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Soul Sacrifice

Soul Sacrifice

Koop-Spiele basieren eigentlich darauf, dass wir uns gegenseitig helfen. Würdest du dich auch für das große Ganze opfern?

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"Wären alle Menschen auf der Welt reich, so gäbe es keine Monster", sagt Carnatux zu mir. Das in Soul Sacrifice ein solch moralische Tiefe steckt, hätte ich anfangs nicht erwartet. Auf den ersten Blick ist das Action-Rollenspiel dröge und langweilig - ein Spiel, in dem sich vieles wiederholt. Es ist auch ziemlich offensichtlich, woher diese Einschätzung rührt. Es gibt bei Gegnern und Welten nur wenig Abwechslung und viele Missionen müssen erneut durchgeführt werden, um den Charakter zu stärken. Soul Sacrifice wirkt generisch und belanglos, dabei steckt so viel dahinter.

Wir sind an einem ziemlich düsteren Ort gefangen und erwarten unsere Hinrichtung durch den bösen Zauberer Magusar. Zwischen Knochenresten aber hören wir eine Stimme und finden das Buch Librom. Es ist das Tagebuch und sein Inhalt soll uns selbst zum Zauberer machen und damit vielleicht retten können. Die Seiten im Buch beinhalten verschiedene Missionen in Form von Erinnerungsfragmenten an seinen Verfasser, der Magusar sehr gut kannte. Und mit dem Buch erfahren wir auch, warum unser Peiniger zu einem solch bösen Menschen wurde.

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Soul SacrificeSoul Sacrifice
Soul Sacrifice ist eben sehr speziell und definitiv keine seichte Rollenspielkost.
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Das ganze Konzept des Spiels basiert auf der Entscheidung, ob wir etwas opfern oder retten wollen. Selbst unsere Zauber, die einzige Möglichkeit anzugreifen oder uns zu verteidigen, ordnen sich dem unter. Magie basiert auf Opfergaben und die sind endlich. Sollten wir noch einen Rest am Ende des Kampfes übrig haben, wird die Gabe wiederhergestellt. Verbrauchen wir sie ganz, ist sie verloren. Und gleiches gilt auch für Monster und Mitstreiter. Da Monster verdorbene Wesen sind, können wir sie retten und in ihre ursprüngliche Gestalt zurückverwandeln - auch wenn dies dem Codex der Zauberer zuwider läuft.

Eigentlich bedeutet das Retten von anderen Zauberern, die zu Monstern geworden sind, das wir unser Leben verwirkt haben und nun selbst auf der Abschussliste stehen. Aber warum sollten wir einen wimmernden Menschen töten, der um Hilfe fleht. "Bitte! Ich will nicht allein sterben", rief eines der Opfer. Irgendwie hat es mir widerstrebt, solche Figuren zu opfern - auch wenn es natürlich jedem freisteht, dies zu tun. Wer viele Monster rettet, dessen Verteidigung und Erholung steigert sich. Für das Opfern wächst unsere Magie und damit unser Angriff. Manchmal müssen wir auch Opfer bringen - etwa dann, wenn es um einen Kampf auf Leben und Tod geht. Retten wir unseren Gegner, dann wird dieser wieder angreifen.

Sich komplett auf einen Zweig zu versteifen, ist schwierig. Eine gewisse Balance zwischen dem Retten und Opfern ist vernünftig. Trotzdem gibt es neben dem sehr neutralen Weg auch Boni für den dunklen und den göttlichen Pfad. Der Arm, mit dem wir unsere Zauber wirken, kann mit Siegeln versehen werden, die unsere Fähigkeiten verstärken. Und einige dieser Siegel funktionieren eben mit dem jeweiligen eingeschlagen Weg besser. Zudem können wir über die Zeit in einigen Missionen Gefährten mit uns führen, die ebenfalls über einen neutralen, einen göttlichen oder einen dunklen Arm verfügen. Sollten wir solche Figuren bei uns haben, müssen wir natürlich auch aufpassen, wie wir vorgehen.

Soul Sacrifice
Das ganze Konzept des Spiels basiert auf der Entscheidung, ob wir etwas opfern oder retten wollen.
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Die Wahn-Chroniken, wie die Tagebucheinträge bezeichnet werden, wirken zunächst recht belanglos. Ein Sprecher wirft uns zwischen den Missionen mit unglaublicher Ruhe kleine Brocken hin. Was anfangs noch ermüdend wirkt, akzeptieren wir bald als Stilmittel. Was der Verfasser des Buches erlebt hat, ist keinesfalls leichte Kost. Es sind schwermütige Geschichten, die immer auch etwas über die menschliche Seele verraten. Manchmal haben sie einen positiven Ausgang, oft genug aber nicht. So zieht uns das Buch in seinen Bann. Gleiches passiert übrigens auch mit unserem Charakter. Wir verschmelzen über die Zeit mit dem Verfasser - seine Erinnerungen werden zu unseren.

Die Missionen spielen sich in Arenen ab, von denen es nicht furchtbar viele gibt. Die Abwechslung hält sich also in Grenzen. Gleiches gilt für die Monster. Zwar scheint es offensichtlich eine relativ breite Palette zu geben, aber nicht wenige sind nur Abwandlungen bereits bekannter Monster. Für Konter, bestimmte Angriffsformen und andere Dinge bekommen wir Bonuspunkte. Je besser unsere Bewertung ausfällt, desto mehr Gaben bekommen wir als Belohnung. Verlieren wir also eine Gabe, wie anfangs erwähnt, dann können wir versuchen, diese durch gute Leistung sehr mühselig zurückzugewinnen.

Die Missionen wirken dadurch auf den ersten Blick öde und repetitiv. Auch die Grafik verliert durch den sehr erwachsenen und realistischen Stil. Das hier ist technisch eben "nur" eine Playstation Vita und keine HD-Konsole - zumal es an Details mangelt. Wir fühlen uns manchmal wie in einem schlechten Online-Rollenspiel. Und auch wenn wir natürlich viele Missionen tatsächlich mit anderen Spielern austragen können, so ist dieser Aspekt doch eher ein Extra. Und: Auch wenn es etwas Zeit braucht, das zu erkennen, so ist der Titel dennoch etwas Besonderes. Durch das Prinzip der Opfergaben und die interessante Handlung, gewinnt Soul Sacrifice zum Glück seine Selbstständigkeit und Unterscheidbarkeit zur Konkurrenz.

"Wie einfach alles sein könnte, wären keine Gefühle im Spiel", schreibt unser Verfasser in sein Tagebuch. Und tatsächlich wäre es mit Soul Sacrifice dann auch einfacher, denn ohne die wirklich eindringlich vorgetragene Geschichte ist das Spiel eher vernachlässigbar. Die moralische Komponente macht es dann aber doch so interessant und wir entdecken darüber erst die Möglichkeiten, die der Titel uns bietet. Soul Sacrifice ist eben sehr speziell und definitiv keine seichte Rollenspielkost. Wer sich mit dem Wahnsinn auseinandersetzen will und die Monotonie nicht scheut, der erlebt ein düsteres, aber auch interessantes Abenteuer.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
ein sprechendes Buch als Hub in eine düstere Welt, tolle Opfer-Mechanik, interessante Handlung, simpel integrierter Online-Modus
-
eintönige Level und Monster, repetitiver Spielaufbau
overall score
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