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Jazzpunk

Jazzpunk

Sie wollen uns so richtig zum Lachen bringen. Diese Parodie auf die Spionagezeit der 50er Jahre überzeugt mit tollem Humor und schräger Grafik, ist aber viel zu schnell vorbei.

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Jazzpunk ist lustig, manchmal sogar zum Schreien komisch. Dieses Spiel erntet mehr Kopfnicken als jede Rockband und es enthält mehr Hommagen als Monty Python aus dem Ärmel schütteln könnte. Auf den ersten Blick ist Jazzpunk eine Paraodie auf die Spionagezeit im Kalten Krieg. Eigentlich aber beschäftigt sich Jazzpunk mit Videospielen. Weil das Thema so umfangreich ist, reicht es am Ende zwar nur zum Gießkannenprinzip, aber über weite Teil treffen die abgefeuerten Pfeile direkt ins Schwarze.

Jazzpunk verbirgt wunderbar unter dem Mantel eines Spieles, dass es eigentlich eine Komödie ist, die sich an Filme wie Airplane! und Die nackte Kanone anlehnt. Oftmals ist Jazzpunk eher eine Erfahrung zum Miterleben und keine, an der wir selbst maßgeblich beteiligt werden. Viele Handlungen dienen mehr als eine Brotkrumenspur, der wir bis zur nächsten Pointe folgen. Der Grund für den Erfolg von Jazzpunk ist schnell gefunden: Es gibt sich nicht damit zufrieden, ein bisschen unterhaltsam zu sein. Stattdessen steckt die mehrstündige Kampagne voller großartiger Momente.

Die Story erleben wir aus der Egoperspektive und auf zwei unterschiedliche Arten. Die eine unterhält mit ganz unverhohlenem Spaß über Spionage und einigen Anspielungen auf James Bond. Die andere beleuchtet die Welt der Technologie und der Spiele. Die Spionage-Witze zünden sofort. Subtiler geht es bei den Technik-Scherzen und Sprüchen zu, die so zu einer Art Nebengeschichte der eigentlichen Hauptgeschichte werden.

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Selbst an den unerwartetsten Orten entdecken wir Mini-Spiele oder treffen auf urige Figuren, die nur darauf warten, ihr Gag-Feuerwerk zu zünden und mit Wortspielen um sich zu werfen.

Wir schlüpfen in die Rolle von Polyblank, einem Agenten, der seine Anweisungen von einem an M erinnernden Direktor erhält. Der schickt uns dann auf eine Handvoll Missionen, die bis in die kleinste Zelle durchzogen sind von der Paranoia des Kalten Krieges. Um sie abzuschließen, müssen wir zwar gelegentlich ein bisschen Köpfchen beweisen, meist sind die Rätsel aber ein Kinderspiel. Der eigentliche Spaß liegt im Entdecken und Erforschen.

Gerade, wenn wir uns bis in die kleinsten Winkel vorarbeiten, entfaltet Jazzpunk seine ganzen Zauber. Selbst an den unerwartetsten Orten entdecken wir Mini-Spiele oder treffen auf urige Figuren, die nur darauf warten, ihr Gag-Feuerwerk zu zünden und mit Wortspielen um sich zu werfen. Der Weg vom Start zum Ziel ist kurz, dafür ist das inhaltlich gebotene aber erstaunlich tiefgründig. So tiefgründig sogar, dass man gleich einen zweiten Durchlauf startet. Vielleicht sollte man sich damit dann aber Zeit lassen, damit die Witzchen auch beim zweiten Mal noch so gut zünden wie beim ersten Durchspielen.

Neben den vielen Sprüchen gibt es auch einige Mini-Spiele, die uns immer wieder zum Lachen bringen. Zum Beispiel Wedding Quake: Das ist ein Egoshooter, der den id-Klassiker im wahrsten Sinne des Wortes mit einer Hochzeitswelt, Kuchen und Puderzucker überzieht. Ploppende Champagner-Korken setzen Gegner im richtigen Moment außer Gefecht, während pinkfarbene Kuchen tödliche Projektile in alle Richtungen schießen. Es ist eine hübsche Ablenkung, die man, hat man das Spiel einmal abgeschlossen, auch separat im Menü anwählen kann.

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Wem das Unterschwellige in The Stanley Parable oder die Parodie von Far Cry 3: Blood Dragon gefallen hat, der sollte sich auch für Jazzpunk begeistern.

Klar, das war jetzt noch längst nicht alles, aber wir wollen euch nicht zu viel verraten. Ganz unvorbereitet sind die Sprüche und auch die Figuren nämlich am lustigsten. Der größte Spaß an Jazzpunk ist, die kleine Details selbst zu entdecken. Die visuelle Gestaltung des Spiels untermalt und verstärkt die erzählerischen Elemente. Die klobigen Charaktere mit dunklen Umrandungen schweben durch die Landschaften. Überhaupt, die ganze digitale Welt wird durch ihre ästhetische Gestaltung zu einem Grundpfeiler des Spielkonzeptes. So finden wir uns wieder in einer alternativen, von Robotern bevölkerten Welt der 50er Jahre. Bis zum Ende des Spiels hält der konsequente Stil alles zusammen.

Wesentlich zur Spielerfahrung trägt auch der Sound bei. Fast alle Stimmen wurden mit einem verzerrten Ton unterlegt, der ihnen einen ernsten, einzigartigen Stil verleiht. Die Dialoge sind lustig und, was noch viel wichtiger ist, werden gut rübergebracht. Der Soundtrack erinnert an die Zeit, die in eben jenem Spiel so meisterlich parodiert wird und passt wie ein Handschuh zur Stimmung.

Trotzdem ist es kein feingeschliffener Diamant. Eher ein roher. Obwohl die Inhalte wunderbar geschrieben wurden und Pointen auf den Punkt genau ankommen, sind einige Gags extrem flach. So ein bisschen ist dieses Gefühl natürlich subjektiv. Deshalb möchte ich die Anmerkung eher als Bobachtung denn als Kritik verstanden wissen. Wem das Unterschwellige in The Stanley Parable oder die Parodie von Far Cry 3: Blood Dragon gefallen hat, der sollte sich auch für Jazzpunk begeistern.

Zum größten Teil hat Jazzpunk aber mehr zu bieten als eine bloße lustige Hülle. Während Point'n'Klick-Adventures meist standardmäßig Humor liefern und auch Necrophones Titel einige typische Elemente des Genres bedient, lässt es sich wegen der viel zu leichten Rätsel nicht mit den Genre-Vertretern in einen Topf werfen. Stattdessen ragt es heraus als Ego-Comedy-Abenteuer, das Witze statt Kugeln abfeuert und den Entdeckerdrang des Spielers belohnt. Es bietet die richtige Mischung aus Witzen, Sprüchen und albernen Scherzen. Hommage und Parodie werden zu gleichen Teilen und im richtigen Maß bedient und machen Jazzpunk zum runden Produkt. Es wird wohl keine Preise für Innovation gewinnen, doch das Konzept ist herausragend, gut durchdacht und wurde wunderbar umgesetzt.

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08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Großartiger Humor, starkes Konzept, schicker Stil
-
Kurzweilig, einige Gags zünden nicht
overall score
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