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Drakensang Online

Angeschaut! Drakensang Online

Im vergangenen Jahr kaufte der Browserspezialist Bigpoint den Berliner Entwickler Radon Labs. Die einen sind bekannt für das Social-Game Farmerama, die anderen für die Rollenspiel-Reihe Drakensang. Lange war unklar, was Bigpoint mit dieser Investition bezweckt. Jetzt schien offenbar die Zeit reif, das erste Projekt vom umfirmierten Bigpoint Berlin zu enthüllen: und das heißt Drakensang Online.

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Sie hatten offenbar richtig große Angst bei den Radon Labs, denn bevor es mit der Präsentation von Drakensang Online losgehen durfte, wollte Bernd Beyreuther erst einmal ein paar Worte zum Umbruch vor einem Jahr loswerden. "Wer ist eigentlich Bigpoint?", fragten sich die Entwickler verduzt nach der Übernahme durch den Online-Spezialisten. Mit Browserspielen hatte man bisher nichts am Hut und einige sahen sich schon vor einer Umschulung auf PHP & Co. Beyreuther war damals Creative Director und ähnlich überrascht. Heute ist er Head of Development und Produzent von Drakensang Online. Und er ist spürbar erleichtert.

"Bigpoint hat uns viel Zeit gegeben, uns zu finden", sagt der Beyreuther. Drakensang war bisher ein reiner Offline-Titel und nun soll es gleich ein Massive Multiplayer Onlinegame werden. Vorher hieß es doch immer noch: "Koop würden wir gern machen, aber das ist zu kompliziert, zu aufwendig". Doch Bigpoint hat keine Grenzen gesetzt, sondern nur ihr Know-how mitgebracht. Sie haben das eingespielte Team in seiner Größe und Zusammensetzung belassen, ein hübscher, kleiner Mikrokosmos. Und das ist wohl auch der entscheidende Grund dafür, warum bereits nach etwas mehr als vier Monaten Entwicklungszeit die ersten Ergebnisse präsentiert werden können.

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Erst vier Monate arbeitet Bigpoint Berlin richtig an dem Titel, das Ergebnis ist durchaus beeindruckend.

Trotz der kurzen Zeit, die an dem Projekt gearbeitet wird, war die Überraschung groß. Das inzwischen als Bigpoint Berlin bekannte Studio zeigte, warum das Team mehr oder weniger vollständig blieb: wirklich sehenswerte 3D-Grafik, basierend auf der studioeigenen Nebula-Engine. Dieses Spiel muss sich hinter regulären Spielen wirklich nicht verstecken. Und das allerbeste ist, dass der Titel komplett im Browser läuft und nichts im Vorfeld heruntergeladen werden muss. Als Vehikel dient lediglich Java, um die Verbindung zwischen Browser und Computer herzustellen. Umgestellt wurde die Ansicht auf eine isometrische Perspektive, um das ewige Problem mit der Kamera in den Griff zu kriegen. Außerdem gibt es einen neuen Fokus auf den Kampf, der mit einem neuen Kampfsystem ebenfalls besser werden soll.

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Hilfreich war auch, dass die Nebula-Engine bereits auf etlichen Plattformen zum Einsatz kam. Der Browser ist so nur eine weitere Umgebung, in die man sich etwas einarbeiten musste. Und aus ihrem letzten Rollenspiel Drakensang: Am Fluss der Zeit wurden einerseits viele Spielelemente, aber genauso Technologie übernommen. Das jetzt gezeigte Spiel hat, wenngleich noch nicht endgültig spezifiziert, dennoch niedrigere Anforderungen. Laufen soll der Titel später aber schließlich nicht nur auf möglichst vielen Rechnern, sondern auch mit vielen starken oder schwachen Internetleitungen.

Das haben sie bei Bigpoint Berlin bereits gemeistert. Herausfordernder war es da, die Welt von Drakensang in jene Vorgaben zu quetschen, die Bigpoint aus ihren Erfahrungen mit Browserspielen mitbrachte. Der Client wird ungefähr fünf Megabyte groß, für einen einzelnen Level sind nur ein paar Megabyte mehr Speicher vorgesehen. Enthalten darin muss alles sein, was nötig ist - Grafik, Sound und so weiter. Alles ist auf Streaming optimiert. Die Ladezeiten dürfen später den Spielspaß nicht ausbremsen, sondern müssen kaum merklich im Hintergrund ablaufen.

Wir haben gesehen, wie so ein Level gebaut wird und auch schon die ersten fertigen gesehen. Hübsche Lichteffekte, optionaler Zoom mit hochaufgelösten Texturen, Teile der Umgebung sind sogar zerstörbar. Der Avatar kann unterschiedliche Rüstungsgegenstände tragen, wird etwas angezogen, ist es direkt sichtbar. Die Musik wird übrigens interaktiv eingebunden. Sie ändert sich entsprechend der auftauchenden Gegner oder wie viel Energie einem noch zur Verfügung steht. Dass der Bausatz insgesamt sehr beschränkt ist, fiel da wirklich kaum auf.

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Die Level haben eine strenge Beschränkung bei der Größe, schließlich wird alles nur gestreamt.
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Silvio Ullrich, Art Director für Drakensang Online, beschreibt das Basteln eines Levels als täglichen Kampf. Jedes Element, dass hinzugefügt wird, muss unter den beiden Kriterien, wie groß ist es und wie sinnvoll kann es eingesetzt werden, betrachtet werden. Fällt eins heraus, muss eventuell geflickt werden, aber dafür steht dann ein praktisches, neues zur Verfügung. Gleiches gilt übrigens auch für die Animationen, bei denen am Ende sehr dosiert trotzdem ein vorzeigbares Ergebnis erwartet wird.

Für Ullrich ist die Arbeit an Drakensang Online dennoch ein Segen. Der Druck, fertig zu werden, war vorher deutlich größer. Der Bau von einem Level für Drakensang: Am Fluss der Zeit war zwar handgemacht und lief ohne Baukasten und Editor, aber hat so viel Zeit verschlungen, dass am Ende sogar bei einem einfach die Spiegelung eines alten herhalten musste. Da geht Ullrich sogar so weit zu sagen, dass er sich fragt, warum man sich nicht schon viel früher in diesem Bereich probiert hat. Er hat sogar das Gefühl, die Entwicklung verschlafen zu haben. "Wir waren mächtig stolz, mit Rollenspielen wie Dragon Age: Origins verglichen zu werden, denn wir hatten ein so viel kleineres Budget für das Spiel zu Verfügung."

Das Spiel jetzt allerdings ist nicht Drakensang 3. Die Ansicht des Interface erinnert ein wenig an Diablo, was aber nichts schlechtes ist. Die Spielkarte ist sehr stark an Europa angelehnt, aber leicht verzogen. Los geht es im mittelalterlichen Mittelengland, wie es im 11. Jahrhundert existierte. Da allerdings alles fiktiv ist, sind Bezüge zur Realität eher knapp. Vor tausend Jahren wollte ein mächtiger Drache die Welt vernichten und die Menschen haben ein Imperium gegründet, um ihn zurückzuschlagen. Heute sind nur noch kleine Königreiche übrig und das viele Wissen verloren.

Erneut müssen große Helden losziehen, um die Wesen zurückzuschlagen, die wie eine Mischung aus Mensch, Tier und Monster ausschauen. Das Wissen der alten Orden von damals ging auch verloren, weshalb sich die besonderen Fähigkeiten der einzelnen Klassen, wie etwa Drachenkrieger und Magier, erst später herausbilden. Die Story ist allerdings noch nicht fertig, daher lässt sich auch noch nichts konkretes zu den Quests zu sagen. Allerdings soll das Spiel in Kapitel untergliedert sein und es wird neben den Dungeons und der offenen Spielwelt auch Städte geben, in denen sich viele Spieler gleichzeitig aufhalten. Inspirieren ließ man sich vom MMO Guild Wars.

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Es fällt kaum auf, dass der Baukasten beschränkt ist - hoffentlich wird das Gameplay genauso gut.

Gearbeitet wird aber wirklich nur am Anfang und weniger am großen Ganzen. "Wir wissen noch nicht wie es weiter geht", sagt Beyreuther. Die Welt soll zusammen mit der Community wachsen und so auch die Orden und Fähigkeiten. Für beide Seite wird Drakensang Online ein großes Abenteuer, auch die europaähnliche Karte soll nicht die Grenzen definieren.

Das ist auch der Grund, warum das Spiel nicht im Universum von Das Schwarze Auge (DSA) zu Hause ist. Das war Beyreuther zufolge schon bei Drakensang: Am Fluss der Zeit schwierig. Häufig sei man an Grenzen im Regelwerk gestoßen, bei einem Online-Rollenspiel wäre das noch komplizierter geworden. Das hat den Bruch mit DSA endgültig besiegelt. Drakensang Online trägt nur den Namen Drakensang, es ist das gleiche Team, aber ansonsten ist es ein komplett neues Spiel.

Der Start der Beta ist für das zweite Quartal des kommenden Jahres vorgesehen. Zum Start wird das Spiel relativ klein sein, aber beständig wachsen - viel häufiger und schneller als bei den Abo-Kollegen. Man sieht sich aufgrund der entwickelten Werkzeuge, wie zum Beispiel dem Leveleditor - dazu in der Lage und auch nach dem Start soll das Team in voller Größe weiter arbeiten. Von Anfang an dabei, wenn auch nicht in vollem Umfang, werden Player vs. Player-Varianten (PvP) sein. Auch Gilden und Chats sind geplant. Für Spieler soll es möglichst keinen Leerlauf geben, nur Vielspieler werden wohl an Grenzen stoßen - so gibt es Anfangs natürlich ein maximal zu erreichendes Level, den Levelcap.

Aber das Level soll in Drakensang Online sowieso nicht alles sein. Die Gegenstände, die sich auch besser monetatisieren lassen, werden eine größere Rolle spielen. Voller Spielspaß ist aber auch für die Free-to-play-Spieler gesichert. Alle Inhalte sollen frei verfügbar sein, Premiumangebote beziehen sich nicht auf den Umfang des Spiels. Für diese Umsetzung ist allerdings dann Bigpoint zuständig, die mit ihrer Erfahrung herausfiltern, an welchen Stellen und in welcher Form Bezahlvarianten sinnvoll sind.

Denkbar sind neben Gegenständen auch andere Möglichkeiten der Individualisierung. Spieler können sich, wie in Rollenspielen üblich, einen eigenen Charakter bauen - mit Haaren, Haut, Proportotionen und so weiter - aber vielleicht sind bestimmte Haarfarben nicht kostenlos. In erster Linie aber geht es um den Spielspaß, der stimmen muss, um Drakensang Online zum Erfolg zu bringen. Das wissen sie auch bei Bigpoint. Ganz unabhängig davon, dass es am Ende trotzdem zehn Prozent zahlende Spieler sein sollen, um das Spiel rentabel zu machen. Aber um zum Abschluss Dr. Jan Wergin, Chief Technical Officer von Bigpoint, zu zitieren: "Wenn etwas Spaß macht, dann gibt immer einen Weg, wie man so etwas monetarisieren kann."

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