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Dynasty Warriors 9

Dynasty Warriors 9

Der Einzug in die offene Welt gibt dem Spiel rein gar nichts, aber ansonsten bleibt vieles beim Alten.

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Kein Titel verkörpert die Musou-Formel so sehr wie die Dynasty Warriors-Spiele. Als Krieger Abertausende Soldaten zu besiegen, das funktioniert seit Jahren und viele Marken wurden von unterschiedlichsten Entwicklern über die Jahre hinweg auf das Konzept hin angewandt. Mit Dynasty Warriors 9 wollen Omega Force und Koei Tecmo die Dinge nun etwas offener angehen und das festgezurrte Gerüst aufbrechen.

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Beim Gameplay in den Kämpfen hat sich einiges getan und wir dürfen die Kämpfer nun stärker individualisieren.

Die größte Veränderung ist die neue geöffnete Welt. Im Gegensatz zu früheren Installationen des Franchise müssen wir unseren auf historischen Ereignissen basierenden Charakter manuell zu einem Ort führen oder alternativ die Schnellreise nutzen, um bereits besuchte Areale erneut aufzusuchen. Menüführung unterbricht die Missionen also nicht mehr, denn anstatt größerer, aneinandergeketteter Bereiche erwartet uns in Dynasty Warriors 9 eine einzige gewaltige Karte (und es dauert manchmal echt lange um von einem Ort zum anderen zu reisen).

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Das Problem an der offenen Welt ist ihre uninspirierte Machart und wir fragen uns deshalb, ob der Wechsel wirklich die viele Mühe wert war. In der freien Bewegung sammeln wir Schätze, Materialien zur Herstellung und Ausrüstung, komplett sinnlos sind die Erkundungen also nicht. Sonderlich gut umgesetzt wurde das alles aber auch nicht, denn häufig stolpern wir eher über die Geheimnisse, als aktiv danach zu suchen. Außerdem sind wir als Krieger natürlich schon von Beginn an unfassbar mächtig, das System motiviert uns demnach nicht unglaublich, nach wertvollen Gegenständen Ausschau zu halten. Die Priorität liegt während des Spielens einfach nicht auf die Versorgung, sondern weiterhin auf dem Kloppen.

Außerdem leidet die Welt selbst unter Leblosigkeit und Langeweile. Es gibt einige hübsche Szenarien, wie zum Beispiel die chinesischen Farmen, auf denen Arbeiter ihrem Handwerk nachgehen, oder das geschäftige Treiben in den Städten. Auf der anderen Seite erwarten uns etliche Meilen uninspiriert und gleich aussehender Wälder, Steppen oder Berglandschaften. Das Gefühl, dass diese offene Welt nur zum Selbstzweck dient, lässt sich einfach nicht abschütteln. Die Umgebung dient vorrangig als Distanz, die es zu überbrücken gilt, eine organische und glaubhafte, in sich geschlossene Erfahrung, deren Erkundung Lust macht und Abenteuerdrang belohnt, werdet ihr nicht finden. Tatsächlich schaltet Dynasty Warriors 9 eher das komplette Gegenteil davon zu sein.

Dynasty Warriors 9
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Das Missionsdesign mag niemandem vom Hocker hauen, aber viele Fans der Serie dürfte das längst nicht mehr stören.
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Der Greifhaken wurden im Vorfeld der Veröffentlichung als wichtiges, neues Feature beworben, doch auch in dieser Hinsicht scheint sich das Team vertan zu haben. Die Implementation fügt dem Erlebnis nichts Sinnvolles hinzu. Tatsächlich werden dadurch viele Situationen vereinfacht, zum Beispiel wenn man ein wichtiges Ziel in einer Festung besiegen muss: Entweder ihr schnetzelt euch durch sämtliche Areale und beißt euch an den starken Wachen die Zähne aus oder ihr erklimmt einfach die Wand zum Thronsaal mit dem Greifhaken und killt den Bösewicht dort ganz alleine. Das Feature öffnet einfach sehr viel weniger Türen, als sie gleichzeitig schließt.

Wir wollen jedoch nicht verschweigen, dass die Städte und Dörfer, die wir auf unserem Abenteuer erkunden sehr viel interessanter gestaltet sind, als die Wildnis. Wir treffen dort Händler und Dienstleister, die uns unterstützen, entweder mit dem Verstärken von Waffen und Ausrüstung oder dem Handel von Vitalitätspuder und anderen Verbrauchsgegenständen. In diesen Regionen erholen wir uns zwischen den Schlachten und weil wir so viel Zeit in den Siedlungen verbringen, wurden sie gleichzeitig sehr beeindruckend dargestellt. Alles wirkt wirklich sehr lebendig dort.

Wie schon in den früheren Spielen der Reihe nimmt sich auch Dynasty Warriors 9 eine Facette der chinesischen Geschichte und versucht sie nachzubilden. Das Spiel öffnet mit einem gewaltigen Kampf zwischen den Gelben Turbanen (eine Rebellengruppe angeführt von Zhang Jiao) und dem Regime der Dynastie selbst. Hinter diesem Konflikt verbirgt sich nicht der gesamte Plot, doch es ist ein guter Startpunkt. Nachdem wir eine Mission abgeschlossen haben, lassen sich diese Konflikte übrigens noch einmal von der anderen Seite aus spielen. Dieser Perspektivwechsel bietet Fans wirklich viel und belohnt uns mit vielen wichtigen Details zu Motivationen und kommenden Plänen.

Die Struktur der Erzählung beinhaltet etliche verschiedene Charaktere, zwischen denen wir mit wachsender Spielzeit immer mal wieder wechseln (nicht manuell). Manche Figuren steuern wir nur zwischen einigen Kämpfen, während andere mehr Zeit in der freien Erkundung erhalten. Die Geschichte bleibt dabei stets die gleiche, doch unsere getroffenen Entscheidungen determinieren unsere eigene Position in der Story, die nicht nur sehr umfangreich ausfällt, sondern auch die wichtigsten Gebiete von China umfasst (und dadurch in doppelter Hinsicht vergangene Dynasty Warriors-Spiele qualitativ überschattet).

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Die verschiedenen Figuren fügen dem Spiel viel Kontext hinzu und erweitern Gameplay und Geschichte mit eigenen Perspektiven.

Wie in jedem Warriors-Spiel bringen die Charaktere einen einzigartigen Stil mit sich. Jede Figur nimmt eine persönliche Positionierung in diesem Konflikt ein, hat Prinzipien und eine eigenen Willen. In den Kämpfen äußern sich diese Unterschiede am gravierendsten, denn Spezialattacken, Starterwaffen und die jeweiligen Vor- und Nachteile machen jede Schlacht zu einer neuen Erfahrung. Dadurch bleibt die Geschichte trotz gleichförmigem Gameplay frisch und interessant. Wir wollen auch nicht verschweigen, dass einige Favoriten, wie zum Beispiel Lu Bu und Dian Wie, wieder zurück sind und sich wiederkehrende Spieler einiges Bekanntes freuen dürfen.

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Greifhaken und Stealth-Mechaniken sind wichtige Neuerungen für diesen Ableger und beide könnten direkt wieder verschwinden, ohne dass es jemanden stören würde.

Auf den großen Schlachtfeldern finden wir weitere inhaltliche Änderungen. Natürlich haben die Kämpfer noch immer die Kraft, anstürmende Feindhorden mit einem einzigen starken Schlag von den Socken zu hauen, doch wir dürfen das Gemetzel nun individueller an unsere Vorlieben anpassen. Am Anfang steht die Wahl der richtigen Waffe, die zum Beispiel beim Schmied geändert werden darf. Anschließend werden Edelsteine darauf in die Waffen eingelassen zu werden, was wiederum unsere Spezialattacken verstärkt. Wer R1/RB gedrückt hält öffnet ein taktisches Menü mit Attacken und betäubt Feinde entweder, wirft sie in die Luft oder hat sie direkt auf den Boden. Bis auf die charakterspezifische Kraft können all diese Angriffe variiert werden, deshalb lohnt es sich regelmäßig einen Blick auf neue Kombinationen zu werfen.

Weitere Änderungen betreffen zum Beispiel einen Konterangriff, den wir über Dreieck/Y ausführen. Ähnlich wie in Batman: Arkham Asylum reagieren wir damit auf eine direkte Attacke und richten die Kraft zurück auf den Feind. Die gleiche Taste kommt im Spiel häufiger zum Einsatz, denn sie leitet cineastische Finisher-Moves ein (wir müssen also nicht nur Angriffstasten hämmern). Es gibt sogar einen Bogen und Pfeiltypen, mit denen wir Wild im Wald erlegen oder explosive Fässer in der Ferne aktivieren.

Obwohl uns Dynasty Warriors 9 häufig dazu ermutigt uns Nebenaufgaben zu widmen, um Erfahrung und unser Level zu erhöhen, hatten zumindest wir keinerlei Schwierigkeiten dabei, Missionen anzunehmen dessen Levelbedingungen viele Stufen über unserer angesiedelt war. Wer weiß was auf einen zukommt, überwindet selbst große Ansammlungen von Feinden indem man etwa eine Engstelle sucht oder die Umgebung schlau einsetzt. Der Einsatz der individualisierbaren Spezialtalente vereinfacht die meisten Kämpfe ganz bedeutend, wodurch das Spiel nicht selten an Schwierigkeit verliert.

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Obwohl Dynasty Warriors 9 ausdrücklich für die aktuelle Konsolengeneration entwickelt wurde, überzeugt das Spiel technisch niemanden.

Nebenmissionen funktionieren häufig nach dem Schema "Gehe zu markierten Ort X und töte Typ Y wegen Grund Z", was uns ehrlicherweise nicht sonderlich gestört hat. In allen Lebenslagen werden in Dynasty Warriors 9 Leute nach allen Regeln der Kunst vermöbelt, sei es beim Einnehmen von Außenposten oder dem Retten von Verbündeten. Die repetitive Ader war in den Musou-Spielen schon immer ein wichtiges Element, immerhin ist das die Hauptmotivation des Franchise. Unterbrochen wird das Gekloppe ab und zu mit Missionen, in denen wir Kräuter suchen müssen, um Leuten Medizin herzustellen (was glücklicherweise nicht so häufig geschieht).

Was wir bei aller Freundschaft nicht nachvollziehen können ist die plötzliche Implementation von Stealth-Elementen in Dynasty Warriors 9. Die Serie ist für lächerlich überzogene Action und dicke Explosionen bekannt, woher nimmt Omega Force also den Gedanken, dass ausgerechnet Schleicheinlagen eine gute Adaption für das Subgenre sein könnten? Erfreulicherweise müssen wir nicht allzu viele dieser Missionstypen über uns ergehen lassen, doch in gewaltigen leeren Arealen gegnerischen Patrouillen auszuweichen macht keinerlei Spaß. Werden wir dabei mal erwischt reicht es meist aus, sich an einer nahen Wand zu verstecken und darauf zu warten, dass der Alarm abklingt. Eine absolut fragwürdige Entscheidung von dem Studio, das dem Spiel rein gar nichts Positives hinzufügt.

Der womöglich enttäuschendste Aspekt von Dynasty Warriors 9 ist jedoch die technische Seite. Die schwache Performance ist durchzogen von kleineren Hängern und dieser Eindruck festigte sich bereits im Tutorial. Wir spielten nur auf der Standard-PS4 und obwohl der Titel nie unspielbar wurde, fallen der Bildaufbau und der ständige Schluckauf der Framerate doch negativ auf. Dazu gesellen sich ungeschickte Animationen der Charaktere (auffällig vor allem beim Reiten), unsichtbare Wände, nicht ladende Texturen und sogar einige echt zerstörerische Bugs (die zum Glück durch Neustarts behoben werden konnten). Die fehlende Feinpolitur wird an vielen Stellen ersichtlich und die Deutlichkeit mit der das alles vom Entwickler scheinbar hingenommen wird, ist eine Schande für die Serie.

Die letzten Absätze mögen sehr frei heraus gesprochen worden sein, doch Musou-/Warriors-Fans können in diesem Ableger natürlich trotzdem einiges finden, das sich zu spielen lohnt. Die übertriebenen Synchronsprechern (was ja ein Merkmal der Serie ist), hin zu intensiver und explosiver Action erwarten uns eine sehr unterschiedliche und diverse Auswahl an Charakteren und eine Geschichte mit etlichen verschiedenen Perspektiven. Der Wandel zur offenen Welt war unnötig und bringt dem Spiel keinerlei Vorteile, doch das Spiel bleibt in seiner Struktur spaßig. Wir hoffen einfach darauf, dass der Titel noch nachträglich die Politur erhält, die er verdient, denn zumindest das ist für mich wirklich unverständlich.

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Die offene Spielwelt ist derart uninspiriert, dass wir uns fragen, welchen Grund die Implementation überhaupt hatte.
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07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Die gleiche spaßige Dynasty Warriors-Erfahrung; übertriebener Kampf mit neuen Features; Städte sind hübsch gestaltet; Charaktere fügen Geschichte und Gameplay neue Perspektiven hinzu.
-
Technisch schwach; offene Welt ist langweilig; stellenweise zu einfach; Greifhaken und Stealth-Mechaniken sind unnötig.
overall score
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