzichtet wurde in Tales of Xillia auf das Kochen. Lebensmittel sind ganz normal im Laden erhältlich. Das entschlackt die Spielmechaniken, auch wenn einige gerade dieses Feature vermutlich ganz gern mochten. Auf die vielen freischaltbaren Ränge wurde dafür aber nicht verzichtet und viele entdecken wir wirklich nur, wenn wir sehr akribisch vorgehen. Aber wer keine Lust hat, auf Entdeckungsreise zu gehen, verpasst ohnehin viele kleine Nebenschauplätze in diesem Spiel. Und nur am Rande: Für das Entdecken gibt es diesmal auch eine freie Kamera in den offenen Gebieten. Umschauen lohnt sich!

Hervorragend ist außerdem das Schnellreise-System. Wir müssen keine Teleporter aufsuchen, sondern wählen über die Weltkarte einfach den Ort aus, an den wir reisen wollen. Kritik gibt es lediglich dafür, dass nicht immer direkt klar ist, wo wir hin müssen. Auch optional gibt es keine Hilfe und so bleibt ein bisschen Suchen manchmal nicht aus. In den Dungeons selbst gibt es zum Teil nette Nebenaufgaben. In einer Mine müssen wir etwa unseren Weg freihaken und dafür heftigen Gebrauch von der X-Taste machen. Auch solche Elemente lockern den Alltag im Rollenspiel etwas auf.

Tales of Xillia
Der Stil des Rollenspiels unterscheidet sich von den Vorgängern und dazu haben wir nun eine freie Kamera.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Levelsystem in Tales of Xillia. Stattdessen Charaktere einfach automatisch stärker werden, bekommen wir mit jedem Aufstieg Fähigkeitspunkte, die wir auf einen spinnennetzartigen Raster verteilen müssen. Die Grundidee dafür stammt vermutlich von Sphärobrett aus Final Fantasy X. Dieses hier allerdings funktioniert etwas weniger flexibel. Grundsätzlich müssen wir einen Großteil des Rasters sowieso abarbeiten, bevor wir weitere Flächen freischalten. Allerdings können wir selbst festlegen, in welche Richtung wir uns schneller entwickeln wollen.

Über dieses System schalten wir auch Talente frei, die allerdings für jeden Charakter halbwegs individuell sind. Manche davon sind aktiv einsetzbar, andere sind eher passiv. Welche Talente wir dann aber tatsächlich auch aktivieren, entscheiden wir wieder selbst. Somit fühlt es sich immer ein bisschen so an, als hätten wir die freie Wahl. Tatsächlich aber nimmt uns Tales of Xillia sehr oft an die Hand. Ein sehr eleganter Weg, der stellvertretend für das ganze Spiel steht. Das hier ist kein ödes, langatmiges Rollenspiel. Es ist bei all seiner Epik ziemlich straff.

Der Grat zwischen Stagnation und Wandel ist für eine etablierte Reihe sicherlich immer etwas schmaler. Und das Tales Studio als mutig zu bezeichnen, würde keinesfalls dem gerecht werden, was sie hier abgeliefert haben. Allerdings ist die konsequente Weiterentwicklung der Reihe erkennbar. Man war bereit, eigentlich übliche Mechanismen über Bord zu werfen - ein Schritt nach vorn, ohne aber zu opfern, was die Reihe ausmacht. Trotzdem ist Tales of Xillia eben auch schon zwei Jahre alt und das merkt man dem Spiel einfach an. Zumal es eigentlich keinen vernünftigen Grund dafür gibt, warum wir im Westen eine solche lange Wartezeit in Kauf nehmen müssen. Trotzdem ist es eines der schönsten Japano-Rollenspiele dieser Generation.

08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
tolle Charaktere, viel Humor, fantastisches Kampfsystem, Schnellreisesystem, viel zu entdecken, lohnt sich zweimal zu spielen, frische Ideen für strafferes Spielen, freie Spielwelt mit freier Kamera
-
Spiel anfangs etwas zäh, wenig überraschende Handlung, Level teilweise etwas trostlos, teilweise aufpoppende Objekte und Charaktere in Städten
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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