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Marvel's Avengers

Marvel's Avengers: Fünf spannende Erkenntnisse aus unserem War-Table-Talk

Nachdem wir das Spiel in Aktion gesehen und mit den Entwicklern gesprochen haben, bleiben einige Bedenken.

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Den Kommentaren auf Nachrichten-Webseiten und Online-Foren nach zu urteilen, war ich nicht der Einzige, der die Enthüllung von Marvel's Avengers auf der E3 2019 als etwas enttäuschend empfand. Die wenigen Gameplay-Schnipsel, die wir damals bekamen, erinnerten an restriktive Standard-Kost mit einem abgestandenen Kampfgefühl und viel zu vielen Explosionen. Glücklicherweise hat das Spiel seitdem einen langen Weg zurückgelegt und jeder Trailer, den wir in den letzten zwölf Monaten bekommen haben, vermittelt ein besseres Gefühl davon. Trotzdem war ich nicht überzeugt, bis ich einen Einblick in die heutige War-Table-Präsentation werfen konnte und mich anschließend mit Scot Amos (Leiter des Studios Crystal Dynamics), Shaun Escayg (Creative Director und Autor des Spiels), Vince Napoli (verantwortlicher Gameplay-Designer für die Kämpfe) und Philippe Therien (Lead Designer) unterhielt. Das Video und unser anschließendes Gespräch haben mich überzeugt und ich versuche euch in diesem Artikel zu erklären, wie das genau passieren konnte:

Dynamisches und tiefgreifendes Kampfsystem

Ich bin kein Fan von rundenbasierten Kämpfen oder dem klassischen MMO-Stil, bei dem man nur an einem Ort steht und immer wieder die gleichen Aktionen ausführt. Beim Wörtchen Cooldown werde ich deshalb etwas nervös, vor allem wenn das Thema Quick-Time-Events im Raum steht. Wie kann so etwas ausgerechnet bei dem Mann entstehen, der damals den coolen Mehrspielermodus von God of War: Ascension entwickelte und später für den Kampf in God of War mitverantwortlich war? Diese erste Präsentation am sogenannten „War Table" macht deutlich, dass unsere geliebten Marvel-Helden weitaus dynamischer sein werden, als es zunächst den Eindruck erweckt. Viele Spiele mit Online-Komponenten zeigen uns statische Gegner, die nicht auf jeden unserer Angriffe reagieren, doch im Abschnitt mit Thor sehen wir, dass Feinde jeden Schlag von Mjölnir spüren, all die Blitzangriffe zur Kenntnis nehmen und sehr eindrucksvoll von filmischen Finishern zerlegt werden. Wir können zwischen Charakteren mit sehr unterschiedlichen Fähigkeiten wählen, worüber ich mit Napoli ausführlicher sprach:

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"Beim Aufbau von guten Kampfspielen geht es immer darum, zuerst den Charakteren zu dienen. Man will sicherstellen, dass das was man tut den Figuren entspricht. [...] Und wenn man sich mit so etwas wie den Avengers beschäftigt, einigen der bekanntesten Charakteren der Welt, dann gibt es so viel zu tun [...]. Wir schauen uns jeden Charakter an und fragen uns: Wie tickt diese Figur? Welche Mechanik müssen wir unbedingt haben? Was macht das mit ihnen? Will das wirklich jeder sehen? Und dann packen wir diese [diese Ideen] an, auch wenn es vielleicht bedeutet, neue Systeme zu schreiben oder neue Kampfmechaniken von Grund auf neu zu erstellen. Was wir getan haben war das Kampfsystem eher um die Charaktere herum zu wickeln, als umgekehrt. Was ihr am Ende [spielt], wird sich fast so anfühlen, als würden die verschiedenen Charaktere ihr eigenes Spiel spielen. Mit [Black] Widow habt ihr Stealth-Gameplay, Fernkampf und wirklich schnelles, agiles Grappling-Zeug - das hat niemand sonst. Wenn ihr auf Hulk wechselt, dann wird die Umwelt zu eurer Waffe. Ihr könnt herumlaufen und Feinde als Waffen einsetzen [...] - oder riesige Felsbrocken und Felsen. Ihr Sprintet und Springt [während ihr Feinde] in den Händen haltet. Wenn ihr dann schließlich zu Iron Man wechselt, dann fliegt ihr und schießt, so als würdet ihr einen Jet-Shooter spielen."

Der War Table zeigt ebenfalls, dass Thor, Iron Man, Hulk, Black Widow und Kamala Khan sehr eigene Spielweisen haben und extrem unterschiedliche Angriffe und Ultimative Fähigkeiten nutzen. Dazu kommen Skill-Bäume, mit denen wir den verschiedenen Charakteren Zugriff auf Fähigkeiten und Upgrades ermöglichen, um sie besser an unseren bevorzugten Spielstil anzupassen. Marvel's Avengers will im Kampf also nicht nur qualitativ abliefern, sondern auch beim Thema Vielfalt und Umfang punkten.

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Verlockende Beute

Das Ausrüstungssystem lässt visuell gesehen keine allzu abgefahrene Charakteranpassung zu, zumindest werdet ihr nicht sehen, dass Iron Man in verschiedenen Rüstungsteilen herumläuft. In Bezug auf die Bereiche Attribute und Statistiken soll die Ausrüstung diese Kleinigkeit aber wieder wettmachen, erklärt uns Square Enix. Das muss es auch, denn es ist langweilig in Destiny 2 eine Waffe oder in The Witcher 3: Wild Hunt eine neue Rüstung zu finden, die an unseren Charakterwerten rein überhaupt nichts verändert. Die Ausrüstungsgegenstände in Marvel's Avengers werden die Wirkung von Attacken verändern und es soll eine große Auswahl an Vorteilen geben, die sich hervorragend mit den Kombinationen der anderen Spieler ergänzen.

Spannenderweise müssen wir uns dabei nicht nur auf einen Zufallszahlengenerator verlassen, denn es ist möglich, die Werte unserer Lieblingsausrüstung mit gesammelten Ressourcen zu verbessern. Auf diese Weise ersetzen die Spieler mit Fleiß zu einem gewissen Teil die Denkarbeit, die zum Optimieren eines akribisch geplanten Charakter-Builds nötig ist. Was das Aufleveln von Ausrüstung auf eine neue Ebene bringen soll, sind Grind-Objekte namens Artefakte. Das sind spezielle Gegenstände, die auf der erweiterten Marvel-Lore basieren und über ein noch robusteres Boosting-System verfügen. Damit können wir spezielle Vorteile aktivieren, was Vielspielern in vielerlei Hinsicht unter die Arme greifen soll.

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Änderungen der Lebensqualität

Ich werde hier ein bisschen schummeln, indem ich auf einige kleine Details hinweise, die ich im Gespräch mit dem Quartett gelernt habe:

• Amos bestätigt, dass wir unsere Ausrüstung und Fähigkeiten während der Mission ändern können. Die Spieler müssen sich also keine Sorgen machen, wenn sie plötzlich feststellen, dass sie die Mission nicht mit der besten Ausrüstung begonnen haben.
• Beim Spielen der kooperativ ausgerichteten Warzone-Missionen (die auch als Einzelspieler mithilfe von KI-gesteuerten Partnern gespielt werden können) werden kontinuierlich Fortschritte an die Server gesendet, sodass wir keine Ausrüstung oder Erfahrungspunkte verlieren, wenn man das Spiel verlässt oder die Netzwerkverbindung abbricht.
• Apropos Warzone und mit Freunden spielen: Der Modus ist für vier Helden gedacht, aber das bedeutet nicht, dass man auch zwingend drei Freunde braucht. Wer kein ganzes Squad zusammenbekommt, weil beispielsweise nur ein Freund online ist, dem hilft die KI aus, indem sie die verbleibenden Stellen mit Charakteren auffüllt, die dem Spielleiter gehören.

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Sich entwicklende Geschichte

Es besteht kein Zweifel daran, dass ein Studio eine unglaubliche Geschichte abliefern möchte, wenn sie jemanden anstellen, der früher bei Blur gearbeitet hat, der zudem der leitende Filmanimator bei The Last of Us war und zudem Uncharted: The Lost Legacy schrieb. Das sind alles spannende Anlaufpunkte, die meine Neugier direkt wecken konnten, noch ehe ich mit Shaun Escayg sprechen konnte. Dieses Abenteuer wird nicht aufhören, nachdem wir die Credits gesehen haben, denn Crystal Dynamics hat sehr deutlich gemacht, dass wir noch lange nach dem Start weitere Story-Inhalte, neue Charaktere, Missionen, mehr Beute und viele andere Dinge erhalten dürfen. George Tarleton alias Modok zum Hauptgegner zu machen, erhöht die Chancen auf coole Wendungen und eine aufwändige Handlung, deshalb ist es verständlich, dass einige der besten Schauspieler der Branche an diesem prestigeträchtigen Projekt mitwirken wollen. Ich kann es kaum erwarten zu sehen, ob das hier eines der wenigen Live-Service-Spiele sein wird, das mich wirklich immer wieder mit seiner Geschichte in den Bann zieht.

Geheimnisse

Eine andere Sache, die dieses Spiel wahrscheinlich für eine Weile auf meinem Radar halten wird, ist die Vielzahl von Geheimnissen, die die Entwickler sowohl im Marketing als auch im Spiel selbst verborgen haben. Scot Amos hat dafür gesorgt, dass ich meinen PC für eine Weile nicht verlasse, indem er mir erklärte, dass der erste Teaser-Trailer, den wir im Januar 2017 vom Spiel erhalten haben, ein Easter Egg enthält, das noch niemand gefunden hat.

"Es bricht uns das Herz, dass es noch niemand gefunden hat", sagt Amos. "Aber wenn wir tatsächlich zu einem Punkt kommen, an dem wir den Leuten endlich erzählen können, was das war, werden sie von diesem Moment an [total überrascht] sein. Dieses Zeug wurde vor Ewigkeiten eingestellt und wir haben darauf tatsächlich bis heute aufgebaut. Es macht uns Spaß, zurückzublicken und sagen zu können, dass es bereits in diesem ersten Assets einige Dinge gibt, die den Grundstein und die Brotkrümel für diesen Moment gelegt haben. Alle Dinge, die wir enthüllen werden, könnten schon zu dieser Zeit aufgedeckt worden sein."

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Philippe Therien hat dieses Rätsel ebenfalls angesprochen, als er mir erklärte, dass in bestimmten Warzone-Levels sogenannte Shield-Kisten versteckt sind. Wir müssen ein Leuchtfeuer finden und einen Übertragungs-Beacon verwenden, um die Kisten zu bergen und die darin enthaltenen Koordinaten zu finden. Auf diese Weise finden wir die sogenannten Tresorinseln, die nicht auf anderem Wege betreten werden können. Noch will er nicht genau sagen, was uns dort erwartet, aber wir können uns wohl auf "einige sehr interessante Sachen und wirklich gute Beute" freuen. Amos hatte ein wenig später einen weiteren interessanten Leckerbissen für uns vorbereitet, denn seine Beschreibung klang sehr nach einer Art Raid-ähnlicher Mission.

„Etwas, das sehr spät freigeschaltet wird, nachdem ihr die Kampagne abgeschlossen habt und nachdem ihr die Fraktionen durchlaufen seid, über die wir gesprochen haben: (...) Es wird diese Bereiche freischalten, die wir der Welt noch nicht wirklich gezeigt haben. Wir nennen sie Hives. Das sind sehr spezifische AIM-Basen mit einer unglaublichen Tiefe und einem unglaublichen Kampf. Sie sind Hardcore. Holt eure Freunde mit an Bord, denn an einem Freitagabend werdet ihr euch da richtig tief einarbeiten können." Square Enix möchte "bald" mehr über diesen herausfordernden Late-Game-Inhalte sprechen - jetzt aber noch nicht.

Bedenken

Hoffentlich teilt das Team dann noch ein paar weitere Details mit, da ich immer noch einige Bedenken habe. Eine der größten offenen Fragen habe ich beim Thema Vielfalt der Feinde: Wenn wir am Ende gegen immer gleich aussehende Roboter kämpfen, dann wird es keinen großen Unterschied machen, ob man stärkere Fähigkeiten mitbringt oder bessere Stats hat. Außerdem wird es auch interessant sein zu sehen, wie ausbalanciert Marvel's Avengers am Ende ist. Viele Entwickler neigen dazu, Fähigkeiten und dergleichen anzupassen, nachdem sie populär geworden sind. Wir spielen hier natürlich als Superhelden und trotz dieser Machtfantasie sollte nicht alles übertrieben stark gebufft werden. Außerdem gibt es da diesen wunden Punkt, dass nicht zwei gleiche Charaktere in einer Partei vorhanden sein können. Ich meine, sind wir doch mal ehrlich: Viele werden ein oder zwei Charaktere finden, die sie am liebsten spielen. Was passiert also, wenn die anderen in unserem Team dieselben Favoriten haben und sich nicht umorientieren möchten? Klar könnten wir einfach alleine spielen, aber für manch einen dürfte diese Alternative nicht gut genug sein. Besonders in den anspruchsvolleren Levels kommt es zudem sicher auf Teamwork an, das auf die Fähigkeiten aller Charaktere aufgebaut ist. Einige dieser Bedenken müssen bis September von Hulk zerschlagen werden, doch falls das wirklich passieren sollte, werde ich gerne ein Mitglied der Avengers.

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