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Call of Duty: Advanced Warfare

Call of Duty: Advanced Warfare

Die Zukunft einer der größten Spielereihen der Welt wirkt dank neuem Schauplatz und Fokus auf den Next-Gen-Konsolen gleich rosiger als je zuvor.

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Routine bietet eine gewisse Sicherheit. Sie gibt dem Leben Struktur. Da ist es keine Überraschung, dass auch der jährliche Call of Duty-Zyklus kaum an Attraktivität einbüßt. Schließlich wissen wir, dass die ausgegebenen Euros jedes Jahr im November Stunden kinoreifer Explosionen und Bruckheimer-Action versprechen. Und das reicht der Mehrheit.

In den vergangenen Jahren haben wir deshalb den Modernen Krieg in all seinen Formen serviert bekommen. Wie schon nach der Zweite-Weltkriegs-Welle, die in den frühen 2000er Jahren den Videospiel-Krieg abgrasten, stumpfen wir seit einigen Jahren mehr und mehr ab, wenn es um Schlachten in modernen Umgebungen mit gewöhnlichen, modernen Waffen geht.

Als ich mich in einem Hotel in München einfinde, ist deshalb nichts ungewöhnlich - die Erwartungen halten sich in Grenzen. Die anwesenden PR-Berater und Entwickler plaudern heiter miteinander, als ich ankomme. Sie können es offenbar kaum erwarten, ihre neueste Kreation zu präsentieren. Die Atmosphäre ist beinahe feierlich. Ich werde mit offenen Armen empfangen, als wären wir hier auf einer Weihnachtsfeier und dann eilig hineingeworfen in ihre Vision, die hoffentlich neues Leben in eine stagnierende Serie haucht.

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Die Story soll über das typische "Ein Mann erwacht in einem neuen Abschnitt der Geschichte" hinausgehen.

Call of Duty: Advanced Warfare also. Glen Schofield und Michael Condrey sind zwei Serien-Veteranen, die neben mir auf einem geräumigen Sofa vor einem ausladenden HDTV sitzen und selbstsicher darüber sprechen, was ihre Interpretation der Serie so besonders macht. 2009 gründeten sie zusammen das Entwicklerstudio Sledgehammer Games - ein Jahr nachdem sie den Weltraumschocker Dead Space unter der Flagge von Visceral Games veröffentlichten. Nach dem Relaunch unterstützten die beiden zunächst Infinity Ward bei der Entwicklung von Call of Duty: Modern Warfare 3. Aus diesem Grund vermuteten viele, dass das neue Studio den sicheren Weg wählen und einen weiteren Titel für die Reihe entwickeln würde. Ich war einer von ihnen.

Aus der Rückschau betrachtet, muss ich zugeben, dass meine Vorverurteilung eines modernen Kriegsszenario mehr über mich und meine Sicht auf die Entwickler der Serie aussagt, als die Spieleserie selbst. Es war ein Vorurteil, dass ich mühevoll herunterschlucken muss, um meine innerlich zynischen Kommentare darüber, dass Erneuerung die einzige Rettung der Serie sei, zum Verstummen zu bringen. An diesem Tag muss ich mir wieder und wieder klar machen, dass neue Köpfe hinter dem Projekt stehen.

Eilig wird uns versichert, dass es nicht um ein weiteres traditionelles Call of Duty handelt. Die Story soll über das typische "Ein Mann erwacht in einem neuen Abschnitt der Geschichte" hinausgehen. Glen Schofields Aussagen klingen oft gestelzt und versprechen wir persönlich ein wenig zu viel. In einem Raum voller Journalisten, seinem Kollegen Michael Condrey und vielen PR-Beratern sind wir immer auf der Hut vor falschen Versprechungen. Eine davon könnte etwa die Aussage sein, man wolle mit der Serie etwas völlig Neues machen. Es gibt nur einen kleinen Unterschied: Wir haben den Eindruck, dass die Entwickler das dieses Mal vielleicht sogar wahr machen.

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Bei der Präsentation wird das Gefühl des ersten Dead Space so deutlich, dass ich fast vergesse, hier ein Call of Duty zu sehen.

Was Schofield nämlich meint: Dass der gegenwärtige Krieg zu Gunsten einer innovativen Vision der Zukunft weicht. Außerdem bemerkenswert: Das Team hat an diesem Titel bereits über drei Jahre lang gearbeitet - Infinity Ward und Treyarch schlossen ihre letzten Projekte in jeweils zwei Jahren ab. Call of Duty: Advanced Warfare wird der erste Teil der Reihe sein, der exklusiv für Playstation 4, Xbox One und PC erscheint. Im Vordergrund steht aber die Tatsache, dass wir in ein neues Abenteuer geworfen werden, das mit futuristischen Umgebungen, neuer Technologie und neuen Spielmechaniken überzeugen soll.

Bei der Präsentation wird das Gefühl des ersten Dead Space so deutlich, dass ich fast vergesse, hier ein Call of Duty zu sehen. Während der Sequenzen ist die Atmosphäre so düster und schwermütig, wie es von dem Ausflügen in den Weltraum bekannt ist. An einer besonders grusligen Stelle wirkt das Ganze sogar wie eine Hommage an ihren eigenen Titel. Private Mitchell, der Hauptcharakter des Spiels, schleicht mit seinen Buddy durch einen Wohnkomplex. Alles läuft flüssig, eben genau so, wie man es bei einem wirklich neuen Call of Duty erwartet.

Die Spielerfahrung beizubehalten, die Serienfans erwarten, es ist ein Balance-Akt. Einerseits verlangen langjährige Spieler nach traditionellen Elementen, anderseits sollen auch neue Fans gewonnen werden. Den Wiederspielwert der Kampagne wollen die Entwickler durch Audio-Logs und ein Upgradesystem erhöhen, das uns so vorher nur im Mehrspielermodus zur Verfügung stand.

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Sorgt für Spannung: Jeder Charakter kann jederzeit aus dem Spiel verschwinden - oder uns in den Rücken stechen.

Glen Schofield erklärt mir, dass das Studio viel Zeit investiert hat, um den Sound des Spiels spektakulärer als je zuvor zu gestalten. Eines seiner Beispiele beinhaltet die Waffen früherer Teile, die jeweils zwei bis drei Sound-Variationen beim Abschuss boten. Diese Zahl wurde jetzt auf sieben unterschiedliche Sounds pro Waffe hoch geschraubt. Die Musik wird von Harry Gregson-Williams beigesteuert. Hinweise gibt es an dieser Stelle auf Dubstep, was mich persönlich jetzt nicht unbedingt gefreut hat.

"Im Fokus der Geschichte, die wir erzählen wollen, geht es um Familie, Verlust und Bruderschaft. Am besten ist es bisher TV-Serien gelungen, diese Gefühle zu vermitteln. Game of Thrones, The Walking Dead und House of Cards sind Beispiele für solche großartige Serien, die in den letzten Jahren immer mehr an Beliebtheit zugelegt haben. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sich die Geschichte rund um Charaktere dreht, die sich stetig weiterentwickeln. Jeder kann jederzeit aus dem Spiel verschwinden - oder dir in den Rücken stechen. Wir wollen dieses Gefühl einfangen, einfach nicht zu wissen, was man erwarten soll", frohlockt Schofield.

In der Zwischensequenz, die Michael Condrey daraufhin startet, werden wir von einer vertrauten Stimme begrüßt. Auf dem Bildschirm spricht Kevin Spacey, dieser brillante US-Schauspieler, der zuletzt in seiner Rolle in der TV-Serie House of Cards viele, viele Zuschauer begeistert. Ich zumindest erschaudere sofort, als die autoritäre Stimme an mein Ohr dringt - mit einer machtvollen Rede über die Absurdität der Demokratie. Spacey überzeugt schauspielerisch ohne Zweifel in seiner Rolle als machthungriger Anführers Jonathan Irons.

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Die dystopische Zukunftsversion des Spiels lässt jedenfalls nichts zu wünschen übrig: Alles von mit Waffen beladenen Laserstrahlen bis hin zu zielgenauen Granaten ist dabei.

Entwickelt wurde Call of Duty: Advanced Warfare exklusiv für die neuen Konsolengeneration - das zeigt sich schon in der Grafik der unfertigen Version, die trotzdem gelegentlich noch an schwachen Texturen und seltsamen Schatten leidet. Insgesamt aber ist es das grafisch bisher beste Spiel der Reihe. Über die wirklichen Fähigkeiten der neuen Grafikengine will Michael Condrey zum jetzigen Zeitpunkt aber lieber noch nichts sagen. Warum, das lässt er offen.

Die Soldaten des privaten Militärunternehmens Atlas werden vor dem Kampf mit einem Exoskelett ausgestattet, das es seinen Trägern ermöglicht, an nackten Wänden hoch zu klettern. Dazu gibt's außerdem übermenschliche Stärke und die Fähigkeit, die Umwelt zu verlangsamen, wenn man in nahezu aussichtslose Situationen gerät. Die Liste der Optionen geht noch weiter und eine Fähigkeit nach der anderen erinnert an Superkräfte von Superhelden. Nützlich werden sie in jedem Fall alle sein, schließlich nehmen wir es im Spiel mit einer High-Tech-Terror-Organisation auf, die droht, alles zu zerstören, was und lieb und teuer ist.

Call of Duty: Advanced Warfare schickt uns ins Jahr 2054. Sorgsam wird darauf hingewiesen, dass die Mehrheit der Waffen und markanten Techniken des Spiels auf bereits heute schon existierenden Technologien basieren, die sich allerdings noch in der Entwicklung befinden. Die dystopische Zukunftsversion des Spiels lässt jedenfalls nichts zu wünschen übrig: Alles von mit Waffen beladenen Laserstrahlen bis hin zu zielgenauen Granaten ist dabei. Wie wir wissen: Im Krieg sind alle Mittel erlaubt. Da können wir nur hoffen, dass diese Erfindungen niemals ihren Weg auf die Kriegsschauplätze der realen Welt finden.

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Der Munitionszähler befindet sich beispielsweise nicht in einer Ecke des Screens, sondern ist ein sichtbarer Hinweis an der Waffe selbst.

Eine weitere Waffe, die laut Condrey nicht primär zum Töten bestimmt ist, wird uns während einer Verfolgungsjagd über die Golden Gate Bridge in San Francisco demonstriert. Vollkommen frei wird das Fahrzeug gesteuert. Unser Ziel ist es, den Wagen, den wir gerade verfolgen, mithilfe der Pulse Gun außer Gefecht zu setzen - ohne ihn in Stücke zu reißen. Gleiches erwartet uns bei einer anderen Aufgabe auf einem schwebenden Motorrad, mit dem wir durch eine verregnete Stadt rasen.

Eines der Systeme, die uns schon beim Zusehen verraten, dass hinter diesem Call of Duty die Köpfe von Dead Space stecken, sind die Bildschirmelemente. Dazu gehört ein Gesundheitsbalken und das Ausbleiben der vielen Informationen, mit denen der Bildschirm sonst überladen wird. Der Munitionszähler befindet sich beispielsweise nicht in einer Ecke des Screens, sondern ist ein sichtbarer Hinweis an der Waffe selbst. Die Granatenauswahl erfolgt über ein Hologramm, dass sich um die Waffe bewegt, wenn wir sie in der Hand halten.

Es ist der nächste Schritt, durch den wir noch tiefer in das Spielerlebnis abtauchen sollen. Die gezeigten Sequenzen des Spiels erzeugen allerdings das Gefühl, gerade einen Film zu sehen. Abgesehen von den gelegentlichen, obligatorischen Anweisungen wie "Drücken Sie X, um die Tür einzutreten", die in der Mitte des Bildschirms sichtbar werden, ist das Bild ziemlich sauber und aufgeräumt.

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Sledgehammer Games haben mit ihrer Präsentation bewiesen, dass sie den nötigen Ehrgeiz mitbringen, der Spielereihe mit eigenen, frischen Ideen neues Leben einzuhauchen.

Wie gut sich die einzelnen Elemente im Mehrspielermodus machen bzw. im anstehenden Multiplayer-Koop machen werden, ist schwer zu sagen. Ich für meinen Teil habe die letzten Teile auf einem Casual-Niveau gespielt, bei dem es im Grunde keine Rolle spielt, wie viele Patronen ich noch in der Tasche habe. Wird das Konzept einfach und deutlich erklärt, kann ich mir vorstellen, dass sich selbst die größten Fans mit dem kleinen, aber bedeutenden Schritt hin zu weniger Informationen arrangieren werden.

Wirklich Handfestes erfahren wir zum Mehrspielermodus leider noch nicht. Andererseits ist aber vielleicht viel wichtiger, dass Sledgehammer Games mit ihrer Präsentation bewiesen haben, dass sie den nötigen Ehrgeiz mitbringen, der Spielereihe mit eigenen, frischen Ideen neues Leben einzuhauchen. Die drei Jahren Entwicklungszeit scheinen ihnen gereicht zu haben, um ihre Vision der Zukunft zu verwirklichen. Zum ersten Mal seit über fünf Jahren freue ich mich wieder auf ein Call of Duty.

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