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Rabbids Go Home

Rabbids Go Home

Erst wollten sie Raymans Welt erobern, dann griffen sie nach der Erde und im vergangenen Jahr enterten sie mit ihren Minispielen die bunte TV-Welt. Nun ist die Zeit reif für die Hasen, um endlich ohne Raymans Hilfe auf eigenen Füßen zu stehen. In einem sind sie sich aber treu geblieben: Sie sind weiter komplett verrückt.

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Wer sonst würde auf die wahnsinnige Idee kommen, einen Müllberg zum Mond zu bauen? Es sind ja auch nur ein paar zehntausend Kilometer bis zu dem Ort, an dem sich die Baaaaah!-Schreihälse paradiesische Entspannung erhoffen. Und auf der Erde liegt schließlich genug Zeug herum, dass ihre Bewohner sowieso nicht mehr brauchen. Also schnappen sich zwei Hasen einen Einkaufswagen und sammeln alles ein, was nicht niet- und nagelfest ist.

Anders als in den letzten drei Hasenspielen, warten aber keine Minispiele, sondern satte vierzig vollwertige Level. Geschick ist allerdings immer noch bitter nötig, denn eigentlich hängen die Menschen doch noch sehr an ihrem Plunder und überlassen ihn nur ungern den gestörten Hasen. Die menschlichen Verteidigungsstrategien werden nach und nach entwickelt und erfordern mit steigendem Spielfortschritt ein gewisses Maß an Fingerfertigkeit für deren Bewältigung.

Während die Hasen also mit ihrem plautzigen Auftreten für totales Chaos sorgen, wollen sich die Menschen gern ihre heile Welt bewahren und setzen Vermintoren und Fallen ein. Verminatoren sind ebenfalls ganz gewöhnliche Erdlinge, die aber in aufgepustete Gummianzüge verfrachtet wurden und nun forsch und böse agieren statt zurückhaltend und ängstlich. Auch Menschen mit Hunden sollten die Hasen mit Vorsicht genießen. Allerdings braucht es oft nur genug Schwung mit dem Einkaufswagen und einen lauten Kampfschrei, damit auch das schwierigste Hindernis überwunden wird. Übermäßig anspruchsvoll ist das alles nicht und das wird es höchstens für Perfektionisten, die sämtliche Gegenstände in einem Level einsammeln wollen.

Letztendlich ist es auch nicht das Spiel selbst, was an Rabbids Go Home so unglaublich faszinierend ist. Denn mal ganz ehrlich, das Spielprinzip, mit einem Einkaufswagen umher zu gurken, ist relativ simpel und die meisten Elemente wiederholen sich beständig. Nein, der Grund, warum die Hasen trotzdem das Spielerherz im Sturm erobern, ist der Humor.

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Die Hasen bewegen sich durch die Welt der Menschen und ständig dröhnen über die Lautsprecher Durchsagen, die zwar keinerlei sinnvolle Information, aber bitterböse Wahrheiten enthalten. "Sicherheitshinweis! Wir erinnern sie daran, dass die Toiletten mit Videokameras ausgestattet sind." Oder: "Mehr Arbeit bedeutet mehr Verdienst und mehr Konsum." Ist es wirklich noch lustig, wenn die Hasen durch ein Atomanlage kreischen und plötzlich "Strahlung erhöht das Akne-Risiko. Pubertierende bitte fernhalten" ans Ohr dringt? Und wie deprimierend klingt der Satz: "Ihr Gehalt ist Dank genug."

Gesellschaftskritik und Videospiele schlossen sich nie aus. Rollenspiele und Adventures erzählen Geschichten, die sich gern auch umbequemerer Themen bedienen. Aber hier beweist Ubisoft, dass auch ohne tief schürfende Geschichte eine großartige Satire auf die Menschenheit möglich ist. So gibt es einen Charakter im Weihnachtsmann-Kostüm, der glaubhaft darlegen will, dass er der echte sei. Machen wir ihn mit dem Hasengeschrei nach und nach nackig, verliert er ein paar (Achtung Ironie!) Hamburger und dann seine Kleidung. Nur noch mit Unterwäsche bekleidet klingt sein plötzliches "Ich heiße eigentlich Karl-Heinz", seltsam geläutert.

Metaphern, die auf Missstände in der realen Welt hinweisen, ziehen sich durch das gesamte Spiel. Und wohl auch Ubisoft selbst hat sich im Spiel verewigt. Designer und Programmier sitzen jedenfalls wahrscheinlich nicht zufällig dort. Zumindest tappen auch diese Figuren in die Klischee-Falle. Die Computer-Nerds reagieren gelassen muffig auf ihre Entkleidung, während die Designerin auf dieses Event mit jauchzigen Lauten antwortet.

Zu allem Überfluss enthält das Spiel den verrücktesten Soundtrack aller Zeiten. Nicht einmal das seltsamste Asia-Spiel verzückt mit angestaubten Smash-Hits wie Boogie Wonderland, Rivers of Babylon oder Yellow River. An den unpassendsten Stellen tönt es aus den Boxen und auch der Begriff Fahrstuhlmusik muss nun wohl gänzlich neu definiert werden. Es ist eine unglaubliche Freude, sich in Rabbis Go Home über solche kleine Details zu amüsieren, dass das Spiel selbst fast in den Hintergrund rutscht.

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Optisch macht es natürlich nicht wirklich viel her. Die Wii setzt klare Grenzen, die Ubisoft aber auch nicht bereit war auszureizen. Dem Spaß tut das aber keineswegs einen Abbruch - und hübsch ist Rabbids Go Home trotzdem. Und dieses Urteil gilt sogar dann, wenn die kurzen, minimalistischen Zeichentrick-Einspieler gestrichen werden würden. Denn immerhin macht der Titel mehr her, als seine Vorgänger.

Obendrauf gibt es die Möglichkeit die Hasen optisch umzugestalten. Hierfür kann im Hauptspiel diverses Zubehör freigespielt werden. Neben Kleidung und farblichen Schmierereien ist es möglich, den Kopf zu verformen und die Augengrößen zu verändert. Wer daran Freude findet, kann seine Kreationen in einem eigenen, installierbaren Kanal zur Schau stellen und gegen andere antreten lassen. Das Prinzip ist dabei ganz ähnlich dem Mii-Wettbewerbskanal von Nintendo. Falls wenig Freude an derlei Spielereien besteht, kann Freunden auch durch den Fotomodus, der jederzeit im Spiel aktiviert werden kann, ein Eindruck vom eigenen Hasilein zugeschickt werden.

Wer so gar nichts von der Online-Welt hält und die Freunde sowieso regelmäßig zu Besuch hat, kann ihnen nicht nur seine Rabbids höchstpersönlich zeigen, sondern Freund oder Freundin eine zweite Wii-Fernbedienung gleich in die Hand drücken. Damit wird der erste Spieler entlastet und muss nicht mehr selbst mit dem Hasen, der in der Wii-Fernbedienung wohnt (das ist auch so ein Gag der Entwickler), auf Gegner schießen. Spieler Zwei darf mit seinem Fadenkreuz auch Gegenstände einsammeln. Das Spiel wird so erheblich leichter, spaßiger ist es dann sowieso.

Das was Ubisoft mit Rabbis Go Home abgeliefert hat, ist ein wirklich gelungener Titel und keinesfalls mehr so inspirationslos wie die letzten beiden Spiele. Der Humor ist großartig, das Spiel macht sinnvoll von den Möglichkeiten der Wii Gebrauch und ist technisch auf der Höhe der Zeit. Herausragend auch der wirklich originelle Soundtrack, der neben lizensierter Musik auch Stücke der moldawischen Kapelle Vagabontu enthält. Schade ist lediglich, dass der Titel keine echten Herausforderungen bietet und durch mangelnde Abwechslung glänzt.

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08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
Bitterböser Humor, Spitzen-Musik und -Sound, kurzweiliger Spielspaß, netter Zweispielermodus, Foto-Modus mit Speicherung auf der Pinnwand
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Wenig echte Abwechslung
overall score
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