Deutsch
Gamereactor
Kritiken
Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2

Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2

In Deutschland fehlen die bösen Symbole, aber natürlich dürfen wir trotzdem Nazi-Zombies im postapokalyptischen Berlin zerlegen. Machen wir dann mal...

Es gibt nur drei Gründe, weshalb ein wahrer Scharfschütze so gerne aus der Ferne agiert. Zum einen ist es die Planung und Durchführung eines Hinterhaltes. Man könnte das auch Schadenfreude nennen. Der zweite Grund ist das überlegende Machtgefühl eines unentdeckten Kills. Während die Verbündeten des Opfers zur Stelle des Geschehens eilen, um die Umgebung nach dem Feind abzusuchen, hat sich der Schütze oft schon längst aus dem Staub gemacht. Und drittens: Die rote Wolke, der Augenblick, in dem die Kugel in den Kopf eines Gegners eintritt. Aus diesen drei Zutaten hat Rebellion ein postapokalyptisches Sniper-Game gebaut.

Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2 ist ein Koop-Game für vier Spieler, das im Nachkriegs-Berlin spielt. Dort müssen wir aus der Verfolgerperspektive einen von vier männlichen Helden Zombies töten lassen. Wer oder was diese Charaktere bewegt, einen Trip in die deutsche Hauptstadt zu wagen, das ist wohl während des Spielens an mir vorbeigegangen. Wenn es überhaupt so etwas wie eine Geschichte hinter der Zombieapokalypse gibt, dann ist das sicher die Suche nach diesen übernatürlichen Sagarmatha-Reliquien. Diese tränenförmigen Steinklötze sind fest in Nazi-Händen und scheinen sehr wichtig für den Abschluss des Spiels zu sein. Aber auch der Grund hierfür muss schlicht und ergreifend an mir vorbeigerauscht sein. Irgend ein mystischer Kram halt. Was soll's. Die Story ist mit Sicherheit nicht das wichtigste am Spiel.

Der Titel hat andere Stärken. So eigenartig es auch klingen mag, das Beste ist ausgerechnet die Atmosphäre. Während wir die fünf Kampagnenlevel überleben und uns letztlich dem okkulten General entgegenstellen, umgeben uns imposante Bilder von zerstörten Stadtteilen und brennenden Häusern. Die Areale sind ziemlich prägnant und unterscheiden sich stark voneinander. Das Chaos ist überall spürbar und ein beklemmendes Gefühl der Panik steigt insbesondere in den dunklen Bunkeranlagen auf.

HQ
Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2
Um die Zombiemassen zu bewältigen, dürfen wir auf Ausrüstungsgegenstände wie den Stolperdraht oder die Landmine zugreifen.
Werbung:

Gemixt wird all das mit brachialer Gewaltdarstellung, nicht enden wollenden Blut- und Zombiefleischmengen und einer feinen Prise Okkultismus. Besonders die "Wiege des Bösen" hat es mir angetan. Dort gelangt die Truppe in das Epizentrum der Zombie-Apokalypse. In den engen Räumen und verwinkelten Gängen des Führerbunkers geschehen viele übernatürliche Dinge und vor dem geistigen Auge erscheinen die merkwürdigsten Sachen. Rebellion beweist hier besonders gelungen, dass sie dem Fanatismus der Nationalsozialisten eine Form verleihen können.

Beim Gameplay darf man nicht allzu viel Neues erwarten. Mit drei menschlichen Mitspielern müssen wir uns Zombies entgegenstellen, um zum nächsten Versteck zu gelangen. Häufig müssen mehrere Wellen abgewehrt werden. Dann folgt stets ein Bereich mit Munitionstruhen und merkwürdigen Stimmen... klingelt da etwas im Hinterkopf? Hört sich alles verdächtig nach Left 4 Dead an. Diese Kritik ist jedoch weitestgehend unberechtigt. Denn das Spielgeschehen wird aus der Verfolgersicht erlebt und es gibt eine Art Deckungssystem. Außerdem gibt es diesen Roadie-Run, wie man ihn aus Gears of War kennt. Damit ist es möglich, an den Untoten vorbeizurennen und diese in die Irre zu führen.

Ja, mit diesen Untoten hatte ich wirklich eine Menge Spaß. Die Zombie-Armee unterscheidet sich aber noch in weiteren Punkten von den akrobatischen Untoten aus dem Hause Valve. Die Nazi-Zombis sind saulangsam. Sie schlurfen und hinken im Schneckentempo auf die Position der Spieler zu. Gefährlich sind eigentlich nur die Viecher, die hinter einem auftauchen. Einige besondere Gegner benutzen sogar Schuss- und Sprengwaffen. Es sind quasi unverwüstliche Fleischbrocken und schreckliche Gegner. Der Nazi-Juggernaut benutzt ein leichtes Maschinengewehr und ist auf seinem Vormarsch kaum zu stoppen. Selbst im Koop frisst der dicke Schädel dieser Bestie magazinweise Kugeln, bevor er endlich in einem roten Nebel zerplatzt. Ansonsten beschränkt sich die Kreaturenvielfalt Berlins vor allem auf untote Soldaten, mehr oder weniger robusten Skeletten und einigen Scharfschützen.

Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2
Beim Gameplay darf man nicht allzu viel Neues erwarten.
Werbung:

Um die Zombiemassen zu bewältigen, dürfen wir auf Ausrüstungsgegenstände wie den Stolperdraht oder die Landmine zugreifen. Das ist einer der wenigen Anknüpfpunkte an die PS2-Vergangenheit. Vor allem der Stolperdraht ist ein absoluter Lebensretter. Einfach den Fluchtweg absichern, während die vier Schützen Patronenkugeln zwischen die orange leuchtenden Augenhöhlen der Feinde platzieren. Ist dann plötzlich das Geräusch einer nahen Explosion zu vernehmen, wird es höchste Zeit umzudenken.

Die kleine Welt des Zielfernrohres muss gegen eine der zwei Zusatzwaffen getauscht werden, um den Rückzug anzutreten oder die Verteidigungslinie neu sichern zu können. Neben einem der Scharfschützengewehre gibt es eine Schnellfeuerwaffe für besonders brenzliche Situationen und eine Pistole, falls die Munition einmal knapp wird. Alternativ können erfahrene Spieler auch mit der Sniper in den Nahkampf gehen. Wenn die linke Schultertaste nicht vollkommen heruntergedrückt wird, zoomt das Gewehr auf eine normale Stufe, was präzise Abschüsse auf kurze Entfernung möglich macht.

Besonders mutige Spieler können die kürzlich zerschossenen Gegner nach Munition und Ausrüstungsgegenständen durchsuchen, aber sie sollten dabei vorsichtig sein. Denn wenn die Feinde nicht mit einem Kopfschuss ausgeschaltet wurden, stehen einige von ihnen einfach wieder auf. Deshalb sollte man besser genau hinsehen, ob ein Zombie wirklich tot oder nur umgefallen ist.

Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2
Die Scharfschützengewehre unterscheiden sich nur geringfügig voneinander in Zoomstufe und Magazingröße.

Die Schadensberechnung im Spiel ist nämlich so eine Sache für sich. Oft habe ich einen Gegner angeschossen, der daraufhin scheinbar durch die Kraft des Aufpralls umfiel. Allerdings haben Schüsse in den Torso oder die Gliedmaßen annähernd keine Wirkung gezeigt. Das Trefferfeedback wirkt nicht nur deshalb kaum zufriedenstellend - den Kopfschuss mal ausgenommen. Ein ebenso schlimmer Störfaktor sind unsichtbare Gegenstände, die das Fortbewegen behindern. Es nervt einfach, wenn man ständig am Türrahmen hängen bleibt.

Technisch liefert Rebellion aber eine gute Arbeit. Texturen und Schatten wirken nicht überladen und sehen schick aus. Die Zombies haben zahlreiche Unterscheidungsmerkmale wie verbrannte Hautstellen, abgenutzte Rüstungsteile und individuelle Nahkampfwaffen. Das braucht natürlich eine dementsprechend große Menge an Speicher. Mein PC ist gerade ein Jahr alt und alles läuft leider nur auf Normal - und zwar mit Einschränkungen. Die Areale sind wirklich kreativ gestaltet und Ruckler kommen selten vor. Ladezeiten gibt es nur zu Beginn beim Neustart einer Karte und lediglich der Ton zickt manchmal rum.

Mehr ins Gewicht fallen die Schadensmodelle der Waffen und der Gegner, sowie die Physik und das Leveldesign. Die Scharfschützengewehre unterscheiden sich nur geringfügig voneinander in Zoomstufe und Magazingröße. Ein Kopfschuss bedeutet stets den Tod eines Gegners und das klappt halt auch mit einer Maschinenpistole, die eine deutlich erhöhte Schussfrequenz, aber eigentlich kaum Schaden verursacht. Nie ist ein bestimmtes Gewehr für eine vorherbestimmte Stelle im Level nötig, sie dienen einzig der individuellen Entfaltung. Die Gebiete selbst sind immer durch Trümmer, Wracks oder Feuer abgegrenzt, was irgendwie lieblos wirkt und die Linearität des Spiels untermauert. Ganz selten gibt es abseits des Weges mal etwas zu finden.

Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2
Texturen und Schatten wirken nicht überladen und sehen schick aus.

Mein persönliches Highlight wartete bereits im ersten Level auf mich. Keine fünf Minuten nach dem Start fand ich mich in einem Raum mit zahlreichen toten Kämpfern und einem Kühlschrank wieder. Eine Interaktion später und der Kühlschrank steht offen. Darin befindet sich ein Kopf auf einem Silbertablett. Schießt man diesen ab, geschieht ein besonderes Event. Aber ich möchte nicht zu viel verraten. Dieser Augenblick zeigt die Kreativität der Entwickler und dafür verdienen sie ein ganz großes Lob!

Die britischen Entwickler wissen, worauf schießwütige Spieler stehen. Trotz kleinerer Mängel kann sich Sniper Elite: Nazi Zombie Army 2 sehen lassen. Klar, der Koop-Spaß ist unheimlich linear und das Dauerfeuer via Kammerverschluss muss man mögen. Aber die Spielmechanik erfreut einen mit einer tollen Scharfschützenerfahrung: Schadenfreude, dem Machtgefühl und genug roten Nebel, um damit ganze Landstriche zu überziehen. Und mal im Ernst. Zombies, Scharfschützengewehre und ein paar Freunde, die uns unter die Arme greifen. Da fehlt doch nicht mehr viel und der Abend ist gerettet.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
Zombie-Apokalypse im atmosphärischem Berlin, Detailgrad der Untoten, okkulte Nazis abschießen, Fest für Gore-Fans und schießwütige Koop-Fans
-
Grafik frisst unerhört viel Speicher, Ton zickt gelegentlich, Scharfschützengewehre nicht jedermanns Geschmack, trashige Story
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

Ähnliche Texte



Lädt nächsten Inhalt