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Omerta: City of Gangsters

Omerta: City of Gangsters

Den bulgarischen Entwickler Haemimont Games gibt es seit über 15 Jahren. Das Unternehmen hat sich vor ein paar Jahren vor allem auf mittelalterliche und frühgeschichtliche Strategiespiele konzentriert, dann übernahm man für Kalypso Media die Entwicklung von Tropico. Jetzt wollen die Entwickler zeigen, dass sie mehr können und präsentieren mit Omerta: City of Gangsters eine waschechte Mafia-Simulation.

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Trotz der zunehmenden Präsenz von Konsolen und Handhelds bin ich ein großer Freund klassischer PC-Spiele geblieben. Leider haben sich die meisten Genres für diese Plattform wie Adventure und Simulation nie richtig weiterentwickelt. Und vielleicht war gerade deswegen Tropico eine willkommene Abwechslung. Das Szenario, als Diktator aus einer tristen Insel ein florierendes Paradies zu machen, bot trotz der typischen Aufbau-Strategie-Grundlage viele frische und witzige Ideen. Die Wahrheit ist doch, dass auch wir Spieler ein sehr konservatives Verhalten an den Tag legen können. Nostalgie und Vertrautheit machen es Innovationen schwer. Aber wirklich reizvoll sind am Ende eben nur unverbrauchte Konzepte. Und so versucht sich Omerta: City of Gangsters daran, einen Mittelweg für dieses Dilemma zu finden.

Die Lösung heißt in diesem Fall Genre-Mix, denn dem Aufbau-Strategie-Spiel im Stil von Tropico steht rundenbasierende Action a la Jagged Alliance gegenüber. Und das man damit auch Achtungserfolge erzielen kann, hat im letzten Jahr bereits Xcom: Enemy Unknown bewiesen. Im Unterschied zum futuristischen Szenario von Firaxis entführt uns Haemimont Games in die Zeit der Prohibition. Wir kommen als italienischer Einwanderer in den Zwanziger Jahren nach Atlantic City. Hier wollen wir eigentlich als rechtschaffener Bürger unser Glück versuchen, aber geraten auf die schiefe Bahn - bis es kein zurück mehr gibt. Im Verlauf der Geschichte arbeiten wir uns vom kleinen Ganoven bis zum Mafiaboss nach oben und erleben parallel noch den Konflikt mit unserem Bruder, der bei der Polizei arbeitet.

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Ein Teil des Spiel ist Aufbau-Strategie mit Brauereien, Bordellen und Schutzgeld-Erpressern.
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Wir übernehmen also kleine Brauereien und Schnaps-Destillen, richten Flüsterkneipen und Casinos ein. In Schein-Apotheken verkaufen wir Alkohol unter der Ladentheke, bauen Gebäude zum Eintreiben von Schutzgeld und nebenbei machen wir uns mit Suppenküchen bei der Bevölkerung beliebt. Die Oberfläche ist ein Modell der Stadt, auf dem wir an festen Plätzen Bauplätze kaufen und Gebäude errichten können. Optisch ist das ziemlich öde, denn von außen ist meistens nicht zu erkennen, welche Funktion ein Haus hat. Jedes Gebäude kann noch verbessert werden, aber auch dies wirkt sich nicht auf die Fassade aus - ein ewiges Standbild, in das wir hineinzoomen können und auf dem sich immerhin ein Figuren und Autos bewegen.

Die eine Hälfte des Spielprinzips orientiert sich dabei sehr an Tropico, aber es fehlt die Dynamik. Die Güter Bier und Schnaps werden automatisch und ohne Unterlass produziert wie alles im Spiel, so bald wir über das entsprechende Gebäude verfügen. So bald wir beides haben und wir auch eine Flüsterkneipe unser eigen nennen, kann uns eigentlich nichts mehr passieren. Mit jedem weiteren Gebäude können wir nun unseren Geldfluss verbessern und das Spieltempo steigern. Für Anhänger von Aufbau-Strategie aber wird dies kaum als befriedigend empfunden werden.

Auf der anderen Seite gibt es rundenbasierte Gefechte. Wir lotsen unsere Charaktere mit Hilfe von Bewegungs- und Aktionspunkten über verschiedene Karten. Es gibt Punkte, an denen wir in Deckung gehen können, aber manche davon sind auch zerstörbar. Ziemlich nett ist auch, dass wir durch Fenster und ähnliches schießen können und es überraschende Elemente wie Brandbomben und Granaten gibt. Ein bisschen Glück ist natürlich immer mit dabei, aber diese Partien machen richtig Spaß.

Anfangs sind die Gefechte noch kurz und schmerzlos, weil unsere Gang noch ziemlich klein ist. Im Spielverlauf aber bieten sich weitere Charaktere an, unser Familie beizutreten. Mit ihren unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten entstehen spannende Kämpfe und wir passen das Spiel immer mehr unseren Bedürfnissen an. Außerdem gibt es Gegenstände, mit denen wir unsere Charaktere ausrüsten können. Das interessanteste Element ist dabei der Mut beziehungsweise die steigende Angst - je länger eine Partie dauert und je gefährlicher es wird. Mit Schreckschüssen können wir aber auch dem Gegner Angst einjagen.

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Trotzdem fehlt auch hier auf Dauer ein bisschen Spieltiefe. Im Vergleich zu Jagged Alliance und Xcom: Enemy Unknown sind die Gefechte nicht so ausbalanciert und das Deckungssystem ist nicht bis zu Ende gedacht. Wir können uns an viel zu wenigen Orten wirklich schützen und sind auf ein paar Markierungen auf der Karte angewiesen. Das Aufstufen der Charaktere folgt wie auf Schienen. In Omerta: City of Gangsters gibt es keine Erfahrungspunkte, sondern ein neues Level gibt es lediglich automatisiert und kollektiv für alle Charaktere an bestimmten Punkten im Spielverlauf.

Wir entscheiden allerdings schon vor Spielbeginn, über welche Spezialisierung wir als Boss verfügen. Über fünf Fragen beeinflussen wir Muskeln, Gewandtheit, Zähigkeit, Cleverness, Tapferkeit und List. Jede der Eigenschaften bringt bestimmte Vorteile mit sich und kann sich beim Spielen als nützlich erweisen. Weil diese Fragen aber immer gleich sind, hat sich die Idee schnell abgenutzt und nervt bei offenen Spielpartien beinahe.

Die Missionen sind relativ abwechslungsreich. Mal müssen wir einen Gegner ausschalten, an bestimmte Informationen kommen oder eine gewisse Menge Geld waschen. Ein paar solcher Ereignisse wären auch zwischendurch nett gewesen, um das Spiel aufzulockern - etwa, in dem auch gegnerische Banden versuchen uns und unsere Geschäfte aus dem Viertel zu vertreiben. Im Sandkasten-Modus aber bleibt der Titel recht dröge und die einzige überraschende Herausforderung die Polizei. Die fahndet bei zu vielen illegalen Aktivitäten nach uns und kann uns einbuchten. Mit ein bisschen Bestechung ist aber auch dein Freund und Helfer schnell in die Tasche gesteckt.

Omerta: City of Gangsters
Die andere Ebene des Spiels sind die rundenbasierenden Gefechte, in denen wir bis zu vier Gangster steuern.

Die meisten Dialoge laufen in simplen Textboxen ab, wurden aber angenehm vertont. Manchmal gibt es sogar ein paar stilisierte Standbilder, welche die jeweilige Situation darstellen. Insgesamt wirkt die Präsentation ziemlich mau und erinnert manchmal fast an ein Browserspiel. Die Eingabemaske ist aufgeräumt, aber an vielen Stellen ist das Spiel gerade zu benutzerfeindlich, weil einige Funktionen nur schwer erreichbar sind.

Obendrauf gibt es einen Online-Multiplayer für zwei Spieler, der sich auf die rundenbasierenden Gefechte bezieht. Es gibt zwei kompetitive und zwei kooperative Spielmodi, die aber nur eine nette Beigabe sind. Einmal kämpfen wir im Gefängnis und einmal in einer Bank mit- oder eben gegeneinander.

Omerta: City of Gangsters nichtsdestotrotz ein gutes Spiel, das Spaß macht. Es ist solide Unterhaltung und für Strategie-Freunde ziemlich nettes Futter. Die schnörkellose Präsentation macht ein Spiel in diesen Genres ebenfalls nicht schlechter, auch wenn wir uns da sicher mehr wünschen würden. Zumindest die lockere Swing-Musik und die Sprachausgabe sind gelungen, wenngleich sich an dieser Stelle ebenfalls viel wiederholt. Was den Titel aber am Ende so enttäuschend macht, sind die vielen Grenzen.

Es gibt bei den Spielmechaniken nichts, bei dem der Omerta: City of Gangsters wirklich herausragend ist. Vieles wiederholt sich dazu irgendwann einfach viel zu schnell. Die Zahl der möglichen Aktionen wirkt zunächst üppig, aber ist genau genommen ziemlich limitiert. Und das alles wäre trotzdem nicht weiter schlimm, wenn es nicht als Vollpreis-Spiel in den Handel kommt. Mit dieser Entscheidung müssen wir den Titel mit Spielen wie Xcom: Enemy Unknown vergleichen und das einfach so viel besser. Kalypso wäre besser gefahren, wenn es das Spiel wie etwa auch Patrizier IV seinerzeit für einen deutlich günstigeren Preis angeboten hätte.

06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
Idee, seichte Mafia-Simulation, netter Zwanziger Jahre-Stil, komplett lokalisiert
-
fehlende Spieltiefe, auf Dauer zu viel Wiederholung, rückschrittliche Eingabemaske
overall score
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