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The Falconeer

The Falconeer: Flugschule mit Tomas Sala

Unterdrückte Kreativität, eine Liebe für Luftschiffe und Yoko Taros Drakengard haben dieses Projekt zu verantworten.

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Letzte Woche habe ich mich mit Tomas Sala getroffen, dem Solo-Entwickler hinter dem Aerial-Combat-Actionspiel The Falconeer. Ein Mann, der seine Arbeit lieber alleine macht, braucht Motivation und die zieht er eigenen Aussagen zufolge aus seiner bisherigen Branchenerfahrung - bislang hat er in erster Linie für andere gearbeitet und seine Kreativität Erwartungen unterordnen müssen. Das erfüllte den Künstler nicht, weshalb er sich schließlich selbstständig machte und nun vor der Veröffentlichung seines ersten eigenen Spiels steht.

Frust ist jedoch nicht der einzige Antrieb für dieses Projekt. Im Gespräch mit dem Entwickler sind weitere Titel aufgekommen, die Sala und seiner Spielidee Inspiration spendeten. Neben bekannten Retro-Perlen à la Panzer Dragoon und Ace Combat ist dabei ein Name aufgekommen, der aus den völlig falschen Gründen meine Aufmerksamkeit auf sich zog: Drag-On Dragoon - zu Deutsch Drakengard. Das Rollenspiel ist ein Hybrid aus traurigem Yoko-Taro-Wahnsinn (der Mann hat uns zuletzt Nier: Automata geschenkt), Musou-Gameplay und Panzer-Dragoon am ehesten. Ein Mann und sein Drache bekämpfen an Land und in der Luft verschiedene Feinde und währenddessen eskaliert eine tragische Geschichte im endlosen Leid. Das Werk hat mich vor einiger Zeit sehr bewegt und es scheint damals auch auf Sala Eindruck hinterlassen zu haben - aber wie gesagt, wahrscheinlich aus anderen Gründen.

Zurück zu The Falconeer; darin geht es nämlich nicht um selbsterfüllende Prophezeiungen und unabwendbares Unglück, sondern um die Erkundung einer alten, verlorengegangenen Zivilisation. Sala erklärte uns, dass sein Spiel auf zwei wichtigen Säulen aufbaut: Dem Wunsch zu fliegen und alles, was einen festhält oder runterzieht, hinter sich zu lassen, sowie auf der Angst, nicht erfassen zu können, was sich alles unter einem befindet. In einem Spiel, das Himmel und die Tiefe des Wassers miteinander verbindet, will der Entwickler diese Gratwanderung gefunden haben. Was sich unter uns im Wasser befindet, mag vor unserem Auge verborgen bleiben, doch im Spielverlauf werden wir die Geheimnisse der Ozeanwelt wohl entschlüsseln.

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Aktuell ist The Falconeer in erster Linie ein Open-World-Rollenspiel, das zum Teil auf zufällig generierte und von Hand gestaltete Inhalte setzt. Man fliegt auf einem großen Vogel durch die Welt und interagiert mit verschiedenen Fraktionen, um bei ihnen im Ruf aufzusteigen. Die genaue Spielstruktur wurde aus unserem Preview-Build nicht ersichtlich, da uns ein Spielertod direkt zum Titelbildschirm zurücksetzte und wir aus Präsentationszwecken zwischen verschiedenen Zuständen und Orten der Welt hin- und hersprangen. Sala will eine ambitionierte, offene Welt schaffen, denn neben Flugschiffen ist die Erstellung solcher Fantasien eine Leidenschaft des Entwicklers. Entstanden ist ein Shoot'em Up in der Luft, das am Ende 50 bis 60 Missionen liefern soll.

Die Geschichte dieses Landes ist ein großes Geheimnis, doch im Wesentlichen gibt es zwei Mächte und Leute, die zwischen diesen Fraktionen bestehen und überleben wollen. Zivilisten werden vom Imperium beschützt, das sind sehr britisch anmutende Militaristen. Ihr großer Widersacher sind die "Macer Order", ein Geheimbund, der Zugriff auf die alten Technologien hat und einer eigenen, mysteriösen Agenda folgt. Diese Fraktion hat ihre rätselhafte Macht vom Grund des Meeres erhalten, doch da diese Welt die besten Tage bereits hinter sich hat, sind die meisten Geheimnisse bereits verloren gegangen und Wunder der Vergangenheit können vielleicht kein zweites Mal vollbracht werden. Zu verstehen warum das alles passiert ist, ist unsere große Aufgabe in The Falconeer.

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Wie bereits erwähnt, lässt uns das Game durch drei verschiedene Fraktionen Einblick in die Geschichte dieses fernen Landes nehmen. Wir spielen, so wörtlich, "die Erinnerungen vergangener Menschen" und wählen am Anfang unseres Spieldurchlaufs verschiedene Charaktere und ihre Startpositionen auf der Karte aus. Jede der fünf bis sechs Figur hat ihre eigene Hintergrundgeschichte, doch die spielt in den drei linearen Fraktions-Stories eher eine untergeordnete Nebenrolle. Bislang liegt der Fokus von The Falconeer eher auf dem Gameplay, denn Sala wollte ein Spiel kreieren, das man anfassen und sofort verstehen kann, um es problemlos spielen zu wollen.

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Die Flugmechanik hat ein gewisses Gewicht, gleichzeitig können wir mit unserem Flugvogel elegant ausweichen und für kurze Zeit sprinten. Unser Geschütz bestimmt unsere Angriffsart und die Zielerfassung unterstützt uns ein stückweit beim Feuern (wir können die Kamera per Druck auf den rechten Stick auch auf einen Gegner oder spezielle Teile eines Flugschiffs fokussieren). Außerdem lassen sich verschiedene taktische Elemente ausführen, beispielsweise können wir Feinde in ein Feld schwebender Flugminen abdrängen oder Wasserminen aus dem Meer greifen und sie auf eine Festung/ein Geschütz werfen (nur solltet ihr besser nicht abgeschossen werden, während ihr sie tragt). Wer einen KI-Begleiter dabei hat, darf diesen im Kampf mit dem D-Pad befehligen.

Wir können unseren Vogel ein Stückweit individualisieren und nicht nur unsere Bewaffnung verändern (es gibt Feuer-, Elektro- und Korrosionsschaden). Optimierungen an unserem Flugbegleiter sollten mit Bedacht gewählt werden, da die meiste Technologie von negativen Nebeneffekten begleitet wird. Ihr könnt ein Tier nicht ausdauernder machen, ohne es anderweitig zu schädigen (und dann seid ihr halt ein Tierquäler und ein schlechter Mensch). Wer trotzdem permanente Verbesserungen erhalten will, sucht die Karte einfach nach Nebenbeschäftigungen ab. Es gibt überall Orte mit versteckten Herausforderungen, wie besondere Felsformationen, an der man einen frisch gefangenen Fisch für permanente Boni opfert.

Sala zeigte uns versteckte Bereiche, in denen wir Zeuge der alten Magie werden konnten. Dort steigen Unterwasserlebewesen aus den Tiefen empor und attackieren ungebetene Gäste. Das Entdecken von solchen Geheimnissen und die Veränderungen unterschiedlicher Spieldurchläufe sollen zusätzliche Beschäftigung bieten, wenn ihr The Falconeer bereits durchgespielt habt. Ansonsten besteht das Spiel derzeit vor allem aus Kämpfen und einer überschaubaren Menge an Erkundung (man braucht etwa 15 Minuten von einer Seite der Karte zur anderen). In den Städten erhalten wir Haupt- und Nebenmissionen und sprechen mit Händlern (wir müssen auf den Märkten auf unseren Ruf achten, da wir ansonsten nicht die besten Dinge kaufen dürfen). Neben dem nötigen Kleingeld erlangen wir in Nebenmissionen somit also auch Vertrauen.

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Das funktionelle Design von The Falconeer setzt auf simple Formen und Minimalismus. Es ist eine hübsche Präsentation mit geringer Weitsicht, die unsere Vorstellungskraft anspricht und daher vor allem kreativen Menschen gefallen könnte. Was momentan leider noch nicht so ausgearbeitet ist, ist das Treffer-Feedback (eigenes und fremdes). Außerdem ist es schwierig, sich in der Spielstruktur zurechtzufinden, was aber vielleicht auch am frühen Preview-Build lag. Für einen Solo-Entwickler ist das alles trotzdem eine beeindruckende Arbeit, doch es muss auch noch einiges gemacht werden, damit dieses Projekt irgendwann aus den langen Schatten der eingangs erwähnten Inspirationen hervortritt. Eine mystische Welt lädt zum Erkunden ein, 2020 werden wir in The Falconeer abheben können.

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