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Deus Ex: The Fall

Deus Ex: The Fall

Deus Ex: The Fall ist ein vier- bis sechsstündiges iOS-Abenteuer, das leider schon vorbei ist, als es endlich richtig los geht.

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Bevor ihr euch das Action-Rollenspiel vornehmt, solltet ihr auf jeden Fall den Roman zur Serie lesen. Icarus Effect stellt uns den neuen Protagonisten nämlich in allen Einzelheiten vor. Es wäre außerdem von Vorteil, schon mal einen Blick auf Deus Ex: Human Revolution geworfen zu haben, denn von dort wurden einige Elemente übernommen und es gibt ein Wiedersehen mit einigen bekannten Gesichtern. Das bedeutet im Umkehrschluss aber nicht, dass jemand als Neuling Deus Ex: The Fall nicht versteht. Das Intro des Spiels, in dem klassischerweise ein Verrat im Fokus steht, liefert alle nötigen Informationen, um die Hintergründe der folgenden Stunden zu verstehen.

Deus Ex: The Fall ist so etwas wie eine Miniaturversion von Deus Ex: Human Revolution. Die Grafik wird ebenso wie beim Konsolentitel von Gold- und Schwarztönen dominiert. Das Gameplay besteht aus einem ähnlichen Mix von Schleichen, Action und weit verzweigten Gesprächen. Das Design umfasst eine Reihe kleinerer, aneinandergereihter Räume und Areale, in denen wir nach dem Ausgang zum nächsten Bereich suchen. Aus dem Gerät gibt's währenddessen die neue, aber gleichzeitig vertraute Stimme von Michael McMann, der das Geschehen immer wieder neu antreibt.

So zumindest präsentiert sich das Spiel auf dem Tablet. Zu diesem Zweck wurden die Grafiken im Vergleich zu Deus Ex: Human Revolution runtergeschraubt, was sich besonders bei den immer gleichen Hintergrundfiguren, der Körpersprache und den Gesichtsanimationen bemerkbar macht. Überdecken kann das auch der goldene Schimmer nicht. Die offenen Areale waren im großen Spiel klein und bleiben es auch in Deus Ex: The Fall eng. Das Ergebnis ist trotzdem - um eine all zu oft genutzte Phrase auszupacken - beeindruckend in seiner Ausführung.

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Deus Ex: The FallDeus Ex: The Fall
Deus Ex: The Fall ist so etwas wie eine Miniaturversion von Deus Ex: Human Revolution.

Der iOS-Ableger fängt das Design von Deus Ex gut ein, bietet aber im Vergleich weniger Inhalt. Die Linearität des Spiels wird besonders deutlich, weil es drum herum einfach nicht viel zu tun gibt. Die Handvoll Ziele werden schnörkellos auf dem Weg durch Areale wie Clubs, Hotels und einer Klinik abgearbeitet. Folgt man der Story, geht es in den Untergrund der Drogenszene. Neben einem dealenden Doktor und einem politisch-motivierten Chirurgen beansprucht nämlich auch ein Kartell die Straßen für sich. Für Überraschungen bleibt da kaum Platz.

Vor allem, weil die Grafik wie erwähnt runtergeschraubt wurde, sind auch die Unterhaltungen nicht mehr im selben Maße fesselnd. Wegen der begrenzten Anzahl festgelegter Animationen beurteilen wir den Erfolg eines Gespräches nicht anhand der Körpersprache, sondern allein am Gesprächsverlauf selbst. Die Hauptcharaktere, mit denen wir es zu tun bekommen, sind in ihren Motivationen sehr gradlinig. Das bedeutet aber zumindest, dass ein bisschen Druck in Unterhaltung dazu führt, dass wir von den betreffenden Personen erfahren, was wir wollen. Weil die daraus resultierenden Missionen zur Verlängerung der Spielzeit beitragen, wollen wir eigentlich ständig ein sozial-fragliches Verhalten an den Tag legen, um an ein bisschen Extra-Inhalt zu kommen.

Die Erkundungen verlaufen nach dem selben Muster. Wir wühlen in Mülltonnen, brechen in Räume und Schließfächer mit dem bekannten Hacking-Mini-Spiel ein. Zu finden gibt es dann beispielsweise Munition und ein bisschen Kleingeld. In bestimmten Gegenden sollten wir aber vorsichtig bei der Suche sein. Gangs warnen uns, wenn wir in ihr Territorium eindringen und lassen wir dann nicht ab vom Schlösserknacken, greifen sie uns an. Gedanken machen muss man sich auch um Passanten, die von gezogenen Waffen schnell eingeschüchtert sind. Irgendwie nachvollziehbar.

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Deus Ex: The Fall
Klugerweise lässt sich die Tastenbelegung auf dem Bildschirm anpassen.

Die Kämpfe und Schleichpassagen folgen demselben Konzept. Die meiste Zeit spielen wir in der Egoperspektive, wechseln aber in Third-Person-Ansicht, wenn wir uns in Deckung begeben. Die bekannten Augmentierungen, die kybernetischen Körperverbesserungen, gibt es sowohl passiv wie auch aktiv. Ebenso mit dabei sind ein paar Waffen und Granaten. Ob lieber ruhig oder offensiv gespielt wird, muss jeder für sich entscheiden.

Verständlich, dass sich viele darüber Gedanken gemacht haben, wie man all diese Funktionen auf dem Touch-Bildschirm unterbringen könnte. Und die Umsetzung ist weit davon entfernt, perfekt zu sein. Bestenfalls könnte man sagen, dass das Studio das bestmögliche versucht hat, um uns ein Rundumpaket an Optionen zu bieten. Im Ergebnis ziehen wir unseren Finger über den Bildschirm, drücken nach allen Kräften und nutzen komplexe virtuelle Sticks. Das Ungleichgewicht in der Steuerung verhindert, dass wir in einen Fluss kommen. Durch die Kürze des Spiels und der Kämpfe wird der ohnehin nie aufkommen.

Die Items und Augmentierungen finden wir in einem Drop-down-Menü auf der linken Bildschirmseite. Oben rechts greifen wir auf die Waffen zu. Doppel-Schuss-Knöpfe wurden links und rechts unten untergebracht. Dazwischen finden sich Granaten und ein situationsbedingter Deckungsknopf. Zusätzlich kann sich geduckt oder hingestellt werden. Über Schnellzugriffe in der Mitte des Bildschirms werden Gegner niedergeschlagen oder getötet. Mit einem doppelten Drücken irgendwo auf dem Bildschirm bewegen wir unseren Charakter vorwärts zu einem beliebigen Punkt.

Deus Ex: The Fall
Die Hauptcharaktere, mit denen wir es zu tun bekommen, sind in ihren Motivationen sehr gradlinig.

Auf einer Konsole oder dem PC wären diese Tasten nur einen Daumendruck voneinander entfernt. Ohne Frage wäre die Steuerung so wesentlich intuitiver und wir hätten ein sicheres Gefühl bei dem, was wir da veranstalten. In diesem Fall müssen wir aber unentwegt nachsehen, ob wir mit dem Finger auch den richtigen Knopf erwischen.

Klugerweise lässt sich die Tastenbelegung auf dem Bildschirm anpassen. Schnell tauschen wir Deckung und Kriechen und schieben sie über die gewohnte Position des Daumens. Der Schussknopf wird darunter platziert, sodass sich all vier am linken Bildschirmrand untereinander reihen. Das funktioniert schon viel besser, weil wir aber ständig die linke Hand vom Bildschirm heben müssen, um Angriffe auszuführen, bleibt die Steuerung schwerfällig. Besonders offenbar wird das mit dem iPad, das wir für diese Kritik benutzen. Immer wieder müssen wir die Handposition anpassen und das Gerät gleichzeitig mit der anderen Hand ausbalancieren. Das potenzielle Opfer ist dann meist schon längst außer Reichweite.

Trotzdem ist es der bisher beste Versuch der Umsetzung eines wohl zu komplexen Systems. Es abzuschwächen, das war keine Option, andernfalls wäre Deus Ex schnell zu einem einzigen Quick-Time-Event geschrumpft. Vielleicht hätte die Motivation, das Spiel öfter durchzuspielen, uns dazu veranlasst, dem Ergebnis wohlwollender gegenüber zu stehen. Wie sich uns Deus Ex: The Fall allerdings präsentierte, bleiben wir ausschließlich bei der Schleich-Methode. Und zwar nur, weil wir das Tablet andernfalls während der Kämpfe auseinander gebrochen hätten in dem verzweifelten Versuch, einen Kopftreffer zu landen.

Am Ende wären zudem mehr Gesprächen schön gewesen und vor allem die Möglichkeit, die Spielwelt ausgiebiger zu erkunden. Der Fokus auf Augmentierungen und Drogenhandel ist einfach ein bisschen zu leichte Kost. Wir hätten uns mehr Zeit und Situationen gewünscht, um das Kampfsystem zu verinnerlichen. Obwohl die Synchronisation im Original gut ist, ist sie lange nicht so herausragend wie in Deus Ex: Human Revolution. Ebenso wenig überraschend sind die Wendungen innerhalb der Geschichte. Immerhin aber ist die grundsätzlich überzeugend. Eine Sache indes macht Deus Ex: The Fall besser als Deus Ex: Human Revolution. Es zwingt uns keine dieser verdammt nervigen Boss-Kämpfe auf. Immerhin.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
erstaunlich vollgepackt, viele Steuerungsmöglichkeiten, toller Soundtrack
-
Fokus auf den Kämpfen, relativ kurz, Konversationen sind eher öde
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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