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Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer

Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer

In Amerika flimmert gerade die zweite Staffel der HBO-Serie Game of Thrones über die Bildschirme. Doch schon lange bevor es die Serie gab, war ein Spiel in Entwicklung, dass sich ebenfalls mit dem Romanstoff von George R. R. Martin beschäftigt und ihm zwei spannende Kapitel hinzufügt.

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Im Dunkel der Nacht beobachten wir einen Grenzer, der durchs Unterholz hetzt. Auf dem Kontinent Westeros sind Männer wie er dafür zuständig, an der Mauer für Recht und Ordnung zu sorgen, die den Norden vom Süden trennt. Immer wieder kommt es hier zu Übergriffen durch Waldlinge. Doch der erfahrene Mors Westford ist heute in einer anderen Mission unterwegs. Ein Mitglied der Nachtwache ist desertiert und es ist seine Aufgabe, den Verräter zurück zur Mauer zu führen. Ist das erledigt, wird bereits eine der großen Stärken von Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer deutlich. In einer langen Sequenz, die uns die Werte der Bruderschaft näher bringt, ist die Synchronisation schlicht überzeugend. Eine ganze Reihe bekannter Synchronsprecher wurde für diesen Titel gewonnen.

Gemeinsam mit drei Rekruten führt sie erste Mission für die Nachtwache in die nahegelegene Schenkung, in der wir nach einem weiteren Deserteur suchen. Der ist in einen Hinterhalt geraten und kann uns noch vor den nahenden Wildlingen warnen, bevor er stirbt. Hier treten wir das erste mal in Aktion, denn wir können den Gegner aus dem Norden das Feld nicht kampflos überlassen.

Bereits zu Beginn des Spiels haben wir uns deshalb für einen von drei möglichen Kampfstilen für Mors entschieden. Die bestimmen zum Großteil, ob wir einhändige oder zweihändige Waffen nutzen. Mit den richtigen Waffen und Rüstungsteilen sind die Kämpfe gegen die Wildlinge kein Problem. Nur mit dem Kampfsystem muss man sich zunächst anfreunden, denn wir werden nur indirekt aktiv mit unserem Charakter. Über ein Angriffs-Rad wählen wir die Aktionen für Mors und seine Begleiter für die nächsten drei Runden aus. Währenddessen läuft das Spiel in Zeitlupe weiter. Doch Vorsicht, jeder Angriff kostet eine gewisse Menge Energie, die sich nur langsam regeneriert. Wir werden damit gezwungen, taktisch klug vorzugehen. Dadurch gewinnen die Kämpfe ein Vielfaches an Spannung und Tiefe.

Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer
Obwohl es seine größte Stärke ist, stolpert das Rollenspiel am Ende über die Fülle an Dialogen und Sequenzen.
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Mit jedem Level-Aufstieg bauen wir unsere Fähigkeiten aus und schalten damit Angriffe wie etwa den Vergeltungsschlag frei. Sowohl passiv als auch aktiv ergänzen sie unsere Kampftaktiken. Das ist zunächst verwirrend, doch je mehr Übung wir darin haben, desto mehr Spaß macht es, verschiedene Taktiken auszuprobieren. Das kommt gerade dann zum Tragen, wenn wir mehreren Gegnern gegenüber stehen.

Unterstützt werden wir durch ein Stärken- und Schwächen-System. Zu Beginn setzen wir die Charakterzüge unserer Figur fest. Maximal drei Stärken gestehen die Entwickler unserem Helden zu. Dabei besitzt jeder Charakterzug einen Punktwert. Am Ende muss die Wertigkeit der Stärken mit der unserer Schwächen übereinstimmen. Wer sich viele Vorteile verschaffen will, der muss einen hohen Preis dafür zahlen. Beeindruckend ist, dass wir auch während des Spielverlaufes neue Charakterzüge hinzu gewinnen. Als wir mit Mors durch die Ruinen in der Schenkung streichen, besiegen wir einen der Mittelsmänner der Wildlinge. Es liegt bei uns, ob wir den Wicht foltern oder ihm seine Geschichte über das zufällige Aufeinandertreffen glauben. Als wir ihn bis zum bitteren Ende foltern, erhalten wir den neuen Charakterzug "sadistisch", der die Wahrscheinlichkeit eines kritischen Treffers erhöht.

Damit wird den Dialogen in Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer eine immense Bedeutung beigemessen. An einigen Stellen verändern unsere Antworten und Fragen nur in geringem Maße den Verlauf des Geschehens. An anderer Stelle jedoch können sie den Unterschied zwischen Tod und Leben bewirken, wie wir im zweiten Strang der Geschichte feststellen. Hier übernehmen wir die Rolle von Alister Sarwyck, der vor 15 Jahren seine Heimatstadt Flussrath verließ. Als sein Vater Lord Raynald Sarwyck stirbt, kehrt er zurück, um die Geschicke der Familie wieder in die eigene Hand zu nehmen. Doch während seiner Abwesenheit hat sich viel verändert und Alister muss sich auf die Intrigen am Hof von Königsmund einlassen, um sein Erbe zu erhalten. Wer ein Fan der HBO-Serie ist, wird hier bekannte Gesichter erkennen. So gibt es ein Wiedersehen mit Königin Cersei und dem Berater des Königs, Lord Varys.

Damit es aber noch etwas zu erben gibt, müssen wir das Volk beruhigen. Das hungert und seine Ländereien werden von fremden Lords besetzt. Die Stimmung in den Straßen brodelt. Das bleibt allerdings eher unserer Fantasie überlassen, denn die Städte in Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer sind alles andere als lebendig. Das liegt vor allem daran, dass sich die Einwohner nicht bewegen, sondern stur an ihren Plätzen bleiben. Gefühlt begegnen wir dabei leider auch alle fünf Meter demselben Charaktermodell. Und leider ist auch die Grafik eher von gestern.

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Als sich eine Revolution in den Straßen entwickelt, werden wir vor die Frage gestellt, die sich durch das ganze Spiel zieht: Wer möchte ich sein? Natürlich können wir die Aufstände blutig niederschlagen und somit unseren Status unterstreichen. Wollen wir ein Mann des Volkes sein oder sind eigene Interessen wichtiger? Wirklich greifbar werden die Konsequenzen der Handlungen, wenn Figuren des Spiels direkten Bezug zu ihnen nehmen. So tritt am Ende der Rebellion ein Bauer zum Unruhestifter der Revolte und erklärt, dass die Bevölkerung unseren guten Willen erkannt hat und keine weiteren Aufstände unterstützen wird. Wir haben ihnen zuvor Geld und Nahrung versprochen.

Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer
Mit jedem Level-Aufstieg bauen wir unsere Fähigkeiten aus und schalten damit Angriffe wie etwa den Vergeltungsschlag frei.

Immer wieder geraten wir dabei in den Konflikt zwischen dem Wissen um die richtige Entscheidung und der realen, weichen, vielleicht menschlicheren Seite. Da begegnet uns beispielsweise eine Frau, die das Haus eines übel aussehenden Wächters anzündete, weil er ihre Schwester vergewaltigt hatte. Stecken wir sie für ihr Verbrechen in den Kerker und riskieren die Brüskierung der Bevölkerung? Oder lassen wir sie verständnisvoll gehen und nehmen den wütenden Wächter in Kauf? Diese verschiedenen Entscheidungsmöglichkeiten führen auch zu einem hohen Wiederspielwert.

Obwohl es seine größte Stärke ist, stolpert das Rollenspiel am Ende über die Fülle an Dialogen und Sequenzen. Denn so kommt selten eine wirklicher Spielfluss zustande. Kaum haben wir das eine Gespräch beendet, wartet bereits das nächste. Natürlich wird auch Alister in Kämpfe verwickelt und das nicht zu knapp. Dabei macht er Gebrauch von seinen einzigartigen Fähigkeiten, die es uns beispielsweise ermöglichen, die Waffen in Brand zu setzen. Doch das Hauptaugenmerk liegt bei beiden Erzählsträngen auf der Geschichte. Zu oft werden wir hier leider zum Zuschauen verdammt.

Wer über die optischen Makel hinwegsieht, wird mit Game of Thrones: Das Lied von Eis und Feuer einen spannendes Abenteuer erleben, das sich nicht vor der namhaften Rollenspielkonkurrenz verstecken muss. Gerade wenn sich die beide Erzählstränge treffen und wir durch die Handlungen des einen, mehr über die Geschehnisse des anderen zu verstehen beginnen, legt der Titel unheimlich an Spannung zu. Sind wir erst einmal in das Ränkespiel und die Intrigen am Hof eingetaucht, dann werden wir schnell selbst ein Teil dieses Netzes. In einem gewissen Rahmen entscheiden wir dann, wie ehrlich, verschlagen, brutal oder gutmütig wir sind und machen es uns damit einfacher oder schwerer, im Spiel voran zu kommen. Vor allem aber machen wir Game of Thrones dadurch zu unserem Spiel.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
starke Synchronisation, hoher Wiederspielwert durch Dialogsystem, charismatische Charaktere
-
Grafikfehler, zu viele lange Dialoge, Städte wirken leblos
overall score
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