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Inmates

Inmates

Ein Spiel für ganz besondere Leute.

Davit Andreasyan ist ein armenischer Videospielentwickler, der mit Inmates ein ambitioniertes Projekt verwirklicht. Sein Spiel hat der Game Designer selbst entwickelt, mithilfe von Iceberg Interactive wurde es letzte Woche veröffentlicht. Als Protagonisten lernen wir Jonathan kennen, der in einem dunklen Gefängnis aufwacht und erfährt, dass seine Frau Sarah gefangen genommen wurde. In den nächsten zwei bis drei Stunden werden wir versuchen sie zu retten und dabei immer tiefer in diesem Gefängnis eintauchen. Wir wissen anfangs nicht was im Spiel vor sich geht und die Geschichte greift leider erst sehr spät, doch sobald sie erst präsent ist, zieht Inmates dank psychologischem Horror stark an.

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Inmates biete ein unaufgeregtes Szenario, doch es gelingt dem kurzen Spiel nicht, seine Versprechen einzulösen.

Auf optionalen Notizzetteln bekommen wir mehr Informationen über die Geschichte und die anderen Insassen. Manche davon werden für das Lösen von Rätseln benötigt, weshalb wir uns immer sehr genau umschauen müssen. Nach einigen Szenenwechseln bekommen wir grundlegende Hinweise darauf, wo wir als Nächstes hingehen sollen und was wir dort suchen, doch Inmates ist auf technischer Ebene so reduziert, dass wichtige Missions- oder Sammelobjekte nicht hervorgehoben werden. Dadurch entsteht das konstante Gefühl von Angst oder vielmehr Sorge, potentiell wichtige Dinge vergessen zu haben. Weil Jonathan sehr langsam durch sein Gefängnis läuft und es keine Sprinttaste oder Ähnliches gibt, ist es sehr, sehr ärgerlich wenn wir doch mal zurücklaufen müssen.

Das Puzzle-Design bietet aufgrund seiner vielfältigen Beschaffenheit optische Höhepunkte vom tristen und sehr gleichförmigen Gefängnis, ist allerdings nicht gerade ausgefeilt. Beim Betreten eines Rätsels wird selten klar, was genau wir dort tun müssen, doch mit Probieren und einiger Geduld lässt sich die Lösung herausfinden. Zwar bin ich nirgendwo länger hängengeblieben, habe beim Lösen der wenigen Puzzles aber auch keinerlei Art von Befriedigung erfahren. Weder der Neustart, noch das Scheitern sind eine Option, man bleibt dann einfach hängen und muss sich nach Hinweisen umschauen.

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Aus irgendeinem Grund dürfen Optionen nur im Hauptmenü vorgenommen werden und ich empfehle deutlich, die Gamma-Werte nach oben zu justieren, da Inmates generell unglaublich dunkel ist. Herumliegende Streichhölzer spenden uns für sehr kurze Zeit (wir sprechen hier von einer Dauer von ca. zehn Sekunden) nahes Licht, doch diese Mechanik wurde nicht ganz zu Ende gedacht. Der Lichtkegel des Streichholzes ist so klein, dass man zumindest schon in der richtigen Ecke stehen sollte, damit das Licht bei der Identifizierung des richtigen Gegenstands hilft. Dass wir so frustrierend langsam laufen, erschwert die Erkundung dunkler Bereiche zusätzlich. Manche Areale müssen sogar mit brennendem Streichholz quasi blind durchwandert werden.

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Diese Kulissen hätten einige zusätzliche Lichtquellen vertragen können und trotzdem Atmosphäre geboten.

Atmosphärisch ist Inmates eine schöne Arbeit geworden, die sicherlich auf die Einflüsse der frühen Silent Hill-Spiele zurückgeht. Das Gefängnis ist nicht sonderlich groß, bietet aber immerhin einige Abwechslung. Zu Beginn des Spiels ziehen einige markant gestaltete Zellen der anderen Heftlinge unsere Aufmerksamkeit auf sich, später gelangen wir in die inneren Bereiche dieser Einrichtung und dort wurden weitere Szenerien umgesetzt. Andreasyan erfindet das Rad aber nicht neu und durch die technischen Limitierungen dürfen wir kaum hübsche oder in Erinnerung bleibende Bilder erwarten. Außerdem wird über alles Ferne ein Schleicher der Wackelkamera eingesetzt und Ladezeiten sind ein weiterer Punkt auf der negativen Checkliste.

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Schon während des Spielens habe ich mich gefragt, was für ein Genre Inmates eigentlich angehört. Die spielerischen Interaktionen sind auf dem Niveau eines Walking-Simulators, allerdings fehlen zumindest in den ersten 80 Minuten narrative Elemente fast komplett. Horrorspitzen sind vorhanden und atmosphärisch bietet das Spiel durchaus etwas, doch das ist alles zu inkonsistent. Die PC-Anforderungen von Inmates sind sehr gering, aber einen flüssigen Spielfluss sollten wir nicht erwarten. An einigen Stellen warten Jump-Scares auf uns, doch die Spiel-Engine selbst lässt die unangenehme Überraschung gelegentlich platzen, weil die Performance so stark sinkt, sobald ein neues Objekt in die Welt geladen wird. Zum Glück sind diese Szenen sehr rar.

In ziemlich genau zwei Stunden habe ich mich das erste Mal durch Inmates gespielt und obwohl der Titel nur 10 Euro kostet kann ich die Erfahrung nicht weiterempfehlen. Der einzige Grund warum man sich in dieses Gefängnis begeben sollte ist Davit Andreasyan. Das Spiel fühlt sich für mich ehrlicherweise so an, als würde es eine spannende Arbeitsprobe für eine Bewerbung sein, bei der der Entwickler zeigt, wie vielfältig sein Repertoire und Wissen ist. Als Videospiel taugt Inmates hingegen leider gar nichts, aber es dürfte spannend sein, was Andreasyan in Zukunft daraus macht. Natürlich muss man bedenken, dass hier ein einzelner Entwickler etwas geschaffen hat, doch selbst vor diesem Hintergrund ist Inmates wirklich nur in den Grundzügen mit anderen Spielen vergleichbar.

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Diese optisch einnehmenderen Eindrücke sind die herausstechenden Highlights von Inmates.
05 Gamereactor Deutschland
5 / 10
+
kurze Spieldauer; kleiner Preis; narrativer Ansatz mit Psycho-Horror-Elementen.
-
technisch unsauber; Streichholz-Mechanik unbrauchbar; keine Spielhilfen; schwaches und generisches Rätsel-Design; penetranter Einsatz der Wackelkamera.
overall score
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