Erinnert euch an die Rollenspiele der Achtziger zurück. Gut, und jetzt vergleicht sie mit den Rollenspielen von heute. Zumindest mir kommt es dabei oft so vor, als würden wir hier von zwei verschiedenen Genres reden. Die Spielmechanik hat sich in den vergangenen Jahren extrem weiterentwickelt, die Geschichten sind wesentlich komplexer geworden und die zu entdeckenden Welten um ein Vielfaches größer. Kurzum, die Rollenspiele von heute sind deutlich aufwendiger als früher.
Dennoch fühlt fast jeder von uns noch diese tiefe Verbundenheit mit den älteren Titeln, die uns an vielen Nachmittagen in den frühen Neunzigern Unmengen Stunden an Spaß bescherten. Rainbow Moon ist nun ein Spiel, das zwar erst Anfang des Monats veröffentlicht wurde und doch selbst vor zwanzig Jahren von jedem als ein typisches Rollenspiel wahrgenommen worden wäre. Und zwar als ein richtig Schönes. Das ist eigentlich ein gutes Vorzeichen für einen Download-Titel, doch es bringt fast immer einige Probleme mit sich, wenn man sich zu sehr an der Vergangenheit orientiert.
Und da bildet auch Rainbow Moon keine Ausnahme. Die Geschichte ist uninteressant und dazu noch ziemlich flach. Auf der Jagd nach einem Bösewicht wird unser Held Baldren von genau diesem in einem unachtsamen Moment durch ein mysteriöses Portal geschubst und landet auf dem Planeten Rainbow Moon. Dadurch wurde aber nicht nur er in diese unbekannte Welt befördert, sondern er öffnete damit auch das Portal für viele Monster, die nun den friedlichen Planeten terrorisieren. Kurioserweise ist den Bewohnern der Zusammenhang zwischen unserem plötzlichem Auftauchen und dem der Monster nicht aufgefallen und so begegnen sie uns freundlich und überaus hilfsbereit. Mit ihrer Unterstützung versuchen wir nun, einen Weg zurück in unsere Heimat zu finden.
Man merkt schon, dass die Geschichte ein echter Schwachpunkt von Rainbow Moon ist und das ändert sich leider auch im Verlauf des Abenteuers nicht. Für dessen Hauptgeschichte investieren wir zwischen fünfzig und sechzig Stunden Spielzeit, was durch sich ständig wiederholende Dialoge und unspannende Aufgaben zu einer richtig langweiligen Zeitspanne werden könnte. Doch ich wähle hier bewusst den Konjunktiv, denn es gibt eine Sache, die Rainbow Moon rettet.
Zu unserem Glück ist das Kampfsystem so solide wie ein Fels in der Brandung. Es erinnert dabei stark an Disgaea und verläuft klassisch rundenbasiert. Die nötigen Informationen, um das System zu meistern, und verschiedene Kampftaktiken erhalten wir nach und nach mit der Freischaltung neuer Optionen, so dass niemand zu Beginn mit massig neuem Wissen überfordert wird. Die Kämpfe bleiben dadurch eine ganze Zeit spannend und motivieren uns zum Sammeln von Erfahrungspunkten.
Doch nicht nur die helfen uns dabei, unseren Charakter stetig zu verbessern. Mit jedem besiegten Monster erhalten wir Rainbow Perlen, die wir in einem speziellen Shop nutzen, um sie gegen die Verbesserung unserer Eigenschaften, wie Stärke und Verteidigung, einzutauschen.
Sind die Perlen gerade knapp, schrauben wir unsere Attribute aber auch in die Höhe, indem wir unsere Waffen verbessern. Bei einem Schmied kombinieren wir etwa unser Schwert mit einigen Objekten, die wir unterwegs gefunden oder die uns besiegte Monster hinterlassen haben. Jede Waffe kann mit bis zu zwei Objekten verbunden werden und erhöht so je nach Wahl des Gegenstandes beispielsweise die Anzahl unserer Lebenspunkte oder die Schlagkraft unserer Angriffe. Bereits von Anfang an nutzen wir dieses System und verschaffen uns im Kampf so einige Vorteile.
Und Kämpfe finden sich in Rainbow Moon zur Genüge. Einige Gegner erscheinen sichtbar auf der Karte, andere fordern uns zufällig heraus und werden uns am unteren linken Bildschirmrand angezeigt. Besonders bei Letzteren kommt es uns zugute, dass wir selbst entscheiden, ob wir uns den Kämpfen stellen oder nicht. Das verhindert unnötigen Frust, weil wir nicht ständig von Monstern angegriffen werden, obwohl wir eigentlich nur die Gegend erkunden wollen.
Haben wir uns dann aber für die direkte Konfrontation entschieden, kommt es vor, dass uns der ein oder andere Gegner in die Ecke drängt und unsere physischen Fähigkeiten nicht ausreichen. Dann greifen wir auf verschiedene Fähigkeiten und Zaubersprüche zurück. Wie in Disgaea besitzt dabei jede Fähigkeit eine unterschiedliche Reichweite und beeinflusst verschiedene Felder auf dem Spielbrett. Da ist es nützlich, dass wir spezielle Strategien lernen, um die mächtigen Kriegsfertigkeiten sinnvoll einzusetzen.
Leichter wird es, wenn wir Verbündete finden, die uns auf der Reise begleiten. Hier zeigt Rainbow Moon erstaunlicherweise extreme Tiefe. Denn während uns Disgaea direkt mit vielen Gefährten und einer gigantischen Anzahl an Strategien ins Geschehen wirft, führt uns Rainbow Moon behutsam an die unterschiedlichen Kampftaktiken heran.
Alles in allem ist Rainbow Moon ein großartiges Rollenspiel. Es bietet uns zwar nicht viel mehr als das Gefühl von 'schon mal gespielt' und 'schon mal gesehen', aber das wenigstens in einer außergewöhnlich guten Art und Weise. Die Grafiken, das Charakterdesign und die Dialoge sind die einzigen Schwachpunkte eines Spiels, das seinen Fokus ganz offenkundig voll und ganz auf das Kampfsystem legt. Rollenspiel-Freunde sollten aber dennoch zugreifen, dafür spricht allein schon der Preis von 12,99 Euro. Dafür gibt es eine Nostalgiereise zurück zum guten aber simplen Gameplay von früher.