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Homefront: The Revolution

Homefront: The Revolution

Statt den Egoshootermarkt direkt anzugreifen, wählen die Dambuster Studios Guerilla-Taktiken. Der Plan scheint aufzugehen, aber der Kampf wird nicht einfach werden.

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Nach sechs Stunden mit Homefront: The Revolution kann ich bestätigen, das dieses Spiel in der Lage ist, seinen eigenen Weg zu gehen. Auch wenn die Hintergrundgeschichte es ein bisschen übertreibt, die Erzählstruktur selbst ist interessant. Es ist zwar schwierig, sich nicht über die Hintertür lustig zu machen, die eine koreanische Tech-Firma mit Absicht in jedem Gerät vom Smartphone bis zum Helikopter implementiert hat ("Sie haben unser Militär mit einem einzigen Knopfdruck ausgeschaltet!") - aber was soll's, wenn man für die Freiheit der grauenhaft ungerecht behandelten Amerikaner kämpfen darf.

Homefront: The Revolution ist vor allem interessant, weil es so viele Egoshooter-Elemente mutig über Bord wirft. Man ist ein Freiheitskämpfer, kein Supersoldat. Das Spiel macht unmissverständlich klar, dass ein Mann alleine den Krieg nicht gewinnen kann und dass die direkte Konfrontation mit gut gepanzerten und von fortgeschrittener Technik unterstützten Soldaten aus dem Jahr 2029 einem Selbstmord gleicht.

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Homefront: The RevolutionHomefront: The Revolution
Es sind die offene Welt und der fast schon rollenspielartige Ansatz, die Homefront: The Revolution von den aktuellen Egoshootern unterscheiden.
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Das von den Koreanern besetzte Philadelphia im Jahr 2029 wird als überzeugende Kriegszone dargestellt, die in drei Areale aufgeteilt wurde: Rot, Gelb und Grün. In der Roten Zone geht es zur Sache, hier heißt es: töten oder getötet werden. Man kann dort Safe-Häuser errichten und beschützen, um das Heimatland zu verteidigen. In der Gelben Zone geht es ein wenig ruhiger zu und man operiert eher im Geheimen, da jede verdächtige Aktion in den vom Miltär kontrollierten Ghettos sofort hart bestraft wird. In der Grünen Zone finden sich berühmte Gebäude wie die Independence Hall, die zur Festung der KPA (Korean People's Army) umfunktioniert wurde, auf die wir gut geplante Angriffe ausführen müssen.

Es sind die offene Welt und der fast schon rollenspielartige Ansatz, die Homefront: The Revolution von den aktuellen Egoshootern unterscheiden. Besonders in der Roten Zone drängt einen das Spiel förmlich, die Umgebung durch Hacken von feindlichen Transceivern und das Ausheben von kleinen Lagern zu erkunden. Bei Erfolg erhalten wir Intel, um unsere Karte zu verbessern. Wichtige Punkte sind hervorgehoben, zum Beispiel Motorräder, mit denen man sich zügig über das Schlachtfeld bewegen kann. Feuergefechte zu vermeiden, während man sich seinen Missionszielen annähert, ist das absolute Gegenteil zu dem, was man von einem Blockbuster-Shooter erwarten würde. Und daran muss man sich in Homefront erst gewöhnen. Einfach das Feuer auf KPA-Patrouillen zu eröffnen hat fatale Konsequenzen. Und auch wenn der Spieler-Tod nicht die gleichen Folgen wie in einem Rogue-like hat, sollte er trotzdem möglichst vermieden werden.

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Homefront: The RevolutionHomefront: The Revolution
Es gibt ein Crafting-System, um die Waffen situationsbedingten Anforderungen anzupassen, wenn man denn die nötigen Komponenten dafür zur Verfügung hat.
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Und so fühlt sich der Protagonist ungewöhnlicherweise sehr schwach an - ein kluger Schachzug von Dambuster. Es ist ein Kampf, wie er sein sollte, das soll aber nicht heißen, dass die Feuergefechte schlecht gemacht wären. Es bedeutet einfach, dass jede Kugel und jeder Molotovcocktail zählen. Es gibt ein Crafting-System, um die Waffen situationsbedingten Anforderungen anzupassen, wenn man denn die nötigen Komponenten dafür zur Verfügung hat. Aus der Pistole wird schnell eine Maschinenpistole, oder ein leichtes Maschinengewehr wird zum Sturmgewehr, in dem man einzelne Teile austauscht. Die Waffenschmiede-Schränke in den Widerstandsbasen versorgen uns mit Visieren, Griffen und Schalldämpfern, um die Knarren noch weiter anzupassen. Man tauscht dafür Ressourcen, die man draußen eingesammelt hat: Kabel, Stromquellen, CPUs, Nägel oder leere Dosen. Aus dem Schrott werden auch Molotov-Cocktails und Rohrbomben zusammengebastelt. Das hat aber auch seinen Preis, denn das Suchen nach Ressourcen, das neben jedem Schrank und jeder Kiste das Drücken eines Knopfs erfordert, ist eindeutig der langweiligste Teil des Spiels. Andererseits wird es schnell zur Routine und schärft die Sinne für die Details der Umgebung.

Man hat während der Ausflüge in die Gelbe Zone viel Zeit, um die von Dambuster akribisch erschaffene Welt zu bewundern. Hier wird das Tempo durch die KPA-Sicherheitsposten, die jede Bewegung beobachten, stark runtergefahren. Zivilisten werden als Deckung benutzt, um sich unbemerkt zu bewegen - die eigene Identität muss ein Geheimnis bleiben. Jeder Angriff auf einen einzelnen KPA-Agenten alarmiert die gesamte Armee. Man muss die Feinde also lautlos ausschalten, mit subtilen und manchmal auch überraschend brutalem Ausgang. Die Armbrust ist eine elegante Lösung, aber die herunterfallenden Feinde erregen Aufmerksamkeit. Da ist ein Messer unter dem Kinn eine KPA-Wache schon effektiver. Die Missionen in der Gelben Zone konzentrieren sich auf Propaganda und Störungen, mit Aufgaben wie Stimme des Friedens (Finde Radios), Sabotage (Zerstöre Stromanlagen), Akt der Befreiung (Befreie Gefangenen) und Zerstöre APCs (Fahrzeuge mit Explosionen ausschalten).

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Homefront: The Revolution
Um Homefront: The Revolution zu genießen, muss man es wirklich ernst nehmen.

Es bringt viel Spaß, in der Gelben Zone Terminals zu knacken, um ein neues Safe-House zu errichten oder nur die Feindbewegungen zu beobachten. Kleine Nebenaufgaben sind jedem Safe-House zugeordnet, Dinge wie "Töte eine bestimmte Anzahl von KPA-Soldaten mit der Armbrust" oder "Fotografiere Stromgeneratoren", die jeweils zusätzliche Credits in die Kasse spülen. Gar nicht so weit weg von Assassin's Creed, mit Verstecken, um Verfolger abzuschütteln und abgeriegelten Safe-Houses, wenn die KPA alarmiert ist. Attentate werden durch den Einsatz von Feuerwerkskörpern als Ablenkung unterstützt und ein kleines Team aus KI-Soldaten kann uns im Kampf unterstützen.

Um Homefront: The Revolution zu genießen, muss man es wirklich ernst nehmen. Die Fiktion ist gut geschrieben und die Welt und ihre Figuren sind überzeugend. Selbst die stereotype Dana mit ihren Piercings und Tattoos. Die überlegene koreanische Technik wird durch das merkwürdige Verhalten der KPA-Soldaten ausgeglichen. Durch das Sandbox-Element beobachtet man die KI der Soldaten sehr genau - einfach weil man Grenzen ausloten muss, um zu wissen, womit man gerade noch so durchkommt. In den Schleichabschnitten geht das manchmal schief und alarmierte Wachen prozessieren endlos durch denselben Eingang. Oder es ist einfach nicht stimmig: Laufen ist weniger auffällig als Gehen? Und die KI-Kumpels scheinen nur selten einen Plan zu haben und man kann ihnen auch keine einfachen Befehle wie Angriff oder Verteidigung erteilen. Ohne einen PvP-Modus alles darauf zu setzen, dass die Kämpfe gegen CPU-Gegner ausreichen, ist mutig, auch wenn die Dialoge gut geschrieben sind ("Ich dachte sie wäre tot... ich mochte sie lieber, als sie tot war.") Und es hilft auch nicht, wenn man das Dock umschwimmen will, wie in unzähligen anderen Spielen vorher, um dann festzustellen, dass man einfach absäuft. Die Crafting-Idee ist hübsch, aber ganze Missionen um Teile zu finden... nun?

Homefront: The Revolution ist kein gradliniger Egoshooter, sondern ein realistisches Spiel ums Überleben. Wenn alles zusammenpasst und man mit einem Fahrrad vor Hubschraubern durch einen Militärkomplex flieht, spürt man echte Panik. Es muss doch einen Weg geben!?

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KRITIK. Von Stefan Briesenick

Wer den "neuen, heißen Scheiß" erwartet, wird wohl eher enttäuscht werden - aber eine Menge Spaß bringt der Action-Shooter dann doch.



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