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Star Wars: The Old Republic

Star Wars: The Old Republic

Die Zeichen scheinen nicht gut zu stehen für MMOs. Erst vor kurzem verlor Genre-Primus World of Warcraft viele seiner Abonnenten und das eigentlich sehr knuffige Lego Universe wird kommendes Januar eingestellt. Vielleicht sparen sich die MMO-Zocker aber auch ihr Geld und ihre Energie für das Spiel auf, auf das sie schon immer gewartet haben und das das Genre entscheidend prägen wird. Letzteres steht jedenfalls als Wahrheit fest.

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Die bedeutsamste aller Fragen wird uns gleich zu Beginn gestellt: Sind wir gut oder böse? Stehen wir auf der hellen oder auf der dunklen Seite der Macht? Nach der Seitenwahl entscheiden wir uns für eine der Klassen, die auf jeder Seite der Macht ein entsprechendes Pendant mit ähnlichen Eigenschaften haben. Jetzt noch fix Rasse, Geschlecht und Erscheinungsbild ausgewählt und fertig ist der Charakter.

Die Wahl des persönlichen Karriereweges ist damit jedoch alles andere als beendet, denn bereits bei Level 10 müssen wir in jeder Klasse zwischen zwei Spezialisierungen wählen. Als Jedi landen wir beispielsweise bei unserem Lehrmeister auf der Raumstation und entscheiden uns zwischen dem Wächter, sozusagen dem Damage-Dealer, und dem Hüter, dem Tank. Wer sich hier für den Wächter entscheidet, bekommt praktischerweise gleich sein zweites Laserschwert spendiert.

Auch wenn die Auswahl an verschiedenen Gesichtsformen und Frisuren recht groß ist, kommt die Individualisierung als ganzes etwas mager herüber. Das liegt in erster Linie daran, dass zwischen den hübscheren und häufiger genutzten Optionen eher geringe Unterschiede bestehen. Wirklich schade ist, dass wir neben der normalen Statur nur eine hünenhafte und eine übergewichtige auswählen dürfen. Die des mageren Winzlings führe ich hier mit Absicht nicht auf. Man möchte schließlich auch ernst genommen werden als Sternenkrieger.

Star Wars: The Old Republic
Die Quests verlaufen zum größten Teil nach sehr einfachen Schemata.
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In sachen Steuerung wird das meiste selbstverständlich per Maus geregelt. Das ist zwar praktisch und funktioniert meistens auch problemlos, gelegentlich sorgt es aber für einiges Durcheinander. Wenn wir im Kampf wie wild auf die rechte Maustaste hämmern und es mit dem Zielen nicht so genau nehmen, kann es passieren, dass wir die Kamera drehen anstatt anzugreifen. Das ist allerdings nur eine Sache der Übung. Richtig unangenehm und gefährlich wird es erst, wenn wir statt anzugreifen uns plötzlich hinknien, um Items einzusammeln. Dafür ist nämlich auch die rechte Maustaste zuständig.

Das vielleicht praktischste Feature in Star Wars: The Old Republic sind die Gefährten, die uns schon relativ früh zur Verfügung stehen. Anfangs gibt es noch eher schwächere Droiden, später wirklich ernstzunehmende Kämpfer. Ein Jedi bekommt sogar seinen eigenen Padawan, was einen tatsächlich sehr stolz macht. Besonders toll ist, dass wir unseren Gefährten mit der unangenehmen Aufgabe betreuen können, unser Inventar von nutzlosen Items zu erlösen. Der Begleiter verschwindet dann für ein paar Minuten, um den Schrott zu verkaufen. Jeder Rollenspieler weiß, wie schnell sich die Taschen mit Müll füllen. Danke dafür.

Die Quests verlaufen zum größten Teil nach sehr einfachen Schemata. Mal müssen wir etwas suchen und zurück bringen, mal auch einfach nur etwas aktivieren. Oft geht es auch nur darum, einen bestimmten Bereich von Gegnern zu befreien oder auch nur ein bestimmtes Ziel auszuschalten. In der Regel werden Spiele mit solch simplen Aufgaben auf Dauer langweilig. Bei Star Wars: The Old Republic ist das erstaunlicherweise anders, was der beeindruckenden Inszenierung zu verdanken ist.

Star Wars: The Old Republic
Bereits ab Level 10 gibt's bei richtiger Wahl des Pfades ein zweites Laserschwert.
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Quests müssen wir nämlich nicht durchlesen, sie werden uns in Dialogen vorgetragen, in die wir auch noch eingreifen dürfen. Genau an diesem Punkt setzt sich die persönliche Charakterformung fort. Denn ob wir wirklich gut oder böse sind, entscheidet nicht unsere Wahl zu Beginn des Spiels, sondern unser Verhalten in den Dialogen. Dabei geht es nicht nur darum, in welchem Tonfall wir antworten, sondern auch darum, den Ausgang des Quests zu beeinflussen. Ganz so wie in Dragon Age: Origins oder Mass Effect. Wir können uns beispielsweise bestechen lassen oder entgegen des eigentlichen Auftrags einen Gefangen vor einer Falle warnen, die ihn bei der Flucht erwartet.

All das wandert auf unser Gut-Böse-Konto und beeinflusst die Wahrnehmung des Charakters. Es ist sehr beeindruckend, wie sich in dieser Dialogform die Geschichte um unseren Charakter immer weiter entrollt. Sogar in den Instanzen - hier heißen sie Flashpoints - setzt sich dieses Spielprinzip fort. Jeder der maximal vier Gruppenmitglieder gibt seine gewünschte Antwort ab und muss aufs Losglück hoffen, denn nur einer gibt stellvertretend für alle anderen ein Statement ab. Mit eventuell unpassenden Antworten des Kollegen und den entsprechenden Konsequenzen muss die ganze Gruppe leben.

Die Sprachausgabe ist ohnehin das größte Plus für die Authentizität des Geschehens. Nicht nur, dass die Sprecher unheimlich gute Arbeit leisten, die Mimiken und Gesten der Charaktere sehen auch sehr gut aus. Dass bei der Sprachausgabe viel Aufwand investiert wurde, beweist auch die Wahl sehr bekannter deutscher Synchronsprecher. Ich habe mich wie ein Kleinkind gefreut, als ich Thomas Karallus erkannte, der den Jedi-Meister Syo Bakarn spricht. Spätestens seit er Doug Heffernan synchronisierte, dürften die meisten Karallus' Stimme kennen.

Star Wars: The Old Republic
Die Optik des MMOs muss auf zwei Ebenen beurteilt werden - insgesamt aber ist Star Wars: The Old Republic ein sehr hübsches Spiel.

In seltenen Fällen zerstören die Dialoge aber auch die Illusion. Wenn wir uns mit fremdsprachlichen Kreaturen unterhalten, sind die Wartezeiten zwischen zwei Sprechphasen nervig lang. Wahrscheinlich soll hier die Zeit genutzt werden, um den zwingend notwendigen Untertitel zu lesen. Dennoch entsteht in solchen Situationen ein fast peinliches Schweigen unter den sich einander anstarrenden Charakteren. Das hat bestenfalls etwas unfreiwillig komisches.

Dass die Musik in Star Wars: The Old Republic besser kaum sein könnte, wird jedem klar sein. Das Spiel bedient sich in vollem Maße der Stücke, die auch die Filme zum akustischen Genuss machen. Verstärkt wird ihr Effekt durch ihren Einsatz, der immer der Spielsituation angepasst ist. Kämpfen wir, dann wird es hektisch, sind die Gegner platt, kehrt wieder Ruhe ein.

Die Optik des MMOs muss auf zwei Ebenen beurteilt werden. Insgesamt ist Star Wars: The Old Republic ein sehr hübsches Spiel. In den Kämpfen fliegen uns die bunten Effekte um die Ohren und die Innenareale sorgen mit dem gelungenen Einsatz von Licht und Farbe für eine wirkungsvolle Atmosphäre. Besonders die Außengebiete sind mit ihrer schier endlos wirkenden Weitsicht sehr schön anzuschauen. Wer auf Coruscant mit dem fliegenden Taxi unterwegs ist, wird sich in den Anblick verlieben.

Star Wars: The Old Republic
Die Innenareale sorgen mit dem gelungenen Einsatz von Licht und Farbe für eine wirkungsvolle Atmosphäre.

Gehen wir allerdings ins Detail, dann sieht das Spiel leider weniger hübsch aus. Oberflächen sind oft sehr matschig und den Gesichtern anderer Charaktere fehlen oft jegliche Konturen, wodurch sie wie Porzellanpuppen wirken. Zu diesen Schwachpunkten gesellen sich auch noch ein paar böse Grafikfehler, die aber sicher noch ausgemerzt werden mit dem zwangsläufigen Update.

Irritierend sind hier und da fehlende Effekte, beispielsweise wenn ein Felsbrocken einfach verschwindet, statt zu zerfallen. Das Ziel, Spieler mit älterer Hardware nicht auszuschließen, wird hier sicher eine Rolle gespielt haben. Der Fairness halber muss aber auch gesagt werden, dass Star Wars: The Old Republic um Welten hübscher ist, als die große Konkurrenz von Blizzard.

Auch wenn es etwas drastisch klingt, Star Wars: The Old Republic ist als Gesamterlebnis das beeindruckendste MMO, das es momentan gibt. Besonders die Inszenierung über die Dialogsequenzen und die authentische, dichte Atmosphäre sorgen dafür, dass wir immer wieder in diese Welt eintauchen wollen. Es ist einfach erstaunlich wie Bioware seine Erfolgsrezepte für Solo-Rollenspiele ins MMO-Genre übertragen hat. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch die Zahlen Star Wars: The Old Republic zum König des Genres machen. Vom Gefühl her ist es das jetzt schon.

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09 Gamereactor Deutschland
9 / 10
+
Sehr gelungene Atmosphäre, Quests werden als interaktive Dialoge vorgetragen, tolle Sprachausgabe, sehr guter Sound, schöne Außengebiete, tolle Weitsicht
-
Detailarme Optik, etwas magere optische Individualisierungsmöglichkeiten einige technische Mängel
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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