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Umbrella Corps

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Resident Evil 7: Biohazard deutet die richtige Richtung an - aber vorher bringt Capcom noch ein verwässertes Multiplayer-Erlebnis, das eigentlich an allen Fronten enttäuscht.

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Capcom hat auf der E3 endlich Resident Evil 7: Biohazard angekündigt. Es scheint so, als habe der japanische Entwickler die Frustration so einiger Fans aus den letzten Jahren erkannt und wolle nun endlich zu den ikonischen Survival-Horror-Wurzeln des Franchise zurückkehren. Aber nicht, ohne vorher noch Umbrella Corps zu veröffentlichen, ein Resident Evil-Spiel, das jedes Element des Grauens zugunsten reiner Multiplayer-Action entfernt hat.

Es ist nicht Capcoms erster Vorstoß auf Multiplayer-Terrain im Resi-Kontext, was eindrucksvoll das wenig berauschende Resident Evil: Operation Raccoon City von 2012 bezeugt. Es war schon damals klar, dass das Baller-Genre nicht ganz zum düsteren Universum passt. Man hätte meinen sollen, dass die teils harsche Kritik an dem Titel dazu geführt hätte, dass sie bei Capcom ihre Lektion gelernt hätten. Nun, leider nicht - und das Ergebnis ist noch ein verwässertes Multiplayer-Erlebnis, das eigentlich an allen Fronten enttäuscht.

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Statt taktischer Schlachten erleben wir Spielrunden in Umbrella Corps, die an hektische und kopflose Arena-Shooter erinnern.
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Oberflächlich scheint die Idee hinter Umbrella Corps zu sein, dass es sich ein Taktik-Shooter ist, in dem zwei kleine Teams von drei Spielern gegeneinander kämpfen - und in dem List und geschickte Nutzung der Umwelt der Schlüssel zum Sieg ist. Es ist eine interessante Idee, die schön umgesetzt gut funktioniert hätte, wenn denn nur das Gameplay einen solchen Spiel-Stil unterstützen würde. Aber statt taktischer Schlachten erleben wir Spielrunden in Umbrella Corps, die an hektische und kopflose Arena-Shooter erinnern. Alle Spieler sind im Dauersprintmodus und lassen ihre Waffen wild feuern, was in vielen Fällen leider ist die „schlaueste" Taktik ist. Dies ist zum Teil auf das sinnlose Cover-System zu schieben, das eine Spielfigur an Ort und Stelle in einer Weise festsetzt, dass es äußerst schwierig ist, die eigene Flanke zu decken. Man kann einfach nicht neben oder hinter sich feuern. Und wieder aus der Deckung zu kommen dauert viel zu lange. Erschwerend kommt hinzu, dass die Spielfigur selten vollständig in Deckung bleibt bzw. ist - was bedeutet, da ja Kugeln aus allen Richtungen rumfliegen, die Deckung potenziell tödlich ist...

Ohne ein funktionierendes Deckungssystem ist die beste Taktik zum Überleben also, immer in Bewegung zu bleiben. Und obwohl die Entwickler versucht haben, Spieler daran zu hindern, dauerhaft durchs Level zu sprinten durch einen kleinen Radarschirm, der Geräusche anzeigt, sind die Bereiche einfach zu klein und das Radar zu verwirrend, um ein brauchbares Werkzeug zu sein. Zudem ist auch möglich, gehockt zu laufen, um den Klang der eigenen Schritte im Gegenzug für etwas weniger Bewegungsgeschwindigkeit zu verringern. Selbst total unsichtbar bewegt man sich noch viel zu schnell. Und in beiden Fällen ist es selten die Mühe wert, weil ja ohnehin alle rennen.

Einer weiterer Grund dafür, dass die Geschwindigkeit ein großer Erfolgsfaktor ist, sind die glanzlosen Shooter-Spielmechaniken. Wir haben die Wahl zwischen dem Ballern aus der Hüfte oder dem Blick durchs Zielfernrohr - ein System, das alle Shooter-Spieler kennen. Aber in jenem Moment, in dem wir durchs Zielfernrohr schauen, verlangsamt man abrupt. Das heißt im Umkehrschluss, dass man sich auch eine großes Bullseye auf die Stirn malen könnte, weil man ohnehin ein leichtes Ziel für jeden gegnerischen Spieler wird. Allerdings ist die Treffererkennung des Spiels so schlecht ist, dass man dann vielleicht doch überlebt. Es ist jedenfalls sinnlos zu versuchen, einen Kopfschuss zu landen versuchen, da ein Kugelregen aus er Hüfte in der Regel besser funktioniert als Präzisionsschießen. Viele der Probleme mit der Treffererkennung sind dem stets präsenten Input-Lag zu schulden. Das ist ein großes Problem für ein Multiplayer-Spiel - und die Häufigkeit des Lags war hoch genug, so dass man den Controller frustriert auf den Bildschirm werfen möchten.

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Die Axt ist eine Nahkampfmassenvernichtungswaffe und kann in wenigen Sekunden einen Spieler in einen Multiplayerserienmörder verwandeln - dank ihrer Fähigkeit, Gegner mit einem einzigen Treffer zu besiegen.

Aber es gibt eine Alternative. Man muss seine Feinde in Umbrella Corps nicht erschießen. Abgesehen von einem Sortiment von Granaten gibt es auch die höchst unbeliebte Axt. Der Mangel an Popularität ist jedoch nur bei den gespaltenen Opfern zu verzeichnen. Die Nahkampfmassenvernichtungswaffe kann in wenigen Sekunden einen Spieler in einen Multiplayerserienmörder verwandeln, dank ihrer Fähigkeit, Gegner mit einem einzigen Treffer zu besiegen. Die Axt trifft zudem automatisch aus deutlich zu großer Entfernung für eine Nahkampfwaffe, so dass es extrem einfach ist, einen tödlichen Schlag zu landen. Die Bewegungsgeschwindigkeit der jeweiligen Klasse erhält auch eine großzügige Schub, wenn die Axt ausgestattet wird. Es ist unergründlich, wie ein Entwickler eine so mächtige Waffe implementieren konnten, so dass sich schnell die meisten Matches in Axt-Massaker verwandelt haben.

Im Kontext der Optik ist Umbrella Corps so lala. Es ist kein hässliches Spiel, aber auch nicht eines, das heraussticht. Die Animationen sind ein wenig steif und die Charaktermodelle ziemlich fad. Die Level haben allerdings eine tolle Atmosphäre aus den Original-Spiele mitgebracht. Das ist eigentlich das einzige, was das Spiel richtig macht. Das Leveldesign hat sich ganz so gut geklappt, auch weil die meisten der Karten auf früheren Spielen basieren. Die Raccoon City-Map sticht positiv heraus, mit der Schlacht statt vor der ikonischen LCPD-Polizeistation. Hier weckt Umbrella Corps endlich schöne Gefühle der Nostalgie. Leider ist die Zahl der Level nicht gerade überwältigend.

Aber s ist nicht nur die geringen Zahl der Karten, auch die der Spielmodi. Der Multiplayer bietet zwei Optionen: ein Team Deathmatch, in dem jeder ein Level hat und den Multi Mission genannten Modus, in den mehrere Modi nacheinander gespielt werden, die von klassischem Deathmatch bis zum interessanten DNA-Hunter reichen. Leider sind einige der Modi etwas schwer verständlich bzw. kaum zu unterscheiden. Wer die kurze Erinnerung zum Spielstart verpasst, weiß unter umständen dann gar nicht, was gespielt wird. Aber ballern kann man ja immer.

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Unser Rat: Geduldig bleiben und auf das nächste richtige Spiel in der Serie warten.

Abgesehen von den Levels sind die herumstreunenden Zombies der einzige Indikator dafür, dass man hier ein Resident Evil spielt. Das klare Ziel der Zombies ist es, jedem Match eine andere Dynamik zu geben - leider haben Entwickler ganz klar erwartet, dass es eher taktische Schlachten werden. Jeder Spieler ist mit einem Zombie-Störsender ausgestattet, die einen unsichtbar für die hirntoten Zufallsfeinde macht. Aber wenn ein Spieler die Störsender eines Gegners zerstört, wird der das Hauptziel aller lebenden Toten auf der Karte - seien es Menschen, Hunden oder Krähen. Die Idee klingt auf dem Papier gut, aber funktioniert in der Praxis nicht, weil man selten eine Schießerei überlebt, bevor der Störsender kaputt geht. Außerdem kann man den Zombies recht einfach ausweichen.

Also: Umbrella Corps ist einfach kein sehr gutes Spiel. Als eigenständiges Produkt funktioniert es nicht, als Zusatzmodus eines Spiels wäre es gerade noch verzeihlich gewesen. Es bietet wenig Inhalte und ein mühsames Unlock-System mit ein paar kosmetischen Boni und Knarrenanbauteilen. Die Spielfiguren wirken generisch bis fad und das so genannte Single-Player-Element des Spiels kann den Titel nicht retten, da es nichts mit einer tatsächlichen Kampagne zu tun hat, sondern nur ist eine Reihe von Time Trials oder ein Ein-Mann-Horde-Modus ist. Wir kämpfe damit zu glauben, dass irgend jemand Umbrella Corps wirklich genießen könnte. Deshalb unser Rat: Geduldig bleiben und auf das nächste richtige Spiel in der Serie warten.

03 Gamereactor Deutschland
3 / 10
+
Nostalgie an einigen Stellen
-
miese Shooter-Spielmechaniken, konfuses Gameplay, übermächtige Axt, wenig Inhalt
overall score
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