Tetris Effect

Tetris muss man wohl nicht mehr ernsthaft vorstellen, doch wir werden es anstandshalber trotzdem versuchen. Versetzt euch in das Jahr 1986 zurück: Viele von euch waren vermutlich noch gar nicht geboren und selbst jene von uns, die langsam grau oder kahl werden, waren vermutlich noch zu jung, um das Spiel direkt bei der Veröffentlichung zu erleben. Alex Pajitnov entwickelte das Spiel 1984, aber erst als Nintendo den Titel zusammen mit seinem Gameboy verkaufte, hinterließ Tetris seine unwiderruflichen Spuren in der Geschichte.

Tetris ist das größte Puzzlespiel aller Zeiten. Ihr mögt das anders sehen, aber ihr liegt falsch - tut uns leid (tut es nicht). Ob ihr es nun auf dem originalen Gameboy, einem der Millionen LCD-Rip-Offs gespielt habt oder eine der moderneren Versionen auf Konsolen oder tragbaren Geräten besitzt; man vergisst nicht einfach, was Tetris ist. Wir haben über die Jahre viele Versionen des einzigartigen Konzepts gespielt, vom Gameboy-Original hin zu neueren Interpretationen, wie Puyo Puyo Tetris. Doch von allen Varianten und Versionen ist Tetris Effect von Tetsuya Mizuguchis Studio Resonair bei weitem unser Favorit.

Der Kern des Spiels ist das reine Tetris. Wir können die Action ab und zu mitten im Spiel pausieren, um die Blöcke sinnvoller zu arrangieren, aber mechanisch betrachtet ist es eine direkte Adaption der ursprünglichen Formel. Wir bewegen die Blöcke, fügen sie zusammen und entfernen Reihen aus unserem Konstrukt. Es ist wie Fahrradfahren, man verlernt es nicht. Im Modus Dr. Journey reiht der Entwickler eine Reihe miteinander verbundener Level aneinander. Die vier thematisch unterschiedlichen Erfahrungen bilden gemeinsam längere Kapitel. Daraus entsteht die Solo-Kampagne, die wir solange spielen können, wie wir wollen. Die Gesamtpunkte werden unserem allgemeinen Fortschritt hinzugefügt, gleichzeitig jagen wir natürlich immer der nächsten Höchstpunktzahl in den jeweiligen Kapiteln hinterher - es ist alles ganz so, wie früher.

So weit, so Tetris, aber was Tetris Effect derart speziell macht, ist das audiovisuelle Erlebnis, das jedes neue Setting begleitet. Jedes Level hat seine eigene Musik, sowie einen Soundtrack, der kontextuell unsere Aktionen begleitet und somit für eine völlig neue Ebene sorgt. Manche Musikstücke sind wunderschön und werden von stilisierter Optik akzentuiert: Der Einsatz von geisterhaftem Gesang zur pulsierenden, elektronischen Musik saugt uns fantastisch in das Spiel hinein und hält uns stundenlang in seinen Bann. Resonair führt uns auf den Grund des Ozeans und hoch über die Wolken, während wir völlig neue Kulturen erkunden. Jedes neue Gebiet bietet frische Hintergründe, unterschiedliche Blöcke und neue Musik. Es ist eine konstante Lightshow und obwohl einige Effekte manchmal ein wenig ablenken, bleibt Tetris Effect ein Fest für die Sinne.

Es ist leicht die Welt um einen herum zu vergessen, wenn man die wunderschönen Effekte auf dem Fernseher genießt. Doch wer das Playstation-VR-Headset aufsetzt, erreicht noch einmal eine völlig neue Ebene. Das Gefühl der Immersion ist absolut sensationell und man vergisst seine Umgebung nach wenigen Minuten völlig. Wir hatten erst befürchtet, dass die Partikeleffekte in der virtuellen Realität stören könnten, aber überraschenderweise ist das Gegenteil der Fall. Die verschiedenen Kapitel und Effekte in 3D zu erleben hat uns sogar noch tiefer ins Spiel gesaugt, als wir anfangs dachten.

Die virtuelle Realität wickelt die unterschiedlichen Welten um uns herum und wir fühlen uns häufig, als würden wir tatsächlich durch einen verregneten Wald schweben oder mit erstaunlich umgesetzten Walen schwimmen. Durch die Audioeffekte, die jeder unsere Aktionen begleiten, die Geschwindigkeit der Animationen, die sensibel auf die Blöcke reagieren, und natürlich durch die Isolation von unserer realen Umgebung wird Tetris Effect in der virtuellen Realität überraschend emotional. Wir spüren wie sich unser Gehirn und unsere Muskeln entspannen und wir langsam ins Nirwana abgleiten.

Wenn ihr die brillante Journey-Kampagne abgeschlossen habt, wartet noch ein Stapel weiterer Modi auf euch. Manche konzentrieren sich eher auf den Puzzleaspekt, da müssen wir dann zum Beispiel bestimmte Blöcke vom Feld entfernen. Andere Spielvarianten setzen unsere Reflexe auf die Probe und strengen an. Einige der Modi sind reine Herausforderungen, in denen uns begrenzte Zeit zur Verfügung steht, aber Resonair hat sich insgesamt wirklich ein paar äußerst kreative Ideen einfallen lassen. Egal ob ihr es eher traditionell mögt oder etwas Neueres sucht, die Optionen sind vorhanden.

Es gibt zudem Community-Events, Ranglisten und vieles mehr. Einer der interessanteren Modi ist sicher Mystery, da die Mechaniken hierbei ständig neu gemischt werden: Eine Minute lang spielt man kopfüber und anschließend ärgern wir uns mit unvollständigen Blöcken herum. Dank der vielen Spielmodi seid ihr lange mit Tetris Effect beschäftigt, was uns beinahe dazu veranlasst hätte, Resonair das definitive Tetris-Erlebnis zu attestieren. Allerdings fehlt ein lokaler oder Online-Multiplayer und das dürfte für manche Spieler unverzeihlich sein. Für uns war und ist Tetris noch immer ein Solospiel, aber die Kritik erkennen wir an.

Obwohl Tetris Effect aus den oben genannten Gründen nicht völlig perfekt ist, solltet ihr es unbedingt ausprobieren. Es ist eine unglaubliche VR-Erfahrung und fast genauso gut, wenn ihr es auf eurem langweiligen Fernseher zockt. Wir haben in der Redaktion diskutiert, welches Spiel der Reihe unser Liebling ist und es gab viele Stimmen für Tetris DS. Nach dieser unvergleichlichen Erfahrung kann unsere Wahl aber auf niemand anderen als Tetris Effect treffen. Dank der Kreativität von Tetsuya Mizuguchi und seinem Team wurde Tetris, eines der besten Spiele aller Zeiten, noch ein wenig besser.