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Surgeon Simulator

Surgeon Simulator 2013

Auch wenn der Titel etwas anderes suggeriert, Surgeon Simulator 2013 wird angehenden Chirurgen nicht dazu verhelfen, sicher an ihre Zulassung zu kommen.

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Das Ziel ist klar: Alle störende Organe müssen entfernt werden, um ein Transplantat auf die unrealistischste Art und Weise einzusetzen. Schnell entpuppt sich der Slapstick-Humor von Surgeon Simulator 2013. Ob man nun spielt oder nur zuschaut, teuflische Lacher sind garantiert. Zusammengeschustert wurde das Konzept zu Surgeon Simulator 2013 auf der Global Game Jam, einem Event, bei dem Entwickler innerhalb von 48 Stunden ein Spiel kreieren müssen. Die im Januar entstandene Version wurde nun überarbeitet und für Steam angepasst.

Wir übernehmen die Kontrolle über den schwebenden Arm des wohl schlechtesten Chirurgen der Welt. Statt eines disziplinierten und engagierten Mediziners spielen wir in der Rolle eines etwas anderen Arztes. Wenn wir zum Beispiel eine Herztransplantation durchführen müssen, machen wir genau das. Doch wenn die Operation zu Ende ist, wird der Patient noch dieselben Organe wie zuvor haben?

Surgeon SimulatorSurgeon Simulator
Anders als bei einer echten Operation, wo man sich der Niere etwa vom Rücken aus nähert, wird im Spiel einfach der Oberkörper aufgeschlitzt.

Um eine Operation abzuschließen, müssen wir dafür sorgen, dass unser Patient nicht verblutet. Eine grüne Spritze ist dabei unser wertvollstes Werkzeug; vorausgesetzt, wir bekommen unsere Hand dazu, das Ding auch zu greifen. Stechen wir die spitze Nadel dann in den Körper des wehrlosen Menschen, wird der Blutverlust vorübergehend gestoppt. Klar, im Eifer des Gefechtes kann man sich auch schnell mal selbst treffen. Dann wird der Bildschirm in eine psychedelische Verschwommenheit getaucht. Scheinen die Objekte schon beim ersten Versuch schwer greifbar, ist es nun nahezu unmöglich, sie wirklich in die Hand zu nehmen.

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Gesteuert wird die Hand des Chirurgen durch eine bewusst sperrige Kombination aus Tastatur und Drücken der Maus. Die einzelnen Finger werden durch Tasten repräsentiert, das Handgelenk wird mit der rechten Maustaste rotiert. Mit einem Druck auf die linke Maustaste wird die Hand gesenkt oder gehoben. Das ist nicht nur herausfordernd, sondern oft auch frustrierend und bedarf einer Menge Fingerspitzengefühl und Geschicklichkeit. Selbst einfachste Aufgaben, wie das Aufnehmen eines Skalpells erweisen sich als unglaublich schwierig.

Der erste Einsatz im OP wird sich für Neulinge als besonders knifflig erweisen. Es liegen viele Instrumente bereit und wir müssen selbst entscheiden, ob wir den Brustkorb vorsichtig mit der Kreissäge öffnen oder gleich mit dem Hammer in Stücke schlagen. Ehrlich, es kann so viel schief gehen. Patienten werden am Ende übrigens nicht zugenäht. Andernfalls wäre die Folge eine Reihe von Anklagen ausgehöhlter Patienten, die noch Uhren und leere Flaschen in sich gefunden haben. Das bleibt uns aber dank der Kreissäge erspart, die wir versehentlich in den Schritt der ausgelieferten Opfer fallen lassen.

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Piekst sich der Doktor selbst, wird der Bildschirm in eine psychedelische Verschwommenheit getaucht.

Das Menü, in dem wir uns zwischen den Operationen wiederfinden, ist ein wunderbares Abbild unseres Spielfortschritts. Zu sehen ist eine Rezeption übersäht von Hinweisen und Geheimnissen. Um uns dort durchzuarbeiten, steht dieselbe verworrene und knifflige Steuerung zur Verfügung. Mit der greifen wir ungelenk nach dem Telefonhörer oder schieben ein Videoband in den Recorder. Gerade für ziemlich frustrierte Doktoren ist das Runterschmeißen aller Gegenstände auf dem Schreibtisch echter Stressabbau.

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Drei Operationstypen müssen gemeistert werden: die Herz-Transplantation, eine doppelte Nieren-Transplantation und eine Hirn-OP. Nachdem die Standard-Eingriffe abgeschlossen wurden, werden die Ambulanz-Level freigeschaltet. Und hier wird der Schwierigkeitsgrad extrem angehoben. Nicht nur die Kontrolle über Tastatur und Maus ist nun komplexer, nun kämpfen wir auch noch mit herumfliegenden Gegenständen. Die Türen des Krankenwagens reißen plötzlich auf, Feuerlöscher lösen sich wie selbst von der Wand und das so dringend benötigte Organ fällt außerhalb unserer Reichweite zu Boden, wenn wir nicht aufpassen. Wer allerdings im Chaos die Augen offen hält, kann tolle Bonus-Inhalte freischalten. Erst kürzlich wurde das Spiel um Charaktere aus Team Fortress 2 erweitert. Obwohl das die Langlebigkeit des Titels etwas erhöht, werden die meisten Surgeon Simulator 2013 trotzdem recht schnell durchgespielt haben.

Der Schwierigkeitsgrad der Operationen erhöht sich nicht zwangsläufig. Als wir uns den Gehirn-OPs zuwenden, ist der Ablauf schon beinahe routiniert. Natürlich können wir dem Patienten noch immer versehentlich zu tief ins Hirn schneiden und ihn so ziemlich schnell umbringen. Passieren sollte das nach vielen praktischen Stunden allerdings nicht mehr.

Unterstrichen wird der absurde Charakter des Spiels durch die Comic-3D-Grafik. Unsere Instrumente sind hübsch detailliert und abwechslungsreich. Die Grafik ist aber eher funktional und passend. Ab und an gibt es einige plötzlich aufploppende Gegenstände. Weil aber das Gameplay ohnehin fürchterlich albern ist, beeinflussen die kleinen Problemchen die Spielerfahrung kaum. Der Sound ist annehmbar. Das Brummen der Motorsäge und das Drücken der entnommenen Organe bieten eine schöne Geräuschkulisse. Der Soundtrack würde natürlich von ein bisschen mehr Abwechslung profitieren.

Surgeon Simulator
Es liegen viele Instrumente bereit und wir müssen selbst entscheiden, ob wir den Brustkorb vorsichtig mit der Kreissäge öffnen oder gleich mit dem Hammer in Stücke schlagen.

Ich habe eine echte Chirurgin darum gebeten, das Spiel für uns in die Hand zu nehmen. Für sie war sofort klar: Surgeon Simulator 2013 ist schwerer als die Herausforderungen, mit denen sie im Alltag konfrontiert wird - aber natürlich fehle dem Ganzen der Realismus. Anders als bei einer echten Operation, wo man sich der Niere etwa vom Rücken aus nähert, wird im Spiel einfach der Oberkörper aufgeschlitzt. Nicht gerade begeistern konnte sie sich für meinen hübschen Schal, den ich meinem Patienten um den Hals gelegt hatte und der früher als sein Dünndarm diente. Aber Operationen machen nun mal viel mehr Spaß, wenn man Gedärme ausreißen und die Leber durch den Raum wedeln kann.

Ich hatte sehr viel Spaß daran, mir eine Hintergrundgeschichte für meinen Doktor zu überlegen. In meiner Vorstellung ist er ein schmieriger Hinterhof-Schnippler mit Suchtproblem. Im Vollsuff hackt er sich durch die Organe und trifft sich dabei unabsichtlich immer wieder selbst mit der lebensrettenden Spritze. Er hat ganz offensichtlich ein paar falsche Entscheidungen im Leben getroffen. Aber hey, die Leute brauchen billige Operationen und wer ist dafür besser geeignet, als ein waschechter Drogensüchtiger ohne Approbation?

Die wenigen Stunden, die Surgeon Simulator 2013 dauert, sind unterhaltsam. Das liegt vor allem an den vielen Objekten, mit denen wir interagieren und die grausame wenn auch amüsante Interpretation davon, wie man ein Leben retten sollte. Kleinere Fehler werden im Schatten des Spaßes gern entschuldigt. Denn am Ende wollen wir vor allem eines: mehr Operationen, mehr versteckte Inhalte und mehr blutrünstige Unterhaltung.

07 Gamereactor Deutschland
7 / 10
+
toller, blutiger Slapstick-Humor, herausfordernde Steuerung, viele Extrainhalte
-
relativ kurze Spieldauer, nicht gerade abwechslungsreicher Soundtrack, hin und wieder Grafikprobleme
overall score
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