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Star Wars Jedi: Fallen Order

Star Wars Jedi: Fallen Order

DICE reicht das Lichtschwert an Respawn Entertainment weiter, die uns endlich zeigen können, was sie draufhaben.

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Die verdammte Sumpfkröte starrt mich mit ihren drei gelben Augen an. Es ist das fünfte Mal, dass mein junger Padawan brutal von ihr getötet wurde und mir ist klar, dass ich eine völlig andere Strategie ausprobieren sollte, aber das wird bis zu einem anderen Tag warten müssen. Der Kampf gegen die Kröte bleibt trotzdem in meinem Kopf und bevor ich einschlafe bekomme ich eine blendende Idee. Wenn ich am Eingang des Verlieses bleibe, in dem die Kröte ihren Schrecken verbreitet, kommt der verdammte Bastard möglicherweise nicht zu meiner eigentlichen Party hinzu.

Nachdem ich das erkannt habe, konnte ich nicht mehr einschlafen. Natürlich stand ich nachts um 03 Uhr noch einmal aus meinem Bett auf, um die Theorie sofort zu überprüfen. Es lief auf Anhieb ein bisschen besser - gefolgt von einem weiteren Versuch, bei dem die Kröte endlich das Zeitliche segnete. Die Zufriedenheit über diese Situation war enorm und lässt sich mit nichts anderem vergleichen, als mit einem harten Kämpfen in den Dark-Souls-Spielen. Das wirft natürlich die Frage auf; ist Star Wars Jedi: Fallen Order plötzlich ein Souls-Game?

Die Antwort muss lauten... nein. Aber auch ja. Denn es muss als Tatsache angesehen werden, dass sich Respawn Entertainment von From Softwares Genre-definierenden Titeln inspirieren hat lassen. So viele Elemente lassen sich direkt zurückverfolgen - nicht zuletzt die eigenen Erfahrungspunkte, die beim Tod zurückbleiben. Oder die Feinde, die plötzlich wieder auftauchen, nachdem wir rasten. Aber das ist Star Wars, kein japanisches Spiel für ein Hardcore-Publikum. Es ist für ein Massenpublikum entwickelt worden und bietet daher fünf Schwierigkeitsgrade, von denen Standard der Zweitleichteste ist.

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Star Wars Jedi: Fallen OrderStar Wars Jedi: Fallen Order
Respawn Entertainment lässt sich von From Software, Rocksteady und Square Enix inspirieren.

Jeder, der ein herausforderndes, aber nicht sadistisches Abenteuer sucht, wird das in Star Wars Jedi: Fallen Order auch bekommen. Es gibt jedoch noch andere Unterschiede zu Soulsborne, denn Respawn ließ sich unbeeindruckt von den besten Third-Person-Abenteuern der Spielewelt inspirieren. Uns sind sehr klare Ähnlichkeiten zum spielerischen Gerüst der Batman-Arkham-Spiele aufgefallen, doch auch die neuesten Tomb-Raider-Abenteuer haben ihren Einfluss hinterlassen. Hauptsächlich ist es das klassische Metroidvania-Konzept, das die Welt dieses Actionspiels durchzieht.

Das soll aber nicht heißen, dass Respawn keine eigene Identität für Star Wars Jedi: Fallen Order gefunden hat. Im Gegenteil; sie haben sehr geschickt ein kompetentes Abenteuer zusammengestellt, das auf eigenen Beinen steht und sich vollständig um die schreckliche Order 66 dreht - die Vernichter der Jedi-Ritter. Diejenigen, die Star Wars lieben, wissen natürlich, dass nur sehr wenige Jedis der rücksichtslosen Verfolgung durch das Imperium entkommen sind, die nicht einmal Kinder verschonte.

Die wenigen, die trotz aller Widrigkeiten überlebten, mussten sich verstecken. In zwei der bekannteren Fälle suchten sie Zuflucht in der Wüste von Tatooine und in Dagobahs Sumpf. Im Falle von Cal Kestis, dem Protagonisten dieses Abenteuers, ist es ein riesiger Schrotthaufen, der uns als Rückzugsort diente. Doch nur mit Schrott zu arbeiten wäre eine ziemlich traurige Ausrede für ein Star-Wars-Abenteuer, deshalb führen die Dinge unweigerlich dazu, dass Kestis zur Anwendung der Macht gezwungen wird.

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Star Souls? Nein - das hier ist Star Wars, kein japanisches Spiel für ein Hardcore-Publikum.

Auf diese Weise entdeckt ihn das Imperium, das ihn fortan unermüdlich verfolgt, um ihren Einfluss auf die Galaxis zu stärken. Die Feinde schicken ihre besten Inquisitoren, um Cal zu vernichten. Das sind ziemlich beschissene Chancen für einen jungen Mann, der sein Training noch nicht einmal beendet hat. Doch zum Glück bekommt er bald Hilfe und das Abenteuer kann beginnen. Wir wollen diese Kritik so Spoiler-frei wie möglich halten, obwohl die Geschichte in dem Abenteuer tatsächlich eher eine Nebenrolle spielt, was zunächst vielleicht nicht offensichtlich wird.

Genau wie bei den Arkham-Spielen von Batman oder dem Tomb-Raider-Neustart gibt es im Hintergrund eine solide ausgearbeitete Geschichte, sowie ordentliche (englische) Synchronsprecher. Auf der anderen Seite wird die Geschichte fast nur in den Zwischensequenzen vorangetragen, da es ansonsten ausschließlich um das Gameplay geht. Insgesamt ist das Angebot trotzdem sehr abwechslungsreich und unterhaltsam. Wo andere Abenteuerspiele oftmals das etwas anstrengende Waldlevel, die obligatorischen Fabrikanlagen und natürlich das Schneegebiet mit Lava bieten, hat Star Wars den Vorteil, dass es jede Umgebung inszenieren kann, indem sie einfach einen neuen Planeten erfinden.

Das ist genau das, was Respawn getan hat und deshalb besuchen wir während dieser Reise bekannte und neue Orte. Es ist also immer wieder spannend zu sehen, was als Nächstes passiert. Ein bisschen negativ reagiere ich jedoch darauf, dass sich die Spielwelten nie wirklich echt anfühlen. Dörfer werden am Rande tödlicher Abgründe gebaut, die von Straßen ohne echte Befestigung überquert werden. Warum in aller Welt sollte jemand eine Stadt an einem Ort wie diesen bauen wollen? Jeden verdammten Tag würden hier etliche Menschen sterben. Und dann stehen die Sturmtruppen mit ihren schweren Waffen oft an Orten herum, die selbst ein junger und beweglicher Jedi nur schwer erreicht. Dass manche Gebiete regelmäßig über Plattforming-Bereiche miteinander verbunden sind, die selbst unser Jedi-Super-Mario nur mit großer Anstrengung bewältigt, ist da noch die Spitze des Eisbergs.

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Star Wars Jedi: Fallen OrderStar Wars Jedi: Fallen Order
Die Order 66 sucht nach Cal Kestis. Das sind ziemlich beschissene Chancen für einen jungen Mann, der sein Training noch nicht einmal beendet hat

Die Spielwelt dient allein der Unterhaltung und muss sich nicht zwangsweise logisch anfühlen, weil das Gameplay der Fokus ist. Trotzdem halten uns auch dünne Zäune und zerbrechliche Gegenstände auf, die selbst ein fauler Redakteur wie ich mit ein bisschen Anstrengung zerschlagen könnte (und dabei haben wir kein schickes Lichtschwert, mit dem Cal mehrere Dezimeter dicke Panzertüren öffnet). Manchmal fühlt es sich ein bisschen albern an, irgendwo zu stehen, ein Sammlerstück ausmachen zu können, nur um begreifen, dass wir einen Umweg einlegen müssen, um das Objekt der Begierde aufzuklauben. Bis wir dieses Artefakt unser eigen nennen dürfen werden mehrere Stunden vergehen, denn zuerst müssen wir mit dem Raumschiff auf einem anderen Planeten eine neue Fähigkeit erlernen, anschließend wieder zurückkehren, um das Objekt aufzunehmen.

Das kennt man bei solchen Spielen ja und wir wissen natürlich, dass sich nur die wenigsten Spieler darüber so sehr aufregen, dass sie das Spiel gänzlich abbrechen (das wäre eine Schande). Trotzdem sollte das Gameplay idealerweise in einem begründeten Verhältnis zur Welt stehen, sodass beides in Harmonie schwingt. Da es aber immer Spaß macht, das Spiel zu spielen, fühlt sich diese Streckung nie als wirkliches Problem an. Wir schalten neue Fähigkeiten ohnehin in einem ziemlich hohen Tempo frei, sodass Cal stärker wird und die Kämpfe noch mehr Spaß machen.

Und wir müssen mächtiger werden, um gegen die größeren Herausforderungen zu bestehen. Obwohl Star Wars Jedi: Fallen Order nicht sadistisch schwer ist, ist es dennoch ein herausforderndes Spiel. Ein gewöhnlicher Sturmtruppler und sogar die erbärmlichen Weltraumkäfer können unser Ende bedeuten, wenn wir nicht aufpassen. Schwierigkeitsspitzen in Form von wirklich herausfordernden Gegnern sind auch an vielen Stellen zu finden. Die Fertigkeitsbäume sind nämlich nicht vollständig geöffnet und entwickeln sich erst mit der Zeit weiter (wir müssen fast alle Talente eines Bereichs lernen, bevor weitere Fertigkeiten hinzugefügt werden). Die Wahlfreiheit ist dadurch nicht wirklich gegeben und eine maßgeschneiderte Jedi-Erfahrung entsteht auf diesem Wege auch nicht.

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Star Wars Jedi: Fallen OrderStar Wars Jedi: Fallen Order
Im Hintergrund stehen eine solide ausgearbeitete Geschichte, sowie ordentliche (englische) Synchronsprecher.

Überall auf der Welt gibt es Geheimnisse, die es zu entschlüsseln gilt. Oft sind das dramatische Ereignisse, die uns mit weiteren Ausführungen der Macht versehen und manchmal geht es darum, dem Abenteuer ein wenig mehr Kontext zu verleihen. Es gibt auch viele kosmetische Anpassungen, sowohl für unseren kleinen Robo-Kumpel BD-1 (es ist Star Wars, jeder muss einen lustigen Droiden haben!), sowie für unser Lichtschwert, Cal selbst und natürlich sein Raumschiff. Wer sich darauf konzentriert, wird nur sehr wenig Mehrwert bekommen, aber immerhin steht die Welt auf diesem Wege nicht still. Trotzdem fühlt sich das Sammeln dieser Gegenstände etwas künstlich an, doch am Ende des Tages ist es eben nur ein Videospiel. Ab und zu konnten wir auch nützliche Dinge finden, wie zum Beispiel, dass die von BD-1 bereitgestellten Stim-Packs mehr Gesundheit verleihen - das ist aber natürlich die Ausnahme.

Die Schlachten selbst sind in ihrem Design ziemlich einfach konzipiert. Wir haben die Macht und ein Lichtschwert, beides wird häufig zum Einsatz kommen. Mit RB/R1 und gutem Timing führen wir die Parierbewegung aus, mit denen Schüsse feindlicher Sturmtruppen zurückgeschickt werden können und Cal feindliche Nahkämpfer kontert. Das System ist Rocksteadys Batman-Spielen entnommen und es funktioniert großartig. Wenn wir später die Möglichkeit haben, zwischen besseren Kraft- und Schwertfähigkeiten zu wählen, empfehle ich euch, euch auf die Macht zu konzentrieren. Die Fähigkeit Feinde zu schubsen oder die Zeit zu verlangsamen bietet wirklich sehr viele Vorteile.

Es gibt viel Abwechslung in den angebotenen Schlachten, obwohl wir aus Spoiler-Gründen nichts davon preisgeben möchten. Auf jeden Fall wird es einige Momente im Spiel geben, die den Traum des Jedi-Daseins sehr anschaulich und einprägsam widerspiegeln. Wir haben in der vergangenen Woche mehr als einmal eine Karriereänderung in Erwägung gezogen, denn Jedi-Ritter sind so viel cooler, als Videospiel-Redakteure. Wir sprechen hier über wirklich epische Dinge, die vor allem diejenigen Star-Wars-Fans zu schätzen wissen werden, die das Universum abseits der Filme kennen.

Der größte Teil des Spiels besteht ohnehin aus anderen Dingen, als dem Kämpfen. Wie oben erwähnt haben die vielen Planeten eine sehr individuelle Topographie und Biologie, was entsprechend unterschiedliche Arten von Herausforderungen mit sich bringt. Manchmal müssen wir herumlaufen und gigantische Kugeln durch Level schieben, andere physikbasierte Rätsel lösen oder herausfinden, wie man die Macht nutzen muss, um über einen Abgrund zu gelangen. Dabei tauchen immer wieder Bereiche auf, die sich uns erst später öffnen, sobald Cals Fähigkeitenrepertoire erweitert wurde. Die Basis der Metroidvania-Spiele zerstört Respawns Illusion einer authentischen Welt etwas, doch am Ende siegt das Gameplay.

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Die Spielwelt dient allein der Unterhaltung und muss sich nicht zwangsweise logisch anfühlen, weil das Gameplay der Fokus ist.

Technisch gesehen ist Star Wars Jedi: Fallen Order eine Freude auf den Konsolen. Zwar gibt es gelegentlich Probleme mit der Framerate, doch wir kennen viele unfertige Spiele und wissen, dass sich Respawn Mühe gegeben hat - es ist eine wesentlich bessere Voraussetzung, als was die meisten anderen Spiele bieten (hoffentlich lernt EA daraus, dass nicht alle Games auf Frostbite laufen müssen!). Das Abenteuer ist absolut fesselnd mit exquisiten Detailarbeiten und umwerfend schönen Hintergründen. Die Kollisionsabfrage lässt manchmal zu wünschen übrig und auch die Haaranimationen sind nicht immer erstklassig gelungen, doch das ist in Anbetracht der sonstigen Performance verschmerzbar. Nur die Ladezeiten hätten wirklich schneller vonstattengehen können. Im Allgemeinen ist das hier eines der am besten aussehenden Spiele des Jahres, Respekt an die Grafikingenieure von Respawn. Dass dieses Spektakel auch von ikonischer Musik und Soundeffekten begleitet wird, die das Gefühl der ursprünglichen Trilogie vermitteln, wird Fans gefallen.

Obwohl die Geschichte von Cals Abenteuer nicht so wichtig ist, wie das gute Star-Wars-Gameplay mit seinen unterhaltsamen Herausforderungen, kann sie uns trotzdem eine Weile lang gut unterhalten. Die Dialoge sind gelungen, das Skript überzeugend geschrieben und die Zwischensequenzen großartig. Star Wars Jedi: Fallen Order ist ein Stück Star-Wars-Karamell, das an allen Fronten funktioniert. Das Gameplay wollen wir gesondert hervorheben, auch die Vielfalt und die köstlichen Grafiken überzeugen.

Es gibt ein paar Kleinigkeiten, die hätten besser sein können, aber insgesamt ist Fallen Order der beste Star-Wars-Titel, den EA veröffentlicht hat, seit sie im Jahr 2013 die Erlaubnis erworben haben, Spiele basierend auf George Lucas' wundervoller Galaxie veröffentlichen zu dürfen. Es ist spaßig zu spielen, schwer wegzulegen, hat eine gute Geschichte und zeigt damit fast eindeutig, warum Respawn derzeit einer der interessantesten und talentiertesten Entwickler im Actionspiel-Genre ist. Ich kann dieses Juwel nicht nur Fans wärmstens empfehlen.

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Star Wars Jedi: Fallen OrderStar Wars Jedi: Fallen Order
Obwohl Star Wars Jedi: Fallen Order nicht sadistisch schwer ist, ist es dennoch ein herausforderndes Spiel.
08 Gamereactor Deutschland
8 / 10
+
variantenreiches Gameplay, faire Herausforderung, gut geschriebene Geschichte, visuell eine Wucht, Gameplay-Schleife zieht, fantastische Momente, tolles Sound-Design.
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In-Game-Welten fühlen sich inkohärent an, Ladezeiten zu lang.
overall score
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