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The Occupation

The Occupation

Das Fazit wäre einfach, wenn es sich neben den technischen Problemen zudem um ein schlechtes Spiel handeln würde, doch genau das ist es nicht.

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Es ist der 24. Oktober 1987, wir befinden uns in North West England. An einem verregneten Samstag machen wir uns als Journalist Harvey Miller auf die Suche nach Antworten. Bei einem tragischen Terroranschlag verlieren viele Menschen ihr Leben, die Folge sind fragwürdige politische Umstrukturierungen.

Aber: Haben sich die Ereignisse tatsächlich so abgespielt, wie es die Presse behauptet? Mit Hilfe von Interviews und der Erkundung der Umgebung finden wir heraus, was tatsächlich an jenem Tag passiert ist. Dabei müssen wir stets auf unsere Uhr gucken, denn in The Occupation ist jede Minute kostbar.

White Paper Games orientiert sich für The Occupation vorwiegend an dem Genre der Immersive Sim. Es sind Spiele, in denen simulierte Systeme aktiv auf die Entscheidungen des Spielers reagieren. Sämtliche Ereignisse in The Occupation finden innerhalb eines Tages statt. Bevor wir uns zu festgelegten Zeiten mit unseren Interviewpartnern treffen, ist es uns erlaubt frei durch das gesamte Gebäude zu laufen, um mehr Informationen über die Hintergründe des Anschlags zu finden. Wer sich in abgesperrten Bereichen aufhält sollte jedoch die Sicherheitswachen und Mitarbeiter des Konzerns vermeiden, sonst gibt es eine Standpauke die uns wertvolle Zeit kostet.

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Es ist uns überlassen, wie wir die Beweismaterialien sammeln. Während des Spielverlaufs klärt uns unsere Assistentin Mina über ein Münztelefon zu potentiellen Spuren auf, die wir verfolgen können. Doch auch Gespräche oder kleine Klebezettel verraten uns potentielle Fährten, die es zu verfolgen gilt. Flyer, Aktenordner, E-Mails, Floppy Disks - die Wege, auf denen wir an die Informationen herankommen, sind vielfältig. Besonders gut gelingt White Paper Games hierbei der natürliche Verlauf der Beweissammlung.

Angefangen mit einem Stichpunkt begeben wir uns in ein Büro und finden dort eine E-Mail, die wir als Beweismittel benutzen können. Der Drucker befindet sich jedoch auf einer anderen Etage, und um diesen wiederum benutzen zu können, müssen wir erst einmal eine ID-Karte finden, um durch die Sicherheitsschleuse durchzukommen. Oder wir schalten den Strom ab. Oder wir verfolgen eine völlig andere Beweiskette. Es gibt viele Wege, mit denen wir an unser Ziel gelangen können. Planung und Recherche sind hierbei essentiell. Eine Spur führt uns oftmals durch abgesperrte Büros, mehrere Etagen und einer Menge Hinweise. Zusammen mit dem starken Zeitdruck, dem wir stets ausgesetzt sind, bieten uns die Entwickler einen packenden Investigativ-Thriller, mit dem es nie langweilig wird.

Manchmal hält uns das Spiel jedoch etwas zu oft das Händchen. Hinweise werden auf Zetteln automatisch rot eingekreist. Während eines Dialogs erscheinen wichtige Informationen in dicker roter Schrift und auch Codes und PIN-Nummern werden automatisch in unserer Akte niedergeschrieben. Dafür, dass wir investigative Arbeit leisten sollen, überlässt uns das Spiel ein wenig zu selten die volle eigene Verantwortung. An Herausforderung mangelt es jedoch nicht. Die umherlaufenden Sicherheitswachen und der enge Zeitplan sorgen dafür, dass wir nicht nur vorsichtig, sondern vor allem schnell vorgehen müssen.

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Einige Design-Entscheidungen schaden dem Spiel jedoch. Zum einen wäre da der Fakt, dass wir nur ein Item tragen können. Wenn wir einen Brief mitnehmen wollen, lassen wir den zuvor gesammelten Beweis liegen. Die Informationen selbst bleiben in unserer Akte erhalten, trotzdem ist es irritierend, all die Beweise einzusammeln ohne die Möglichkeit zu bekommen, diese in einem Inventar selbstständig anzuschauen.

Für viel Frustration sorgt vor allem die Benutzeroberfläche und allgemeine Interaktion mit der Spielwelt. Um durch Schächte zu kriechen und sich unter einem Tisch zu verstecken, müssen wir uns ducken. Eine simple Bewegung, die jedoch oft dazu führte, dass ich für einige Sekunden am Tisch feststeckte oder kurz vor der Öffnung eines Schachts stecken blieb. Abgesehen davon, dass es frustrierend ist, schadet es Spielen wie The Occupation besonders, in denen wir flink und bestenfalls unsichtbar sind.

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So kam es vor, dass ich entdeckt wurde, weil ich mich durch die fehlerhafte Interaktion nicht schnell genug unter dem Tisch verstecken konnte. Für etwas bestraft zu werden, ohne selbst die Schuld dafür zu tragen, ist demotivierend. Besonders dann, wenn wir uns so viel Mühe dabei geben, unentdeckt zu bleiben.

Abgesehen von der Benutzeroberfläche sind die größten Probleme des Spiels technischer Natur. Zwei Mal stürzte The Occupation komplett ab und warf mich zu einem Checkpoint zurück, der mir über eine halbe Stunde meiner Spielzeit raubte. Die Framerate bricht beim Laden neuer Umgebungen oft ein, gerenderte Zwischensequenzen stottern so doll, dass einzelne Szenen komplett übersprungen werden. Technische Fehler und eine schlecht umgesetzte Interaktionen sind aber so ziemlich das einzige, was The Occupation für einen Indie-Hit disqualifiziert.

Das Fazit wäre einfach, wenn es sich neben den technischen Problemen zudem um ein schlechtes Spiel handeln würde, doch genau das ist es nicht. Sowohl die Geschichte als auch das allgemeine Design des Spiels funktionieren wunderbar, nicht umsonst habe ich das Spiel acht Stunden lang in einer Sitzung durchgespielt. Fans von Story-Spielen wie Firewatch sowie Liebhaber des Immersive Sim-Genres werden Freude an The Occupation haben. Und doch sind die technischen Probleme keinesfalls zu übersehen, mit Abstürzen die einem einen Teil des Spielstands rauben und fehlerhaften Interaktionen, die einen fälschlicherweise bestrafen. Für 29,99 Euro gibt es eine starke Geschichte, gut designte Mechaniken und eine schöne Inszenierung. Wer einen Blick auf das Spiel werfen möchte sollte sich jedoch mit dem Kauf noch so lange gedulden, bis das Team von White Paper Games die technischen Probleme behoben hat.

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06 Gamereactor Deutschland
6 / 10
+
starke Atmosphäre mit interessanter Geschichte, Umgebung bietet genug Informationen für diverse Ansätze, beschränktes Zeitfenster sorgt für Spannung
-
frustrierende Benutzeroberfläche, Interaktionen mit Umgebung teilweise fehlerhaft, technische Probleme wie Abstürze und Framerate-Einbrüche
overall score
ist die Durchschnittswertung von Gamereactor. Wie hoch ist eure Wertung? Die Durchschnittwertung aller Gamereactor-Redaktionen wird aus den Wertungen in allen Ländern erhoben, in denen es lokalen Gamereactor-Redaktionen gibt

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