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Call of Duty: Black Ops 2

Call of Duty: Black Ops 2

Jedes Jahr im Herbst muss der Platzhirsch sein Revier verteidigen und dies bedeutet auf dem umkämpften Egoshooter-Markt, dass ein neues Call of Duty antritt, um die Konkurrenz wieder mit sensationellen Verkaufszahlen zu deklassieren. Klappt das auch 2012 wieder?

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Da die Konkurrenz häufig nur hinterherhinkt, muss die erfolgreiche, aber auch behäbige Call of Duty-Reihe eigentlich nur befürchten, sich in Selbstgefälligkeit totzulaufen. Deswegen wollen die Entwickler von Treyarch die Serie mit vielen kleinen Innovationen weiterentwickeln. Und sie wollen gleichzeitig endlich aus dem Schatten des Übervaters Infinity Ward treten.

Die klassischen drei Grundelemente von Call of Duty sind eine gut inszenierte Einzelspieler-Kampagne, der Zombie-Modus für das Koop-Spiel und natürlich die Mehrspielerduelle. Alle werden in Call of Duty: Black Ops 2 mit neuen Ideen aufgefrischt.

Zuerst der Zombie-Modus, denn der ist schließlich eine Art Markenzeichen für Treyarch. Am Grundprinzip des Überlebenskampfes hat sich wenig geändert. Im Kampf gegen Wellen von Zombies sammeln wir Punkte, um Ausrüstung zu verbessern und Zugang zu neuen Arealen zu erhalten. Neu ist hier vor allem der Tranzit-Modus, in dem wir auf einer sehr großen Karte unterwegs sind und so Gegenstände aus den unterschiedlichsten Arealen zusammenbringen können. Dabei ist das Gebiet so riesig, das manche Passagen besser per Busfahrt zurücklegt werden sollten. Das ist zumindest etwas sicherer, wenn man denn dafür sorgt, dass auch alle Spieler den Bus erreichen.

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Call of Duty: Black Ops 2Call of Duty: Black Ops 2
Die Einzelspieler-Kampagne ist genau die wirklich gut inszenierte Achterbahnfahrt, die man von einem Call of Duty erwartet.

Durch die neue Struktur wird der Zombie-Modus zu einem richtigen Abenteuer, das fast eine Art kleine Kampagne mit vielen Geheimnissen bietet. Den Koop-Fans wird so jedenfalls einiges mehr geboten als nur neue Karten. In den neuen Grief-Matches dürfen zwei Teams aus Überlebenden indirekt gegeneinander antreten. Das Team mit den letzten Überlebenden gewinnt, aber auch nur dann, wenn die gerade aktuelle Welle an Zombies auch noch abgewehrt wird. Dabei dürfen sich die Teams aber nicht direkt bekämpfen. Am Anfang kämpft man also noch gemeinsam und versucht, sich nebenbei einen Punktevorteil zu verschaffen, um an bessere Ausrüstung zu gelangen. Aber es gibt auch Gegenstände, mit denen die Zombies in eine bestimmte Richtung gelockt werden können und genau das wird bei den späteren Zombie-Wellen schnell die Entscheidung herbeiführen. Die Zombie-Hatz hat durch die wesentlich größeren Karten und den neuen Modus für acht Spieler jedenfalls um einiges zugelegt.

Auch die Solo-Kampagne bietet echte Innovationen. Die Kampagne zieht sich von den 1980er Jahren bis ins Jahr 2025. Die beiden alten Helden Mason und Woods tauchen in den Passagen aus der Vergangenheit auf, während wir in der Zukunft in die Rolle von Masons Sohn schlüpfen. Die Story wird dabei durch die Erinnerungen von Woods zusammengehalten, der in einem Sanatorium aus dem Nähkästchen plaudert, während die Missionen immer wieder zwischen Vergangenheit und Zukunft wechseln.

Die Einzelspieler-Kampagne ist genau die wirklich gut inszenierte Achterbahnfahrt, die man von einem Call of Duty erwartet. Da ist diese unfassbare Action gepaart mit überraschenden, interaktiven Zwischensequenzen, die immer wieder mal Tempo rausnehmen. Sie sorgen für Spannung, es gelingt ihnen aber auch, den militärischen Shooter jenseits des klassischen Tango-Down-Gelabers zu einem Abenteuer zu machen.

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Call of Duty: Black Ops 2
Wirklich neu sind die Strikeforce-Missionen, deren Ausgang die Handlung beeinflusst und den Spielverlauf etwas verändert.

In Afghanistan kämpft Mason zum Beispiel an der Seite der Mudschahedin gegen die Russen. Gemeinsam mit den afghanischen Kämpfern auf dem Rücken eines Pferdes gegen russische Panzer anzutreten, das ist inszeniert wie ein Indiana Jones-Film. Gerade solche Szenen sind die große Leistung der Solo-Kampagne, die auch die wirklich unterirdisch schlechte Künstliche Intelligenz der Gegner vergessen macht.

Wirklich neu sind die Strikeforce-Missionen, deren Ausgang die Handlung beeinflusst und den Spielverlauf etwas verändert. Hier kommandieren wir ein Team aus Soldaten und Kampfrobotern. In einer Art Echtzeitstrategiespiel können so die eigenen Truppen auf einer taktischen Karte bewegt werden und eigenständig kämpfen. Man darf aber auch jederzeit eingreifen und selbst die Steuerung übernehmen. Das Erlebnis kann schon wegen der etwas eigenartigen Steuerung nicht mit einem vollwertigen Strategiespiel mithalten. Strikeforce bietet aber eine willkommene Abwechslung mit taktischem Tiefgang, der uns zum Umdenken zwingt, denn hier in Rambo-Manier alles selbst machen zu wollen ist schlicht unmöglich.

Die Szenarien in der Zukunft fühlen sich übrigens stets halbwegs realistisch an. Die aktuelle moderne Kriegsführung mit Drohnen und Cyberangriffen wird mit unbemannten Kampfrobotern und Tarnanzügen eigentlich nur konsequent weitergedacht und verzichtet völlig auf absurde Alientechnologien. Call of Duty-Veteranen können sich also noch fast wie zu Hause fühlen.

Auch der schnelle und so sagenhaft beliebte Multiplayer bleibt seinen Wurzeln treu. Er schafft es aber trotzdem, mit einer Vielzahl an neuen Ideen die Messlatte für die aktuelle Shooter-Generation erneut um einiges höher zu legen. Viele der Veränderungen werden vermutlich in naher Zukunft zu den Standards bei Multiplayer-Shootern gehören - ganz ähnlich dem mittlerweile üblichen Levelaufstieg über Erfahrungspunkte mit den dazugehörigen freischaltbaren Extras und den Prestige-Medaillen beim Erreichen des Level-Cap, die den Speichel der Grind-Hunde ewig fließen lassen.

Das Aufbrechen der Klassen ist ein kleiner Geniestreich, der herrliche Möglichkeiten eröffnet und viel Raum für interessante Experimente lässt. Denn mit dem neuen Pick-10-System dürfen dem eigenen Online-Soldaten nahezu völlig frei Waffen und die passenden Extras wie etwa Reflex-Visiere, Magazine oder Schalldämpfer sowie die Perks zugeordnet werden. Mit Wildcards darf dann noch individuell die Gewichtung der Slots in Richtung Perks oder Waffen verändert werden.

Der ehemals eigentlich sinnlose Übergang zu Prestige ist jetzt nicht mehr mit dem totalen Reset verbunden, sondern man kann auch wahlweise die zehn Inventar-Slots bei jedem Durchgang um jeweils einen erweitern oder sie auch dazu nutzen, die Freischaltungen neu zu wählen. Das sorgt bei den Dauerspielern für viel Motivation, aber durch die etwas freier wählbaren Gimmicks werden auch Neueinsteiger und Gelegenheitsspieler unterstützt. Die dürfen nun übrigens in aller Ruhe im Trainingsmodus gegen Bots leveln, bevor ihnen eine zu häufige eingeblendete Kill-Cam im echten Multiplayer schon am Anfang jeden Mut nimmt.

Call of Duty: Black Ops 2
Neben der schwachen K.I. in der Einzelspieler-Kampagne ist allerdings eines unübersehbar: Die Grafik-Engine ist schwer in die Jahre gekommen.

Die bei Call of Duty leider vielen Spielern zu wichtige Kill-Death-Ratio und die daraus resultierenden häufig schlechten Matches (gerade bei den objektbasierten Modi) wird durch die Einführung der Score-Streaks etwas entschärft. Die Score-Streaks, deren Zähler sich jetzt neben den Kills auch durch teamunterstützende Aktionen füllt, ersetzen die Kill-Streaks, mit denen allein bisher tödliche Verstärkung aufs Schlachtfeld gerufen werden konnte.

Die klassischen Modi sind alle noch da - das beliebte Kill Confirmed ist zurück und neu dazu kommt Hardpoint, eine King of the Hill-Variante mit wechselnden Stellungen, die von den Teams möglichst lange gehalten werden müssen. Die Anzahl der Teams ist in bestimmten Varianten auch nicht länger auf nur zwei beschränkt. Im Team-Deathmatch dürfen erstmals sechs Teams bestehend aus drei Spielern gegeneinander antreten. Die Wett-Spiele wurden in Party-Games umbenannt, enthalten aber immer noch die beliebten Varianten wie etwa Gun Game oder Sharpshooter. Auch sie versorgen uns nun mit den so wichtigen Erfahrungspunkten.

Das lässt sich wirklich alles hier nur so runterrasseln, denn der Multiplayer von Call of Duty: Black Ops 2 ist ein wahres Content-Biest. Da gibt's noch den aufgebohrten Theater-Modus für angehende Regisseure und die CoD-Casts, bei denen ein Spieler in die Rolle des allwissenden Kommentators schlüpfen darf. Man darf gespannt sein, welche Talente mit schneller Zunge sich hier ihre fünfzehn Minuten Fame abholen.

Call of Duty: Black Ops 2
Der Multiplayer von Call of Duty: Black Ops 2 ist sicher der Ambitionierteste der gesamten Reihe und lässt keine Wünsche offen.

Die neuen Multiplayer-Karten bieten einfach einmal alles: von beklemmenden Kämpfen auf einer schicken Yacht über Schlachten auf dem im Jahr 2025 fertiggestellten Los Angeles Terminal für Hochgeschwindigkeitszüge, die auch für die Spieler ständig eine tödliche Bedrohung darstellen, bis hin zu Straßenkämpfen in den Ruinen von Peshawar in Pakistan ist quasi alles dabei.

In den selbsterstellten Spielen kann nahezu jeder Aspekt den eigenen Wünschen angepasst werden. Das geht soweit, dass auch das neue Pick-10-System verändert wird und so wieder ein verschärftes Klassensystem mit vorher kreierten Restriktionen entsteht. Alles was mit dem Aussehen des eigenen Soldaten, den Waffen oder Extras zusammenhängt, kann jetzt nur noch durch das Erfüllen der über tausend Herausforderungen freigeschaltet werden und ermuntert dazu, auch jenseits der ausgetretenen Pfade kleine Aufgaben während des Matches zu erfüllen, um dann später mit goldenen Waffen zu glänzen.

Der Multiplayer von Call of Duty: Black Ops 2 ist sicher der Ambitionierteste der gesamten Reihe und lässt keine Wünsche offen. Er hat durch die Neuerungen nur gewonnen, ist dabei seinem grundsätzlichem Spielprinzip aber treu geblieben. Durch den Koop-Modus, aber in erster Linie natürlich den Multiplayer, dürften Shooter-Fans bis zum Erscheinen des unweigerlichen Nachfolgers auf das Beste unterhalten sein.

Neben der schwachen K.I. in der Einzelspieler-Kampagne ist allerdings eines unübersehbar: Die Grafik-Engine ist schwer in die Jahre gekommen. Eigentlich sollte man gerade gegen Ende eines Konsolenzyklus' die prächtigsten Titel erwarten, aber dazu gehört dieses Spiel mit Sicherheit nicht. Es als hässlich zu bezeichnen, wäre ungerecht. Aber eine gewisse Enttäuschung macht sich schon breit, gerade weil Call of Duty: Black Ops 2 sonst so unglaublich viel zu bieten hat. Wir sagen: Die Grafik ist nicht alles und die wahnsinnige Fülle an Inhalten und kleinen Innovationen macht einiges wieder wett, aber der etwas unglamouröse Auftritt ist trotzdem schade.

09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
unglaubliches Gesamtpaket, schöne neue Ideen, fantastischer Multiplayer, toll inszenierte Kampagne
-
betagte Grafik, miese Künstliche Intelligenz der Gegner
overall score
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