Wir schreiben das Jahr 1986 - eine mysteriöse Krankheit hat einen Großteil der Menschheit dahingerafft und in hirnlose Killer verwandelt. Ein einsamer Mann durchstreift die Ruinen Seattles auf der Suche nach seiner Familie. Die Parallelen zu Cormac McCarthys The Road sind unverkennbar und Protagonist Randall Wayne ähnelt mit seinem langen Mantel und dem Vollbart auch optisch Viggo Mortensen in der Verfilmung des Romans. Der Plot von Deadlight mit seiner Mischung aus The Road und 28 Days Later ist vielleicht nicht besonders originell, aber die Geschichte wird mit stimmungsvollen Bildern und leicht animierten Comic-Panels geschickt vorangetrieben.
Diese Zwischensequenzen sind in Deadlight aber kurz und selten. Die Atmosphäre des postapokalyptischen Seattles wird in erster Linie durch die wirklich bombastische Grafik erzeugt. Mit Hilfe der Unreal Engine hat das Team von Tequila Works eine wirklich detailreiche und lebendige Welt erschaffen. Während in dem Sidescroller der Vordergrund modern dunkel gehalten wurde, wartet der Hintergrund mit spektakulären Kulissen in echtem 3D auf, die absolut realistisch und begehbar wirken. Das wird noch unterstützt von großartigen Licht- und Wettereffekten und macht Deadlight zu einem optisch sehr beeindruckenden Arcade-Titel für die Konsole von Microsoft.
In geschmeidigen Animation rennt, klettert und kämpft sich Randall durch die Level. Nur bewaffnet mit einer Axt wird jede Begegnung mit den Zombies zur tödlichen Gefahr. Es braucht mehrere Axthiebe um die Untoten zu Boden zu werfen. Erst danach können sie mit einem finalen Schlag von ihrem Schicksal erlöst werden. Später kommen noch ein Pistole und eine Schrotflinte mit spärlicher Munition zum Einsatz, aber hier erzielen nur Kopfschüsse Wirkung und das Anvisieren mit dem rechten Analogstick ist im Eifer des Gefechts gewollt fummelig.
Einen einzelnen Zombie kann Randall wieder abschütteln, aber sollten sich mehrere Untote gleichzeitig an ihm verbeissen, ist sein Schicksal besiegelt. Die Waffen müssen zeitraubend einzeln nachgeladen werden und der Einsatz der Axt verbraucht kostbare Ausdauer, die sich nur im Ruhezustand wieder auflädt. Längere Kämpfe mit der Axt sollten tunlichst vermieden werden, sonst bringt Randall nur noch langsame und müde Hiebe zustande. Selbst Konfrontationen mit kleineren Gruppen von Zombies müssen wohlüberlegt angegangen werden und im Zweifelsfall ist es immer die bessere Option, dem Ärger aus dem Weg zu gehen oder die hirnlosen Untoten mit lautem Rufen und Pfeifen in Fallen oder Abgründe zu locken.
Trotzdem ist Deadlight mehr Jump'n'Run mit kleinen Rätseln und die Zombies sind da eher einfach nur weitere beweglich Hindernisse, die manchmal etwas Taktik erfordern. Neben den klassischen Sprung- und Klettereinlagen warten auf Randall kleine Schalterrätsel mit Fahrstühlen, beweglichen Plattformen oder veränderbaren Wasserpegeln.
Der typische Sammelwahnsinn mit kleinen Extras und Tagebucheinträgen darf natürlich auch nicht fehlen. Die einzelnen Passagen wechseln angenehm das Tempo und haben ihre jeweils ganz eigene Dramaturgie. Innen- und Aussenlevel wechseln sich ab und während Randall gerade noch hektisch die Flucht ergreifen musste, warten vielleicht im nächsten Level jede Menge Knobelaufgaben, die dann wieder von Kämpfen auf kleinstem Raum abgelöst werden.
Leider haben die Entwickler zu wenig Vertrauen in die Fähigkeiten der Spieler gehabt, denn es gibt fast schon zu viele Hinweise und zusätzliche Informationen. Kleine weiße Pfeile zeigen den nächsten Vorsprung an, der Randall Halt bieten könnte und die Schalter sind durch ein blaues Glimmen gekennzeichnet oder gleich mit einem dicken, roten Kreuz markiert. Oft genug werden die Rätsel sogar noch aus dem Off kommentiert und stellen so keine wirkliche Herausforderung mehr dar und kniffelige Jump'n'Run Passagen sind in Deadlight selten. Zu einem interaktivem Blockbuster verkommt Deadlight dadurch nicht, aber hier wurde einiges an Potential verschenkt und der relativ niedrige Schwierigkeitsgrad verstärkt auch noch für ein anderes Problem: Deadlight ist verdammt kurz geraten.
Mit knapp drei Stunden Spielzeit ist die Schmerzgrenze eindeutig überschritten - trotz des wirklich großartigen Abenteuers. Denn selbst wenn man die liebevoll gestalteten Tagebucheinträge und Extras nicht alle im ersten Durchgang eingesammelt hat, dürfte das in einem zweiten Versuch schnell erledigt sein und der wird dann auch keine drei Stunden mehr dauern, zumal die Kapitel auch einzeln angewählt werden können. Insgesamt kommt man so wohlwollend auf allerhöchstens vier Stunden. Da helfen auch die drei versteckten LCD-Handhelds aus den 80er Jahren nicht mehr. Die Hommage an die Game & Watch Minikonsolen ist zwar nett gemacht, aber wirklich lange wird sich wohl kaum jemand damit beschäftigen.
Deadlight wurde nicht ohne Grund als cineastischer Plattformer angekündigt. Die Präsentation ist absolut hochwertig und die einzige Schwäche beim Gameplay ist der zu niedrige Schwierigkeitsgrad. Die Achterbahnfahrt von Deadlight kann nicht nur preislich mit einem Kinoticket für einen Blockbuster wie etwa der aktuellen Dark Knight-Verfilmung mithalten und ist großartige Unterhaltung bis zum Schluss. Deadlight ist aber leider einfach viel zu kurz und so reicht es dann nicht für eine der ganz hohen Wertungen. Aber das spanische Entwicklerstudio Tequila Works hat einen hochwertigen Erstling abgeliefert, der bei der Grafik die Messlatte für Arcade-Titel um einiges höher gelegt hat.