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Schlag den Raab

Schlag den Raab

Wenn jemand ein Videospiel zu einer TV-Show macht, gelten zwei Dinge fast immer. Erstens handelt sich bei der TV-Show um eine Art Quiz. Zweitens taugt das Videospiel in aller Regel nichts. Das ist auch bei Schlag den Raab so, der Versoftung der wirklich lustigen Samstagabend-Show von Stefan Raab.

Im Fernsehen spielt der Moderator um mindestens 500.000 Euro Preisgeld gegen einen Kandidaten in 15 verrückten, witzigen, absurden, pompösen oder mindestens kindischen Minispielen antritt. Das ist dort toll, aber liefert offenkundig nur Material für ein schnell hingepfuschtes Videospiel.

21 Minispiele aus dem reichhaltigen Portfolio haben es ins "fertige" Spiel geschafft. Es gibt einen Show-Modus für einen oder zwei Spieler, einen Partymodus für bis zu vier Spieler und einen Minispiel-Modus, wo man die Games einzeln spielen darf. Besonderes Verkaufsargument sind die Originalstimmen von Stefan Raab, Matthias Opdenhövel und Elton, die auch als Charaktere im Spiel zu erkennen sind, "als lustig-humorvolle Karikaturen im Comicstil", wie Publisher Bitcomposer schreiben lässt.

Die Realität im Spiel sieht freilich anders aus. Moderator Matthias Opdenhövel glänzt durch gelangweilt eingesprochene Kommentare, die in etwa so lustig sind wie eine Darmerkrankung am Wochenende. Anderseits könnte man sagen, dass es den Entwicklern perfekt gelungen ist, seine Unwitzigkeit einzufangen und dann noch mit einem Gelangweilt-Filter zu dämpfen. Die Optik der Avatare wie auch des gesamten Spiels ist nahe an der Schmerzgrenze. Die Charaktere bewegen beim Sprechen gar nicht erst die Lippen. Ihre Hände sehen aus wie zu hell gebrannte Backsteine und sie spielen vor einem Publikum ohne Gesichter, das im Fastdunkeln debil wippend vor sich hin vegetiert.

Schlag den Raab
Die Grafik ist selten lieblos, mit Händen wie zu hell gebrannte Backsteine...

Schlag den Raab müsste davon leben, dass die Minispiele gemeinsam mit Freunden zum Riesenspaß werden. Leider sind nur wenige der Minispiele ein echter Partykracher. Das Bierkrug-Schieben ans Tischende hat Potenzial und funktioniert sogar mit der Wiimote ziemlich gut. Aber danach kommt nicht mehr viel. Beim Rechenspiel bewegen wir uns auf dem untersten Anforderungsniveau schon auf dem mittleren Schwierigkeitsgrad namens Normal. Vier mal sieben minus drei - wären die Ergebnisse dreistellig (was sie vielleicht auf Schwierig sind) - schafft man es mit dem verfügbaren System kaum, das Ergebnis rechtzeitig einzugeben. Dauert alles viel zu lange mit dem Schieberegler. Warum sie nicht einfach ein Zahlenfeld wie vom Taschenrechner gewählt haben, bleibt völlig schleierhaft. Wenigstens kann die Künstliche Intelligenz kaum Rechnen, so langsam wie sich die Computergegner entscheiden, den Buzzer zu drücken.

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Das Slotcar-Rennen ist kaum spielbar. Die Steuerung erfolgt mit einem imaginären Steuerknüppel, den man nach vorne neigen muss. Ich hab‘ die erste Runde aus Versehen auf Dauervollgas gespielt, weil ich die Wiimote in Richtung Fernseher gehalten und mit dem B-Knopf Gas gegeben habe. Ging auch nicht besser oder schlechter als mit der korrekten Steuervariante eine Runde später...

Und dann der Höhepunkt des Unsinns: Wo liegt was. Das Spiel wäre eigentlich superlustig, wenn es denn nur faktisch funktionieren würde. Setzt man seine Nadel auf die Karte, mit wackeliger Hand nach stundenlangem Fixieren des gewünschten Punktes mit der Wiimote, landet man trotz präzisester Ortskenntnis immer mindestens 200 Kilometer neben dem Ziel. Das ist völlig sinnfrei - wenn sie doch wenigstens einen Zoom eingebaut hätten, aber das wäre zu teuer gewesen. So ist der schwarze Punkt eben im Verhältnis 200 Kilometer groß und trifft trotzdem nie.

Aber es geht noch schlimmer. Auf der Packungsrückseite der Wii-Version steht: "Spezielles Bonussystem garantiert langfristigen Spielspaß durch Freischalten neuer Minispiele". Das ist offenbar schlicht falsch. Es können genau zwei Minispiele freigeschaltet werden: Sägen ist das eine, Mehr oder Weniger das andere. Um es mit den Worten des Internets zu sagen: FTW? Das Wii-Spiel kostet übrigens satte 49 Euro, eine Frechheit für das, was hier abgeliefert wurde.

03 Gamereactor Deutschland
3 / 10
+
Das Bierkrug-Spiel
-
Schlechte Grafik, lieblos umgesetzte Minispiele
overall score
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Schlag den Raab ist eine wirklich lustige TV-Show von Stefan Raab. Das zugehörige Videospiel dagegen ist einfach nur schlimm.



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