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Evolve

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Vier Jäger gegen ein Monster - und alle gesteuert von echten Spielern. Die Left 4 Dead-Macher wollen unsere Idee vom Koop-Zocken runderneuern. Wir haben es ausprobiert.

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Die drei Jäger hatten kaum eine Chance. Der Goliath hatte sich hoch oben verschanzt im Wald. Dieses haushohe Parcour-Monster, das bei Ezio in der Ausbildung war. Ein Klick auf den Analogstick hatte zuvor den Schleichmodus aktiviert. Spuren hinterlässt Goliath nun keine mehr. Es war nötig, um zehn Sekunden Ruhe zu haben für die letzte Fortentwicklung in ein stärkeres Monster.

Nun nimmt Goliath Anlauf und springt in die Tiefe. Landet krachend mitten in der Gruppe der Jäger, um sie einfach so auseinander zu nehmen. Vorher hatte er ihnen eine dicken Gesteinsbrocken entgegen geschleudert. Nun deckt er mit seinem feurigen Atem ein, stürmt durch sie hindurch und gibt einem nach dem anderen mit gezielten Schwingern den Rest. Die Verteidigung der Jäger war schnell zerstört für den Überraschungsangriff. Kein rettendes Schild mehr, kein Regenration der Lebensenergie. Nun lebt nur noch einer. Seine drei Freunde kommen in zwei Minuten wieder. Zwei Minuten allein gegen ein übermächtiges Monster...

Aber auch Goliath hat gelitten - und da ich ihn steuere, wird mir die geschwundene Kraft zuletzt doch zum Verhängnis. Meine Panzerung war mal mächtig und regeneriert sich schnell. Aber darunter ist fast keine Energie mehr übrig. Mit ein paar Minen in der Tasche und seinem 15-sekündigen Schutzschild ist es Assault Markov, der mich tötet. Weil ich auf eine seiner flugs rausgeworfenen Minen trete, während ich zum letzten Angriff ansetze, um die Spielrunde vorzeitig zu gewinnen. Zu hektisch, zu gierig, wie so häufig. Eine Explosion später haben die vier Hunter gesiegt. Damn...

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Der Goliath ist das erste von mehreren Monstern in Evolve. Es durchläuft während des Spielens drei Stufen der Entwicklung - und wird von einem der fünf Spieler in der Sessions gesteuert.

Das Leben als Jäger auf dem fernen Planeten Shear ist nicht so einfach. Die vier Jäger spielen in der Egoperspektive und sollen den Planeten im Team erobern, um ihn bewohnbar zu machen. In ihrem Weg stehen viele kleine, außerirdische Viecher und ein großes Monster. Es ist eine anfangs unkalkulierbare Bedrohung - und genau das soll der Witz von Evolve sein. Und ist es auch, wie unsere zweistündige Anspielsession in London ziemlich eindrücklich bewiesen hat.

Phil Robb von den Turtle Rock Studios freut sich, den Titel endlich erstmals in Europa zu zeigen. Der Mitgründer des Entwicklers und sein Team haben eine ganz klare Vision von ihrem Spiel. "Gameplay ist das Zentrum", sagt der Amerikaner, der die Verbindung von Koop und Multiplayererfahrung neu definieren will. Ein Kernziel sei die unendliche Wiederspielbarkeit durch stets neue Erlebnisse. Publisher 2K hat offenkundig die richtigen Leute mit dieser Aufgabe betraut. Left 4 Dead und Counter Strike: Condition Zero, mehr muss man zur Historie des noch jungen Entwicklers eigentlich nicht sagen. Eingekauft hatte 2K das Spiel aus der Insolvenzmasse von THQ. Ein guter Move.

Gerade das Koop-Erlebnis aus Left 4 Dead wollen sie konsequent ausbauen. Bereits seit fast zweieinhalb Jahren arbeiten sie bei Turtle Rock an Evolve - und zwar primär während des Spielens. Jeder Arbeitstag endet mit einer größeren Spielsession. Es geht viel um das richtige Balancing zwischen den Waffen der vier Hunter und den Fähigkeiten der Monster. Spielen dürfen wir heute nur mit Goliath. Der spielt sich wie King Kong auf Speed an. Er kann schnell springen und vieles im Level fix erklimmen, aber die Jäger sind zu viert. Und alle fünf werden gesteuert von menschlichen Spielern. "Ein großer Boss-Battle am Stück, nur dass das Monster eben ein anderer, ganz realer Spieler ist", freut sich Robb.

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Es geht viel um das richtige Balancing zwischen den Waffen der vier Hunter und den Fähigkeiten der Monster.

Es soll mehrere Monster geben, mit einer breiten Auswahl an Stilen von Stealth bis Aggro. Das Beispiel Alien vs. Predator fällt, um die Möglichkeiten zu illustrieren. Man weiß übrigens nie genau, gegen welches Monster man spielt im Vorfeld einer Runde. Manche Monster werden überhaupt keine Spuren hinterlassen und generell komplexere Strategie erlauben als dieser relativ zugängliche Goliath. Die Monster soll Deathmatchfans glücklich machen, Alleingänger eben, die gerne auf eigene Rechnung unterwegs sind.

Als Monster hat man stets ein klar definiertes Ziel, zumindest im Modus Hunt, der einzige den wir spielen dürfen. Aber einer von vielen Modi, versichert Robb, ohne etwas zu den anderen zu sagen. Der Mensch-Monster-Konflikt solle aber als Basis für diverse Game-Modes dienen. Wir kriegen aber nur einen kleinen Ausschnitt aus dem Pre-Alpha-Code des Spiels serviert. "Hunt ist aber der Modus", sagt Robb, "der Evolve am besten darstellt." In Hunt muss man als Monster andere Tiere erlegen und verspeisen, um sich fortzuentwicklen. Drei Stufen lang kann man sich satt fressen und mutiert am Ende in eine stärkere Form mit mehr Angriffsmöglichkeiten. Nach den erfolgreichen Mutationen folgen weitere Aufgaben. Es gilt, einen Generator zu zerstören und danach zwölf Zivilsten aufzuessen. Wer das als Monster schafft, hat gewonnen. Oder hat vorher die vier Hunter getötet - denn das bringt ebenso den Sieg.

Die Hunter müssen im Umkehrschluss die beachtliche Lebensenergie des Monsters ausradieren und vorher dessen Rüstung sprengen. Die Spielrunden dauern nicht selten 15 bis 20 Minuten, sind geprägt von Jagd und Flucht aller Parteien, je nach Zeitpunkt im Spiel und gewählter Strategie. Es kann aber auch schnell vorbei sein. Gerade als Jäger ist die DNA von Left 4 Dead deutlich spürbar. Aber mehr noch als im Zombie-Shooter gilt in Evolve, dass nur Teamwork den Erfolg bringt. Die Hunter sind in vier Klassen eingeteilt, die sich perfekt und fast zwingend ergänzen im Kampf. Alle können natürlich ballern und haben ein Jetpack auf dem Rücken, um dem Monster überhaupt hinterherkommen zu können. Aber sie haben eben auch klare Spezialeigenschaften.

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Wenn der Goliath ausgewachsen ist, sollte man immer mit seinen Teammitgliedern unterwegs sein, sonst gehen schnell die Lichter aus...

Der Assault teilt Schaden aus. Markov trägt ein Electronic Assault Rifle für den Fernkampf und eine Lightning Gun für die Nahdistanz. Dazu Minen und einen persönlichen Schutzschild. Griffin ist der Trapper. Er kann das Monster mit Sound-Sensoren aufspüren, dann in einer mobilen Arena temporär einsperren und mit seiner Maschinenpistole ankratzen oder der Harpunen-Kanone die Mobilität weiter einschränken. Hank übernimmt die Support-Rolle und bietet mit seinem Schild Schutz für sich und die anderen. Außerdem kann er die Gruppe kurzzeitig unsichtbar machen und hat neben seinem Laser-Cutter einen fetten Airstrike in der Tasche.

Val ist die einzige Frau und kümmert sich als Medic primär ums Heilen. Dazu hat sie eine Fernheil-Wumme in der Hand, trägt aber auch ein mächtiges Sniper und eine Knarre zum Markieren des Monsters. Nach einem Val-Treffer leuchtet Goliath so grün wie eine Godzilla-Neonreklame. Dadurch werden den anderen Jäger zudem Schwachpunkte für böse Angriffe offenbart. Um aus dem Zusammenspiel aller Faktoren Profit zu schlagen, ist gute Kommunikation während des gesamten Spiels unerlässlich. Nur die wird es ermöglichen, ein Monster überhaupt zu gefährden und am Ende zu töten.

Die Levelumgebung spielt für alle fünf Parteien eine große Rolle. Die Entwickler nennen die Welt sogar "den sechsten Spieler". Jäger können in Pflanzen stecken bleiben und müssen erst durch Mitspieler wieder befreit werden. Aufgescheuchte Vögel verraten ein Monster, ebenso wie Fußspuren oder Geräusche. Teile der Level sind zerstörbar, so dass sich neue Wege auftun, aber auch neue Probleme. Es gibt Löcher, die einen in die Tiefe schicken. Dort klatscht man in stinkende Tümpel, in denen mutierte Krokodile leben, die sowohl für Goliath aber gerade auch die Jäger zu einem Problem werden, je nachdem, wer gerade wen in ihre Nähe gelotst hat. Erlegt jemand ein solches Monster, werden Boni verfügbar, etwa mehr Schaden beim Angriff oder höhere Abwehr. Vor der Runde darf man sich zudem für zwei Perks entscheiden. Das sind Sachen wie Boost für die Rüstung, präziseres Zielen oder ein sich schneller aufladendes Jet-Pack.

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Die Levelumgebung spielt für alle fünf Parteien eine große Rolle. Die Entwickler nennen die Welt sogar "den sechsten Spieler".

Alle Klassen sind auf ihre Art spannend, alle Rollen bieten ein spannendes Erlebnis. Das Gameplay ist im Ganzen wirklich gelungen, bietet sehr viel Tiefe und strategische Möglichkeiten, egal ob als Monster oder Hunter. Denby Grace, Executive Producer, unterstreicht ganz deutlich, dass "Gameplay der Königsweg ist". Es gebe zwar eine Story, aber über die wird ohnehin nichts verraten und es ist klar, dass der Fokus von Evolve überdeutlich auf dem Konzept des Koop-Multiplayer liegt. Erkennt man auch daran, dass keine Zwischensequenz fertig war außer das Intro beim Landen im Dropship auf dem Planeten. Alle Zwischensequenzen zu den Charakteren, in denen die Storyhäppchen verpackt sind, warnen nur schwarz-weiße Scherenschnitteinlagen.

Die Grafik am PC überzeugt. Die Welten sind mit der Cryengine inszeniert, was für hohe Details und einen sehr naturalistischen Look steht. Xbox One und PS4 dürften nicht sichtbar schlechter aussehen. Wir spielen nur auf der Karte Forest Ruins, die von Bäumen überwucherte Felsen zeigt, auseinander gebrochene Raumschiffe und mehrgeschossige Fabrikanlagen. Es gibt dynamische Wettereffekte, die uns die Sicht nehmen. Und durchaus beeindruckende Effekte der Waffen. Es fühlt sich alles irgendwie klaustrophobisch an, aber gleichzeitig auch offen, weil das sehr variabel bespielbare Level relativ groß und vor allem hoch ist. Es wird Schneelevel geben, offenere und geschlossenere Areale. Wir spielen tagsüber und in der Nacht. Auch ohne mehr als die Waldruinen erlebt zu haben, darf man sicher sein, dass die Welten spannend werden.

Wir bekommen einen Hauch Progressionssystem in der Demo zu sehen, aber nicht viel mehr. Die Waffen lassen sich aufleveln, je nachdem, wie gut man sie benutzt. Es wird Loadouts geben, natürlich. Auch jeder Charakter sammelt Erfahrungspunkte, wobei die Entwickler nicht verraten wollen, wie genau das alles in seiner Gesamtheit aussieht und sich verhält. Immerhin verraten sie, dass es in jeder der vier Jäger-Klassen mehrere Charaktere mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Variationen geben wird.

Was bleibt am Ende? Reichlich Begeisterung und einige Fragezeichen. Man merkt dem Spiel an, wie sehr Turtle Rock sich der Idee verschrieben hat, das Gameplay in den Fokus zu rücken. Mit Erfolg, denn das Spielerlebnis ist sehr flüssig und konsistent gut, bereits jetzt. Hunter und Monster sind ausbalanciert, so dass man nicht das Gefühl hat, eine Seite hätte eine klaren Vorteil. Gegen ein schlecht kommunizierendes, kaum eingespieltes Team hat das Monster immer die besseren Karten. Aber wenn ein Team seine Möglichkeiten nutzt, gerät das Monster schnell unter Druck. Ich auf jeden Fall will mehr. Vor allen Dingen auch mehr wissen über die anderen Monster und Jäger. Deren Variation wird - so sie denn gelungen ist - maßgeblich über die Gesamtqualität entscheiden. Die Wurzeln des Studios sind top, die Triebe von Evolve auch. Wohin sich alles entwickelt, werden wir in den kommenden Monaten erleben.

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